chapitre quatre

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Jetzt gaffte die mich schon wieder so blöd an. Das durfte doch nicht wahr sein. „Hör jetzt auf", warnte ich sie erneut, dieses Mal mit deutlich strengerem Unterton in der Stimme. Zusätzlich hob ich noch meinen Finger – ein Zeichen der Autorität. So stand das zumindest in einem Blogpost auf donteatpussy.com. Ja, zugegebenermaßen hatte auch ich zu Beginn meiner Internetrecherche die Legitimität dieser Quelle sehr in Frage gestellt, aber dann hatte ich mich eingelesen und festgestellt, dass die Gründer des Blogs sich für irgendwelche Katzenrettungsaktionen im Osten einsetzten und sowas war ja nie verkehrt. Meine Urgroßmutter würde sich im Familiengrab umdrehen, würde sie mich und meine Kitty sehen.

Letztendlich gab ich mich dann auch geschlagen. Entweder das Kätzchen konnte warten bis ich ihr in ein paar Stunden anständiges Futter besorgen konnte, oder sie musste noch ein weiteres Mal mit meinen Essensresten vorlieb nehmen.

Es war ja schon schlimm genug, dass ich wegen des kleinen Quälgeists schon um 5:30 Uhr wach war, obwohl sieben Uhr für meine Morgenroutine vor der Arbeit vollkommen ausreichte, nein, dem kleinen Gourmetschnäuzchen war offenbar das Beste noch nicht gut genug.

Aber darauf konnte ich jetzt auch nicht mehr Rücksicht nehmen. Sie hatte sowohl was zu fressen als auch zu trinken und ich musste mich jetzt wirklich mit einer ordentlichen Joggingrunde abreagieren, sonst würde ich am Ende auch noch eines meiner Kissen zerfetzen, so wie das Kitty letzte Nacht getan hatte. Kein weiterer Kommentar dazu.

In mein Sportoutfit hatte ich mich bereits geworfen, als ich kurz nach fünf leidvoll feststellen musste, dass ich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr einschlafen können würde. Meine braune, verwuschelte Mähne verschwand unter einer grauen Beanie, dann fehlten nur noch die Schuhe. Moment. Da lagen mein Handy und mein Haustürschlüssel auf der Küchenzeile. Aber eben waren da doch auch noch meine -.

„Kitty! Das ist jetzt nicht dein Ernst!" Wutentbrannt stürmte ich auf das kleine Fellbündel zu, das sich wohl zwar tatsächlich dazu entschlossen hatte, mein Essen anzurühren, aber leider Gottes waren auch meine heißgeliebten AirPods in der Futterschale gelandet. Das durfte doch wohl nicht wahr sein!

„Böse Kitty! Böse, böse Mieze!" Zornig griff ich in ihr matschiges Essen und zog die beiden weißen Stöpsel raus. Warum holten sich manche Menschen freiwillig ein Haustier? Unbegreiflich.

Dem Himmel sei Dank war das Reinigen recht schnell gegangen, der einzige Nachteil war lediglich, dass ich jetzt aus den Ohren nach Fisch stank. Aber hey, no biggie. Das würde bestimmt der neue Stern am Parfümhimmel werden. Eau de toilette für die Ohrmuschel, da gab's bestimmt den ein oder anderen guten Werbeslogan.

Nach nur knappen zwanzig Minuten, die ich unterwegs war, musste ich leider Gottes auch feststellen, dass mich meine typische Montags-Pechsträhne doch tatsächlich bis hierher nach Hamington verfolgt hatte. Klar, von mir konnte man halt nicht genug kriegen. Super.

Alles fing damit an, dass ich mir aufgrund des Umzugs neue Laufschuhe gegönnt hatte – die ich allerdings noch nicht eingelaufen war, also konnte ich die Stellen an meinen Füßen nur allzu deutlich spüren, an denen sich gerade fette Blasen bildeten. Das wiederum würde es unangenehm machen, einen gesamten Bürotag in Anzugschuhen auszuhalten, aber im Winter konnte ich ja auch nicht einfach bequeme Slipper anziehen und Moon Boots auf der anderen Seite natürlich noch weniger.

Auf dem Rückweg, den ich viel zu spät eingeschlagen hatte, weil ich jetzt absolut nicht mehr meinem Zeitplan konform unterwegs war, setzte zu allem Übel auch noch richtig ekliger Nieselregen ein. Ich wurde also nicht wirklich nass, aber trocken war ich eben auch nicht. Der hässliche Nebelschleier über den Dächern der Stadt war wirklich nur die Spitze des Eisbergs.

Und gerade in dem Augenblick, wo ich schon innerlich zu jubeln begonnen hatte, weil ich (dachte ich) einen Feldweg gefunden hatte, der mir als Abkürzung zurück zur Stadt diente, stand ich schon mitten auf einem Acker, dessen Morgentau in Anbetracht der stetig steigenden Temperaturen sich sofort wie Flüssigkeit an meine Schuhe haftete.

Un rêve de noël (larry stylinson)Where stories live. Discover now