Von London nach Deutschland

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Dass Schlaf so gut tut, habe ich bisher selten erlebt. Leise brummend komme ich von der schwarzen Dunkelheit in die Realität und strecke mich ein wenig, ehe ich gähne und meine Augen auf mache. Vor mir ist was Nebliges. Irritiert runzle ich meine Stirn, bevor mein Hirn sich dazu entscheidet, mir die Lösung zu geben. "Morgen, Baskerville...", murmle ich noch leicht verschlafen und hebe langsam die Hand, um ihn hinter seinen Ohren zu kraulen. Meine Mundwinkel gehen hoch. "Und guten Morgen, Alucard." Immerhin hört er mit und da ich keine Ahnung habe, wo er ist, kann ich ihm das gleich so sagen. Es ist im Moment perfekt. Alles ist super! Ich bin entspannt, satt, ich habe Alucard an meiner Seite...

Kurz muss Alucard zusammenzucken, als er Alexandras Stimme hört. Die Verbindung mit Baskerville hat er seit gestern nicht mehr unterbrochen. Sie hat lange geschlafen. Gut so. Mit einem Lächeln steht er von seinem Thron auf und besieht ihn sich. Vielleicht wird Alexandra eines Tages darauf sitzen. Nein. Nicht nur vielleicht. Sie WIRD diesen Thron besitzen. Und ihn. Wobei sie letzteres schon tut. Er kontrolliert noch ein letztes Mal alles, was er dabei haben sollte. Seine Waffen. Das Bild. Und noch Alexandra. In Gedanken lässt er Seras wissen, dass sie bitte den Jet herrichten soll. Marinetté befindet sich im Moment in Deutschland. Und das ist selbst ihm zu weit zu Reisen. Nein. Er nimmt es entspannt. Und hoffentlich nimmt Alexandra das auch entspannt.

Baskerville drückt seinen Kopf an meinen und ich kraule ihn ein wenig durch. "Kannst du mich aufstehen lassen?", frage ich leise und sehe zu ihm hoch. Er hat sich dafür entschieden, sich AUF mich zu legen, nachdem ich mich auf den Rücken gedreht habe. Aus dem Höllenhund ist ein Kuschelhund geworden und ich mag das ja. Keine Frage! Aber... ich hätte auch gern ein wenig Freiraum. "Basky... Bitte. Komm schon. Lass mich aufstehen." Eiskalt legt er seinen Kopf auf meinen und versperrt mir die Sicht auf alles. "Baskerville. Aufstehen. Jetzt!", knurrt eine bekannte Stimme entgeistert und der Höllenhund knurrt selbst auch noch einmal. Steht dann aber auf und springt vom Bett. Ich hingegen starre an die Decke, hole tief Luft und lasse sie wieder entweichen. "Von Basky erdrückt zu werden ist zwar ein Tod, der in meinen Augen passt, aber sterben ist, glaube ich jetzt einfach Mal, noch nicht drin!"

Langsam setze ich mich auf und kann gerade noch so sehen, wie Baskerville wieder ein Teil von Alucard wird. "Sterben wird für dich keine Option mehr sein, Alexandra. Dass das klar ist.", meint er ernst und kommt ein wenig näher. "Ich habe eine Mission bekommen, auf der ich dich dabei haben will. Das stärkt das Vertrauen von Lady Integra in dich und vielleicht kannst du bald eigene Missionen machen, wenn du dich gut anstellst. Komm mit. Ich klär dich auf dem Flug auf. Deutschland ist selbst mir zu weit für die Schattenreise." Mein Kopf fällt auf die Seite und ich sehe den schwarzhaarigen mit schiefem Kopf an. "Mission? Ich? Das..." Ich stocke und seufze, ehe ich aufstehe. Entweder ich geh freiwillig mit, oder ich werde gezwungen. Ich kenne das Spiel hier langsam. "Gib mir wenigstens ein bisschen Zeit zum Duschen. Kriegsbemalung in Deutschland kommt nicht so gut."

Die Farbe von meinem Gesicht runter zu bringen, braucht seine Zeit. Aber ich krieg es hin und habe kein Gemisch mehr aus irgendwelchen Farben in der Fresse. Warum habe ich das nicht einfach gestern schnell gemacht? Ich hätte einfach schnell duschen können. Aber nein... Egal. Passiert ist passiert. Mit dem Handtuch um meinen Körper geschlungen, gehe ich aus dem Bad und bleibe sofort stehen. Alucard sitzt gemütlich auf meinem Bett und hebt seinen Kopf. Die roten Augen treffen meine. "Na komm. Zieh dich an. Der Jet wartet nicht eine Ewigkeit." Ich bewege mich kein Stück. "Warum bist du noch hier...?", frage ich und der schwarzhaarige zieht die Augenbrauen hoch. "Ich warte auf dich. Hätte ich das nicht tun sollen?" Mit dem ausgestreckten Zeigefinger deute ich auf die Tür. "Wenn jemand duscht... und die Dusche im Zimmer ist... wartet man normalerweise draußen, weil es sein kann, dass die Person OHNE Handtuch aus dem Bad kommen kann!"

Doch Alucard schmunzelt nur. "Aber Prinzessin... Was wäre daran so schlimm, wenn ich dich nackt sehen würde?" Erst Schock. Dann beiße ich mir auf meine Zunge. Mein Kopf wird dunkelrot. "Alucard!", rufe ich und starre ihn wütend und peinlich berührt an. "Erstens entscheide ICH, wer mich wann ohne Kleidung sieht und zweitens... was soll der Prinzessin-Mist? Ich bin keine!" Langsam steht der Urvampir auf und schlendert gemütlich zu mir rüber. Bleibt direkt vor mir stehen. "Rot steht dir ausgezeichnet, Prinzessin. Aber wenn du es wünscht, werde ich draußen warten.", raunt er mir zu und hebt sein Kinn. "Aber lass mich nicht zu lange warten." Mit diesen Worten dreht er sich um und verschwindet, begleitet durch ein dunkles Kichern, durch die Wand. Und ich muss das alles erst einmal verarbeiten. Das. War. Verdammt. HEIß! Schnell schüttle ich meinen Kopf und mache mich daran, mich anzuziehen. Damit der Herr in Rot nicht auf andere Gedanken kommt.

"Zufrieden, der Herr?", frage ich, als ich durch die Tür nach draußen gehe und diese hinter mir wieder schließe. Alucard sieht an mir hoch und runter. Muss sich scheinbar etwas verkneifen und nickt nur. Lange graue Jogginghose, schwarzes Top, dunkelgraue Jacke und schwarze Stiefel. Handy und Geldbeutel sind in den Jackentaschen drin. Kopfhörer sind auch dabei. Ladekabel auch. Auf dem Weg zum Jet treffen wir Lady Integra auf dem Gang. Wir geben ihr Bescheid, dass wir losfliegen. Und der komische Blick den sie mir zuwirft, kann ich nicht übersehen. Als würde sie etwas wissen, was ich nicht weiß. Mal sehen, ob ich es raus bekomme. Denn ich werde ganz sicherlich nicht in ihre Gedanken eindringen. Das wäre mehr als nur dumm und hirnrissig.

Im Jet angekommen, wird von den Piloten gleich die Tür geschlossen und wir setzen uns hin. Keine Sekunde später werden die Triebwerke eingeschalten und die Durchsage kommt, dass man doch bitte die elektronischen Geräte wenigstens auf Flugmodus haben solle, Fallschirme unter den Sitzen wären, man während des Starten und des Landen angeschnallt auf seinem Sitz sitzen sollte und Getränke, sowie Blut, im späteren Verlauf ausgegeben werden können. Kleinere Snacks wie Nüsse, Schokolade oder Chips würde es an Bord auch geben. Wir schnallen uns an und schon fährt der Jet los. Aus dem Fenster kann ich sehen, dass wir Richtung Rollbahn rollen, wo der Jet auch gleich beschleunigt und mit genügend Geschwindigkeit abhebt und an Flughöhe gewinnt. Alles verläuft reibungslos. Alles verläuft glatt.

Once I was seven years oldWhere stories live. Discover now