Kapitel 61

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Mia

Heute war es soweit. Heute würde ich das erste Mal auf Sebastian treffen. Wir hatten uns ein paar Briefe hin und her geschickt und endlich hatte ich eingewilligt ihn zu treffen. Wincent wusste nichts davon, weder von den Briefen, nicht von dem heutigen Treffen. Hätte ich es ihm erzählt, hätte er mich für verrückt erklärt und vor allem hätte er nie einem Treffen mit einem fremden Mann zugestimmt. Er war schon immer etwas eifersüchtig wenn mir ein Typ zu nah kam, oder er merkte dass mir einer schöne Augen machte. Jedenfalls, würde Wincent wissen was heute der Plan wäre, würde er nun wohl hier in meinem Büro sitzen und alles genau beobachten. Aber wahrscheinlich hätte er mir von Anfang an davon abgeraten und mir gesagt, dass es nur eine Verarsche wäre. Dass ich einfach leichtgläubig wäre. Wie oft machte es mich traurig, wenn ich ihn mir seiner Familie sah. Wie oft hatte ich mir gewünscht, selbst einen kleinen Teil Familie hier zu haben. Klar, sagte mir Wincents Familie, dass ich zu ihnen gehörte. Sie gaben mir auch das Gefühl von einer Familie. Aber dennoch hatte ich immer insgeheim den Wunsch meine Familie zu haben. Ich vermisste meinen Onkel so sehr doch er war einfach zu weit weg. Und nun soll ich angeblich einen Bruder haben? Ich war so verwirrt aber irgendwie stimmte einfach alles was mir Sebastian schrieb. Aber erst wollte ich einfach selbst sicher sein, ob Sebastian wirklich mein Bruder war. Ich wusste selbst nicht ob es richtig oder falsch war was ich hier tat. Aber es gab kein Zurück mehr, denn ich hörte wie Jule mit jemandem zum Büro kam.

„Mia? Hier ist Herr Wagner. Er hatte angerufen wegen der Eventanfrage hier im Café." sagte Jule und ich stand auf. Ja ich habe auch meine Angestellten angelogen, einfach um sicher zu gehen, dass niemand auf falsche Gedanken kommen könnte. „Er soll rein kommen." sagte ich und mir war richtig schlecht vor Aufregung. Jule trat zur Seite und um die Ecke kam ein grosser junger Mann. Braune haare, grüne Augen. Er sah einfach so aus wie ich. Er war etwa gleich gross wie Wincent und etwa genau so hübsch anzusehen. Jule schloss die Tür und Sebastian und ich sahen uns einfach nur an. „Hey..." sagte ich leise. „Wie geht's?" sagte Sebastian und die ganze Situation war einfach so komisch. Ich räusperte mich und nickte leicht. „Gut... Und dir?" fragte ich ihn. „Mir auch. Nervös bin ich." grinste er leicht und da musste auch ich etwas grinsen. „Ich auch." murmelte ich. „Wollen... wir uns setzen?" fragte ich ihn und er nickte. Ich setzte mich auf meinen Platz und Bastian setze sich mir gegenüber. Wir begannen dann irgendwie ein Gespräch und irgendwann steuerten wir dann in die Richtung unserer Briefe.

„Und wieso denkst du, dass wir Geschwister sein könnten?" fragte ich einfach und sah ihn an. „Weil einfach alles zu dir geführt hat." druckste er dann herum. „Das klingt so, als hättest du mich richtig gesucht." sagte ich. „Ja.. Hab ich auch." nickte er. „Warum?" fragte ich ihn. Sebastian druckste erst etwas herum, er suchte die richtigen Worte und sah mich dann an. „Als meine Mum krank wurde, sagten mir die Ärzte sehr schnell, dass da keine grosse Hoffnung wäre für sie. Sie hatte ne ziemlich aggressive Form von Krebs und viel Zeit würde ihr nicht bleiben. Ich musste mich also irgendwie damit abfinden, dass ich sehr bald, sehr alleine sein werde. Kontakt zu meinem Vater hatte ich nie. Oder eher selten. Ich hatte jedes Jahr zum Geburtstag nen Umschlag gekriegt mit nem kleinen Geschenk von ihm. Ich habe es immer weggeschmissen, weil ich so sauer war, dass er nie für mich da war als ich klein war..." ich nickte. Kannte ich diese Aufmerksamkeit von unserem Vater. Hatte er mir ja davor auch immer Blumen zum Geburtstag geschickt. „...meine Mutter hatte dann bemerkt, wie schwer mir alles fiel. Der Gedanke sie bald nicht mehr um mich zu haben, machte mich fertig. Und eines Abends als ich noch bei ihr war erzählte sie mir alles. Warum mein Papa nicht da war. Dass er sie betrogen hatte mit deiner Mama und du dabei entstanden bist." sagte er und machte dann eine Pause. „Es tut mir leid." sagte ich leise. „Was? Nein, du kannst nichts dafür, dass unser Vater so ein Idiot ist." sagte er. „Nein ich meine auch wegen dem Verlust deiner Mama." sagte ich leise und er nickte leicht.

„Jedenfalls wusste ich wo unser Vater wohnt und bin zu ihm gefahren. Habe ihm gesagt, dass meine Mum bald nicht mehr leben würde und ich einfach wissen wollte was damals war. Erst wollte er nichts sagen und ich fuhr ohne weitere Infos nach Hause. Ein paar Wochen danach starb meine Mum..." sagte er leise und machte ne kurze Pause. Ich konnte ihm da einfach nicht mehr nur so gegenübersitzen. Ich ging um meinen Schreibtisch und setzte mich zu ihm und griff langsam nach seiner Hand. Er schloss seine Finger um meine Hand und lächelte mich leicht an. „Ich hatte ihm dann die Nachricht überbracht von Mama's Tod und habe ihn auf dich angesprochen. Nach langem betteln hatte er mir dann deine alte Adresse gegeben. Aber er sagte, dass du wahrscheinlich nicht mehr in Neumünster leben würdest. Jedoch war mir das egal und ich fuhr dahin. Ich ging da zur Stadtverwaltung und hab versucht deine neue Adresse rauszukriegen. Aber natürlich schaffte ich das nicht. Ich lungerte dann immer wieder in Neumünster rum und irgendwann kam eine alte Frau aus dem Wohnhaus und sprach mich an, ob ich jemanden suche..." erzählte er. Es war meine damalige Nachbarin. Er kriegte doch tatsächlich aus ihr raus, dass ich nun in Eutin wohnte. Ich war nicht sauer, ich meine immerhin sagte ich ihr damals wohin ich ging. Auch wenn das alles so komisch klang wie er mich suchte und was er alles tat, fühlte ich mich immer noch wohl in seiner Nähe.

„Und dann bin ich nach Eutin gekommen. Mia ich weiss es klingt, als wäre ich der Oberstalker hier. Aber ich wollte dich einfach finden, nach dem Tod von Mama fühlte ich mich so alleine irgendwie. Dazu kam noch, dass ich mich von meiner Freundin getrennt habe.  Ich kling wahrscheinlich total verzweifelt. Es tut mir leid." seufzte Sebastian. „Nein alles okei." lächelte ich ihn an. „Und wie hast du mich denn schlussendlich gefunden?" fragte ich. „Naja, an eurem Haus hängt so ein Schild mit Babyname und so." schmunzelte er. „Und ich folge deinem Mann auf Instagram und da habe ich erfahren dass eure Tochter Emilia heisst." er kratzte sich am Hinterkopf und grinste mich leicht an. „Also so leichte Stalkingskills hast du schon." musste ich lachen und Sebastian lachte dann auch. Er erzählte mir dann noch weiter und die Zeit verging wie im Flug. Leider musste er dann auch schon los und wir verabredeten uns für nächste Woche wieder. Ich wollte ihn kennenlernen und ihm auch von mir erzählen. Er wirkte so nett und alles was er mir erzählte erinnerte mich an so vieles. Aber bevor ich mich zum DNA Test überreden lassen würde, der wahrscheinlich sagen würde, dass wir Geschwister waren, musste ich ihn einfach mehr kennenlernen.

Ich fuhr dann ebenso heim und war komplett in Gedanken. Es war alles so surreal irgendwie. Der Gedanke daran, dass Sebastian wahrscheinlich wirklich mein Bruder sein könnte, festigte sich immer mehr in meinem Kopf. Vor allem nun auch, seit ich ihn gesehen hatte. Wir glichen uns wirklich und er war so ein lieber Kerl. Ich hoffte wirklich, dass das nicht nur alles erfunden war. Aber niemand würde so einen Aufwand betreiben um mir etwas böses zu wollen. Oder? Ich war so verwirrt und merkte nicht mal wie ich mein Auto vor unserem Haus parkte. Ich blieb einfach ne Weile sitzen und starrte vor mich her. Ich zuckte zusammen, als es ans Autofenster klopfte und Wincent mich ansah. „Ist bei dir alles in Ordnung?" fragte er mich als ich ausstieg. „Ja... War nur ein komischer Tag." sagte ich leise und wollte los und drückte mich an ihm vorbei. „Hey.." sagte er und hielt mich am Handgelenk fest. „Krieg ich keinen Kuss mehr?" fragte er mich und sah mich an. „Doch natürlich." lächelte ich leicht und küsste ihn sanft. „Du bist müde oder?" fragte er mich als er neben mir her ins Haus ging. Ich nickte und zog dann meine Schuhe aus und liess mich von ihm in die Arme ziehen. „Nimm ein Bad und ich mach mal Abendessen." sagte er und küsste mich auf den Kopf. „Wo ist Emilia?" fragte ich dann. „Im Wohnzimmer. Vorhin hat sie auf der Decke geschlafen." sagte er und bevor ich in die Wanne stieg, ging ich kurz ins Wohnzimmer und sah nach Emilia die tatsächlich noch immer schlummerte.

Wincent Weiss - Ich folge deinen SchrittenTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang