1 Big Devil.

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J a n e │20.01.2014 │London



Die ganze Aufregung, die ich verspürt hatte, als ich das erste Mal geflogen war und ständig daran denken musste, dass so ein gewaltiger Vogel auch abstürzten konnte, hatte dazu geführt, dass Gisele kurz davor gewesen war, mir eine Betäubungsspritze ins Bein zu schießen. 

Um mich abzulenken, erklärte sie mir, wie nun alles laufen würde und gab mir so viele Tipps, dass ich Angst hatte, mir nicht alles merken zu können. Sie hätte ein 'Who is Who' des Model-Business schreiben sollen.

Sie erzählte mir von April Patton, an der wir zuerst vorbei mussten. Jene Verbrecherin, die Cara Delevingne nicht schriftlich niet- und nagelfest gemacht hatte. 

Direkt vom Flughafen ging es zu IMG Models und als ich vor dem riesigen Gebäude stand, ließ mir Gisele gar keine Zeit zum staunen. Ich staunte selbst dann noch, als wir bereits in April Pattons Büro standen. 

Nicht weil ihre Erscheinung mich umhaute, nein, sie sah aus wie eine nette Version von Miranda Priestly. Aber auch der Ausblick von ihrem Bürofenster war unglaublich. Ich konnte halb London überblicken.

Dank Giseles kleine Unterrichtsstunde wusste ich, dass April Patton für die Werbeabteilung von IMG Models zuständig war. Sie musterte mich eingehend, erlitt Atemnot als Gisele ihr erklärte, ich habe keine Mappe mit Bildern und beruhigte sich wieder als sie erfuhr, dass meine Haare echt waren.

Was hatten die nur alle mit meinen Haaren?  Um die hässliche Farbe zu kriegen, bräuchte man nur einen schlechten Frisör. 

„Ungewöhnlich und mutig. Aber die Frage ist ob Pierre das mitmacht", warf April ein und ich erinnerte mich an das, was Gisele gesagt hatte. 

Pierre Clermont war ein Fotograf von IMG Models, so schwul wie es nur ging und ein kleines extravagantes Genie. Nebenberuflich allerdings eine dramatische Diva.

„Ich lasse meinen Charme spielen", warf Gisele ein. „Außerdem, wenn er wirklich so toll ist, wie er von sich selbst immer behauptet, dann wird er ja wohl ein bisschen Spontanität ertragen können und ASOS eine spitzen Werbung abliefern."

Bislang hatte ich noch gar nichts außer meinen Namen gesagt und gesprochen, wenn ich gefragt wurde. Am Ende gab April auf und meinte nur: „Versucht es." 

Dafür war ich hier, ich würde einfach mein Glück versuchen. 

Gisele zog mich freudestrahlend nach draußen und murmelte: „Den ersten Drachen haben wir, aber ich glaube, dass war bei April auch ein bisschen Verzweiflung. Schließlich hat sie in den letzten 24 Stunden kein Gesicht gefunden, das Pierre als würdig empfand."

Sie jagte mich in ein Taxi und plapperte weiter. „Halt dich an seine Anweisungen, widerspreche ihm nicht-" 

Man könnte glauben, sie hätte Angst vor ihm. 

Als wir schließlich in einem Schwimmbad ankamen und ich den ersten Schritt in diese oberflächliche Modewelt machte, wurde mir erst einmal bewusst, wie aufwendig so eine einfache Werbung doch war. Scheinwerfer, Beleuchtung, Maske, Klamotten, Kabel über Kabel, dann über zwanzig Mitarbeiter, ein gebuchtes Schwimmbad. Es war schon Wahnsinn. 

Ich staunte erneut und sah mich mit offenen Mund um. Deshalb bemerkte ich auch nicht, dass ein Mann, der sprichwörtlich aussah, wie ein gallischer Gockel, auf uns zukam. In seinem pinken Hemd und der glitzernden Hose sah er aus, wie jemand, der sich meiner Meinung im Dunkeln angezogen hatte. In Moncks Corner hätten wir ihn ohne Scham ausgelacht, doch in London schien man hinter ihm her zu buckeln. 

Twisted perfection ✓On viuen les histories. Descobreix ara