Queen of Mean

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Ich habe mit einem Mal den Drang, ein bestimmtes Lied zu hören. Also hole ich mein Handy und die Kopfhörer raus. Stecke die Kopfhörer in das Handy und in meine Ohren, bevor ich das Lied anschalte. Ich habe es durch Zufall gefunden. 'Queen of Mean'. So habe ich mich damals gefühlt. So fühle ich immer noch. Mit meinem Fuß tippe ich auf dem Boden im Takt mit. Wackle leicht mit dem Kopf. Habe die Augen geschlossen und bewege meine Lippen zum Text. Ich kenne ihn schon auswendig und lächle leicht dabei. Denke an George und Marinetté. Das ist das einzige, was ich nicht hinterfrage. Ich habe sie umbringen müssen. Beide. Es war zu befriedigend zu wissen, dass sie tot sind. Und wenn ich sie nicht ganz umgebracht habe, hat es das Feuer getan. Bei lebendigem Leib verbrannt. Genugtuung.

Alucard setzt sich neben mich, nimmt mir einen Ohrstöpsel raus und ich sehe zu ihm. "Das muss ja ein gutes Lied sein, wenn du mich ignorierst.", meint er nur und bleibt neben mir sitzen, damit er zuhören kann. Ich schmunzle und starte das Lied neu. Während des Liedes, welches Alucards Mundwinkel nach unten sinken lässt, beobachte ich ihn die gesamte Zeit über. "Das ist das einzige, was ich nicht hinterfrage. Sie beide zu töten war die beste Entscheidung.", sage ich und Alucard seufzt, während er sich zu mir hinunter beugt und seine Stirn an die Seite meines Kopfes legt. "Königin, hm?" Seine Stimme ist leise und ich schmunzle. "Ich dachte, dass ich mich wie eine Königin fühlen könnte. Einmal wenigstens. Tja. Wie es im Lied so schön heißt. Aus dem Engel wurde ein Teufel. Und ich weiß genau, wer damals Schuld war. Und ich wollte zum letzten Mal verletzt werden. Niemand sollte mich mehr ausnutzen können."

Es ist angenehm, ihn so nah bei mir zu haben. "Niemand wird dich mehr ausnutzen. Dafür werde ich sorgen. Nichts und niemand wird dir etwas antun.", flüstert er und ich lächle automatisch. Das glaube ich gern. Denn nichts und niemand kann Alucard aufhalten. "Und du willst wirklich Königin genannt werden?" Amüsiert schnaube ich und lehne mich ein wenig auf die Seite, um ihm in die Augen sehen zu können. "Nein. Ich wollte mich wie eine fühlen. Niemals so genannt werden. Das klingt so hochgestochen." Ein kleiner vorwurfsvoller Blick stellt sich ein. "Genau so, wie Prinzessin. Das klingt auch so hochgestochen." Der Urvampir scheint sich hier nicht wirklich ein Grinsen verkneifen zu können. "DAS wird dir bleiben, Prinzessin." Lachend schüttle ich den Kopf und strecke ihm die Zungenspitze raus. "Idiot.", erwidere ich nur und er zuckt mit den Schultern, ehe er sich aufrichtet. "Vampir."

Eine Stunde vergeht, in der wir einfach nur entspannt nebeneinander sitzen, ich an ihn gelehnt und mich fragend, was mich eigentlich noch davon abhält, Alucard in mein Herz zu lassen. Oder ob er nicht schon lange da drin sitzt. Als er seine Schulter bewegt und mich somit aus meinen Gedanken reißt, sehe ich überrascht zu ihm hoch. "Hm?", gebe ich von mir und er wirkt ernst. "Es gibt einen Grund, wieso ich dich mitgenommen habe. Und es war nicht so ganz der Grund wegen dem Vertrauen." Unsicher, was ich jetzt tun soll, richte ich mich auf, schalte die Musik aus, wickle die Kopfhörer um das Handy und stecke es weg. "Hau raus. Hab ich irgendeine scheiße angestellt, von der ich nichts weiß?" Sofort schüttelt er den Kopf und sieht mich an, als wolle er etwas abschätzen. "Versprich mir, dass du den Jet nicht in Kleinholz verwandelst. Wir haben noch ein paar Minuten zu fliegen." Nun misstrauisch geworden, werden meine Augen schmal. Aber ich nicke. "In Ordnung."

Aus einer seiner Manteltaschen zieht er ein zusammengefaltetes Stück Papier. Das gibt er mir und sieht mich auffordernd an. Will ich wirklich wissen, was sich darin befindet? Zögerlich falte ich es erst einmal auseinander. Scheint ein Bild zu sein. Dann das zweite Mal und- Mein Unterkiefer klappt auf. Meine Augen werde groß. Dann schließe ich ihn wieder. Presse die Kiefer aufeinander. So stark, dass man meinen könnte, dass die Zähne unter dem Druck zerspringen könnten. "Alucard...?", zische ich zwischen meinen Zähnen hervor und sehe langsam zu ihm. Ich bin mir sicher, dass meine Augen leuchten. Meine Oberlippe zuckt immer wieder nach oben und meine Zähne sind höchstwahrscheinlich spitz. "Sie scheint das alles überlebt zu haben. Und bevor du mich umbringst!" Er hebt einen Finger und bringt mich so dazu, ihn tatsächlich nicht anzugreifen. "Lady Integra hat mir gestern den Auftrag gegeben, sie zu töten. Erst wollte ich nicht, dass du das mitbekommst. Aber wenn du es herausgefunden hättest, hättest du mich gehasst. Also dachte ich mir, dass es schlauer für mein untotes Leben wäre, wenn ich dich mitnehme und dich das zu Ende bringen lasse, was du begonnen hast."

Zwar würde ich immer noch gern mit seinen Knochen Schlagzeug spielen, aber es bringt mich ein wenig runter, dass er an mich gedacht hat. Und dass er mich eingeweiht und mitgenommen hat. "Danke.", flüstere ich und sehe auf das Bild. "Du beschissenes Stück Scheiße hast es also überlebt..." Marinetté starrt mir lächelnd entgegen. Nichts lässt Zweifel daran aufkommen, dass die schwarzhaarige auf dem Bild die ist, die damals mit George ins Bett gestiegen ist. Ich stocke. "Warte." Irritiert runzle ich die Stirn. "Das ging schon länger. Bedeutet, George hat schon mit ihr geschlafen." Mein Blick geht zu Alucard. "Wie kann sie ein Vampir sein?" Selbst der schwarzhaarige scheint irritiert zu sein, ehe er aus seinem Mantel ein Handy holt. "Das werden wir gleich abklären. Das ist eine Info, die die Lady gern hätte."

Das Telefonat musste kurz unterbrochen werden, als wir am Münchner Flughafen ankommen und durch die Sicherheitsschleuse gehen. Erst außerhalb des Flughafens kann das Gespräch fortgesetzt werden. Alucard sieht entspannter aus, als er auflegt. "Freak. Einer der ältesten, die ich kenne. Aber sie ist ein Freak. Die Info kam ein wenig später rein und die liebe Lady hat uns nicht erreichen können." Verstehe. Ein Freak also. Dann ist es gut so. "Wer weiß, wie viele Seelen sie angesammelt hätte. Aber so kann ich sie schnell töten." Während ich Alucard folge, wir beide mit einem Gesicht als würden wir alle gleich umbringen wollen, denke ich nach. Ich bin sofort abgehauen. Das heißt, dass Marinetté noch leben hat müssen. UND sie musste gleich diesen kleinen Chip bekommen. Oder je nach dem, wie man früher zum Freak wurde. Ich habe Nachforschungen angestellt. Aber nichts ist je dabei rausgekommen.

"Du willst das so schnell wie möglich machen, oder?", meint Alucard und dreht seinen Kopf zu mir. Ich gebe ihm nur einen kurzen Blick, ehe ich nicke. "So schnell und so blutig wie möglich. Der Doc ist weg. Ich weiß nicht, ob sie kontrolliert wird. Oder wer sie kontrolliert. Und ich will ihr Herz in meinen Händen halten, bevor sie in Flammen aufgehen sollte." Ein kurzes und leises Lachen ist zu hören. "Aber hallo. Die kleine Frau Doktor ist ja doch viel nachtragender, als ich dachte." Ein warnender Blick reicht, um ihn verstummen zu lassen. "Wenn ich etwas anfange, führe ich es auch zu Ende. Und wenn es über 250 Jahre braucht. Ich habe Geduld." Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Alucards Hand auf mich zukommt. Mit einem skeptischen Blick lasse ich zu, dass er mir eine Strähne hinter mein Ohr streicht. "Diese Kälte. Diese Entschlossenheit. Das hat was, weißt du das?" Irgendwie... ich weiß nicht WIE... aber es bringt mich zum Lächeln. "Mach mich sauer genug und ich werde so."

Once I was seven years oldWhere stories live. Discover now