OS 14

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Ich war nie einer der besten Väter.
Ich wollte es immer sein und habe es nie geschafft.
Du hast mich nie als einen Vater sehen können, ich habe dir nie die Chance dazu gegeben.
Ich wollte es immer, ich hatte es mir so fest vorgenommen, aber ich habe es nie geschafft. Ich konnte es nicht und ich bereue es jeden Tag, jede Stunde und jede Minute, die ich sehe, wie du mich ansiehst, als wäre ich dein König und nicht dein Vater.

Es tut so weh.
Es tut so unendlich weh, mit anzusehen, wie du vor mir stehst und ich dich nie als meinen Sohn sehen kann.
Du hast es vermutlich akzeptiert, schon vor einer langen Zeit.
Wie habe ich das nur zulassen können?
Wie hatte ich zusehen können, wie du vor meinen Augen verloren gingst, in einem leeren Nichts?
Bitte verzeih  mir, mein Sohn.
Ich hatte es nie so gewollt.
Ich hatte es nie so weit kommen lassen wollen und ich hätte es auch nicht dazu kommen lassen dürfen.

Deine Mutter hätte mir eigenhändig den Kopf abgerissen, wenn sie das alles mitbkommen hätte.
Aber vielleicht tut sie das ja?
Vielleicht sieht sie alle meine Fehler?
Vielleicht hat sie all' deine Versuch, mich als Vater zurückzubekommen mitangesehen und mit dir gelitten?
Eines weiß ich allerdings mit Schicheit.
Sie liebt dich, Legolas.
Sie hat dich so sehr geliebt, und sie wird es immer tun.
Genau wie ich.

Ob ich dich liebe?
Das tue ich, ob du es mir nun glaubst oder nicht.
Ich würde es verstehen, wenn nicht.
Ich war furchtbar. 
Ich habe den größten Fehler meines Lebens begangen.
Ich habe nach dem Tod meiner Frau dich nicht auch noch verlieren wollen, aber genau das ist pssiert.
Das werde ich mir niemals vergeben können.

Bitte verzeih mir, mein Sohn.
Ich weiß nicht, ob du das kannst und wenn nicht, werde ich es dir nicht übel nehmen können.
Aber bitte erinnere dich immer daran: ich liebe dich.
Mehr als alles andere.
Mehr als ich es dir jemals sagen könnte. 

Mit Tränen in den Augen starrte er auf den Brief in seinen Händen.
Die enge, geschwungene Schrift seines Vaters hätte er unter tausenden erkannt, genauso wie das Briefpapier, ordentlich beschriftet mit "Legolas" .
Seine Hände zitterten, der Brief wackelte in der Luft, als die Schrift vor seinen Augen zu verschwimmen begann.

Es war das erste Mal seit Jahren, dass ihm sein Vater einen Brief geschrieben hatte, noch dazu voll mit Gefühlen und Entschuldigungen.
Da Legolas Vater aber noch vor einer halben Stunde völlig nüchtern gewesen und der Brief ihm erst vor zehn Minuten gebracht worden war, bezweifelte er dessen Ehrlichkeit nicht. Betrunken war sein Vater nicht gewesen, auf keinen Fall.
Diese Worte entsprachen der Warheit.
Der Warheit, nach der er sich so lange gesehnt hatte.

Ohne einen weiteren Gedanken an mögliche Risiken zu verschwenden, sprang er auf und rannte los.
Das Papier fiel achtlos auf sein Bett, seine Tür blieb offen stehen, als er loslief.
Legolas rannte, bis ihm fast die Luft ausging, Treppen hinauf und hinunter, über Brücken und an verwirrten Elben vorbei.
Er stieß die Tür zum Tronsaal mit solch einer Wucht auf, dass sie auf der anderen Seite fast den davor platzierten Wachen gegen den Kopf schlug, doch er kümmerte sich nicht darum.

Thranduil, der in der Mitte des Raumes stand, ein Weinglas in der Hand, blickte verwirrt zu seinem völlig aufgelösten, nach Atem ringenden, weinenden Sohn.
Legolas lief einfach nur auf seinen Vater zu und fiel ihm in den Arm.
Es war die erste Umarmung der beiden seit Jahrhunderten und sie war so dringend nötig, dass sie einander gar nicht losließen.
Selbst der König brauchte das und legte seine Arme um seinen zitternden Sohn.
Sein Weinglas fiel achtlos zu Boden und zerbarst in tausende Glassplitter.

"Ich liebe dich auch, Ada."

Herr der Ringe/ Der Hobbit OneshotsWhere stories live. Discover now