chapitre trois

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„Und so wurde schließlich unser kleiner Lockenkopf Harry geboren. Allerdings ist Anne schon eine ganze Weile nicht mehr mit Desmond zusammen, deshalb ist sie auch immer so furchtbar schwer beschäftigt, tut ihr nicht gut, der Armen, immer nur zu arbeiten. Aber unser kleiner Hosenscheißer – ich will partout nicht wahrhaben, dass er mittlerweile schon ein junger Mann geworden ist – jedenfalls, meine Güte, worauf wollte ich denn jetzt eigentlich hinaus? Verzeih mir die Senilität, Louis."

Mary lächelte mich ein wenig betrübt an, sodass ihr linkes Grübchen zum Vorschein kam, doch ehe ich ihr antworten konnte, hatte sie anscheinend ihren verlorenen Faden bereits wiedergefunden. „Ja genau, jedenfalls hilft Harry in der Boulangerie wo er nur kann. Tüchtiges kleines Kerlchen. Ich kann ja leider nicht mehr so wie ich gerne wollte." Mit einem tiefen Seufzen nahm sie einen großen Schluck Tee. Meine Chance.

„Mary, das ist ja alles schön und gut, aber es erklärt immer noch nicht, warum Sie ausgerechnet zu mir nach Hause gekommen sind, um mir eine Weihnachtskarte zu übergeben." „Na wegen Brian!" Als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt und dieses Rätsels Lösung stierte Mary mich ein wenig verwirrt an, während sie nachdenklich in ihrem Tee herumrührte. Der schien ihr wohl auch nicht wirklich zu schmecken, denn sie hatte ihn bis auf den einen Schluck kaum angerührt. Umgerührt schon eher. War ihr wohl zu modern.

„Wer soll denn dieser Brian sein? Hat er was mit mir zu tun?" Diese Frage konnte ich mir zwar auch genauso gut sparen oder selbst beantworten, da ich absolut keinen einzigen Brian in meinem Leben kannte, ich wollte die Arme allerdings nicht noch konfuser machen als die Gesamtsituation sowieso schon war.

„Also junger Mann, ich muss doch sehr bitten! Natürlich kennen Sie ihn, Louis, er hat hier für sehr lange Zeit gewohnt!" Jetzt schien Mary wirklich entrüstet. Aber was konnte ich schon dazu, dass ich keinen blassen Schimmer davon hatte, was sie mir eigentlich mitteilen wollte. Was war denn das für eine Begründung? Irgendein Brian hatte mal eine Weile hier gewohnt und jetzt wohnte Louis Tomlinson in diesem Haus, also stattete Mary Smith ihm einfach mal spontan einen Besuch ab? So ein Mumpitz.

Vielleicht war dieser Brian ja ein Freund von Harry gewesen, das würde auch die von ihm gebackenen Lebkuchen erklären. Schließlich ging man ja normalerweise nicht einfach zu Wildfremden nach Hause, um sie mit Karten und Süßigkeiten zu beschenken. Weihnachten hin oder her.

Auch Mary schien meine nachdenkliche Haltung registriert zu haben, denn sie streckte jetzt zaghaft ihre mit Ringen regelrecht behängte Hand nach meiner aus, um diese mitfühlend zu tätscheln. „Sie müssen besser zuhören, Darling. Brian war mein Mann gewesen, das hatte ich doch vorhin noch erzählt." Ihr was? Also das hatte Mary mit absoluter Sicherheit noch nicht erwähnt, sonst hätte ich mich ja wohl kaum jetzt so blöd angestellt.

„Also gut, aber was hat das denn nun mit mir zu tun? Ich kannte ihn schließlich überhaupt nicht", versuchte ich ein weiteres Mal aus ihr schlau zu werden. Fehlanzeige.

„Habe ich Ihnen überhaupt schon erzählt, wie Brian und ich uns kennengelernt haben? Eine wirklich bilderbuchhafte Romanze war das geradezu. Es war das Jahr 1950 und ich erinnere mich noch so genau daran als wäre es erst gestern gewesen." Die zierliche Dame vor mir hatte eine ruhende Haltung eingenommen, ihr Blick verlor sich irgendwo draußen am Horizont, unentwegt sah sie durch mein Fenster hinaus auf die frühmorgendliche Silhouette der Stadt. Ich beschloss, sie nicht zu unterbrechen und dem zu lauschen, was sie zu erzählen hatte.

Der Moment hatte etwas stark Vertrautes, ein gewisses Wohlgefühl machte sich in mir breit, je länger ich ihrer Geschichte folgte.

„Seit über 70 Jahren lebe ich nun schon in Hamington, Louis, und meine allerschönsten Jahre habe ich mit ihm verbracht, mit Brian. Damals hätte nie im Leben einer unserer Bekannten sich auch nur ansatzweise vorstellen können, dass er und ich uns ineinander verlieben. Ich konnte ihn auf den Tod nicht ausstehen, Herzchen, für meinen Geschmack war er immer ein arroganter Narr mit mehr Luft im Kopf als Hirn."

Un rêve de noël (larry stylinson)Dove le storie prendono vita. Scoprilo ora