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Die Nacht über habe ich wie ein Baby geschlafen, vollkommen benebelt von zu vielen Rauschmitteln. Und als ich jetzt so langsam aufwache, spüre ich, dass es mir gut geht. Ich bin noch etwas schläfrig, da ich aufgrund von Weeds und meiner Abmachung nicht meinen Morgenjoint rauchen kann, aber im Großen und Ganzen fühle ich mich normal und immer noch zufrieden.

Wie versprochen verbringe ich den Tag mit meinem Vater und lasse extra mein Handy ausgeschaltet, um mich nicht von irgendjemanden wie Yuna oder vielleicht Kurt ablenken zu lassen. Trotzdem juckt es mir in den Fingern, nachzusehen, ob mir Kurt geschrieben hat, obwohl ich weiß, dass die Wahrscheinlichkeit wohl nicht sehr hoch sein wird. Wann meldet man sich denn am besten nach einem Treffen? Vielleicht rufe ich später Yuna an, oder eventuell sogar Lia, und frage sie mal nach ihren professionellen Meinungen.

Jedenfalls fahren mein Vater und ich gegen Mittag los zu einem Wald, in dem wir früher als Familie immer spazieren gegangen sind. Die Kieselsteine knirschen unter den Rädern des Autos, als wir langsam vor einer Reihe von Bäumen halten. Wie alles, was wir früher in einer größeren Runde gemacht haben, ist es komisch, nun nur noch zu zweit zu sein. Besonders durch die Ruhe, die zwischen mir und meinem Vater herrscht. Früher ist es immer so furchtbar laut gewesen, wenn wir uns zu dritt auf die Rückbank quetschen mussten.

Wir steigen aus und ich atme die frische Luft ein, die jedoch von meinen zum Teil immer noch gereizten Lungen nicht wirklich gewürdigt wird. Zusammen gehen wir die Baumreihe entlang bis zum Eingang des Waldes und ich weiß, dass bei meinem Vater wahrscheinlich unglaublich viele Erinnerungen hochkommen. Ich auf der anderen Seite schaffe es noch, diese in meiner kleinen Kammer im Kopf zurückzuhalten und betrachte stattdessen die Bäume, die nach dem Winter endlich wieder grüne Blätter haben und sich sanft im Wind wiegen.

„Weißt du noch, wie wir hier früher immer gepicknickt haben?", bricht mein Vater die Stille, nachdem wir schon ein paar Bäume hinter uns gelassen haben und den gewundenen Pfad entlang gehen.

„Hm", mache ich nur und konzentriere mich dann weiter auf die Aufgabe, nicht über irgendwelche Wurzeln zu stolpern. Vielleicht ist es doch nicht so eine gute Idee gewesen, den heutigen Tag mit ihm an so einem Ort zu verbringen, denn gerade kommt wieder das Verlangen hoch, seine Worte und Erinnerungen in einer Graswolke zu ersticken. Vorsorglich wie ich jedoch bin, habe ich natürlich meine Vorräte aus der Jackentasche genommen, wodurch mir nichts anderes übrig bleibt, als etwas zu beschleunigen und ihm somit ein Stückchen voraus zu sein, wodurch die Kommunikation zwischen uns etwas erschwert wird. Wir wandern so weiter und begegnen nur einem Jogger, der mit seinem Hund eine Runde dreht. Da wir uns für einen unbekannteren Weg entschieden haben, wird das Dickicht immer stärker und es fühlt sich so an, als wären wir im Dschungel. Mir fehlt nur noch eine Machete, um uns einen Weg da durch zu kämpfen. Schließlich geht es bergauf.

Trotz meiner neuerlichen sportlichen Betätigung Dank Yuna merke ich bei dem Aufstieg, wie meine Beine langsam protestieren. Mein Vater macht da schon eine bessere Figur, denn er überholt mich locker, während ich mich bemühe, einen Schritt nach dem anderen zu machen. Meine Lunge fühlt sich so an, als würde sie gleich komplett den Geist aufgeben und ich verfluche insgeheim das ganze Rauchen in diesem Moment.

„Alles gut da unten?", ruft mein Vater, der bereits auf der Spitze des Berges steht und die Augen mit der Hand abschirmt, um mich besorgt zu mustern.

Ich hole noch einmal tief Luft und winke ab. „Jaja, alles bestens."

Nach vielen weiteren, quälenden Schritten bin auch ich endlich oben. Der Berg ist nicht sonderlich hoch beziehungsweise steil, trotzdem ist es ein ganzes Stück Arbeit für mich gewesen.

Erschöpft lasse ich mich in das Gras sinken und lasse mein Gesicht durch den Wind abkühlen, was nicht so eine große Wirkung hat, da heute die Sonne erbarmungslos scheint. Ich habe die Augen geschlossen und versuche, meine Atmung wieder unter Kontrolle zu bringen, als ich höre, wie sich mein Vater neben mich setzt.

Wie die tote Morgenröte mich verschluckteWhere stories live. Discover now