chapitre vingt-trois

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Harrys Hände zitterten, als er die letzten Knöpfe seines Hemdes schloss. Die Manschetten an den Ärmeln waren mit den Initialen seiner Mamie bestickt worden, ein feines MS zierte seine Unterarme, über die er mit seinen ringbestückten Fingern nachdenklich fuhr. Immer wieder hielt er inne, denn seine Bewegungen schienen nicht so zu wollen wie sein Kopf.

Letzte Nacht hatte er kaum geschlafen, immer wieder war er nachts aufgestanden und rastlos durch die Wohnung getigert. Heute Morgen hatte ich ihn dann zusammen mit Pottah auf dem Sofa eingekuschelt vorgefunden. Mir wurde das Herz ganz schwer, wenn ich ihn so sah. Denn ohne Harry Styles' Lächeln und seine positive Ausstrahlung in der Boulangerie schien ganz Hamington seinen Glanz verloren zu haben. Die ganze Stadt trauerte um den Verlust von Mary Smith. Trotz pompöser Weihnachtsbeleuchtung erreichte einen die Wärme des Lichtermeers nicht mehr.

„Ich pack' das nicht", murmelte Harry nach einer Weile, als er bereits einige Male gescheitert war, den letzten Knopf zu schließen. Er ließ den Kopf schlaff hängen, ebenso die Schultern und fuhr sich fahrig durch die Locken. Ein Schluchzen verließ seine Kehle, dann bebte sein kompletter Körper.

Sofort war ich an seiner Seite, zog ihn in meine Arme und hielt ihn dort fest bei mir. Eigentlich war Harry derjenige von uns beiden, der stark und muskulös erschien, neben ihm wirkte ich eher wie ein Zwerg. Doch jetzt klammerte er sich an mir fest, rang darum bei mir Halt zu finden und ich tat alles in meiner Machtstehende um ihm genau das zu geben.

„Wir schaffen das, hörst du?", wisperte ich ihm in sein Ohr, ehe ich einen sanften Kuss auf seine Stirn drückte. Zwar war sein Schluchzen noch nicht verebbt und auch die Tränen flossen wieder, doch zumindest nickte er mir nun zustimmend zu. Also trat ich ein klein wenig zurück, um behutsam für ihn seinen letzten Hemdknopf zu schließen. Dann griff ich nach der Krawatte und legte ihm auch diese mit wenigen gekonnten Handgriffen um.

„Magst du deine Haare so lassen oder eine Mütze aufsetzen?" „Ich hab mir deine Beanie schon aufs Schränkchen gelegt. Wir brauchen nur noch die Handschuhe, dann können wir los. Mama bringt für uns die Rosen aus der Gärtnerei mit, der Rest ist bereits in der Kapelle." Er sprach langsam und noch immer mit zittriger Stimme, doch hatte sich Gott sei Dank so langsam seine Atmung wieder normalisiert.

„Dann lass uns gehen. Es wird Zeit." Mit einem aufmunternden Kopfnicken nahm ich seine Hand in meine. Sein Blick sagte mir alles, da musste er kein weiteres Wort mehr verlieren. Solange wir einander hatten und immer einer von beiden es schaffen würde, in Zeiten der Not ein klein wenig mehr Kraft aufzubringen als der andere, waren wir unbesiegbar.

•••

„Als ich noch klein war, da hat meine Mamie immer zu mir gesagt ‚lappétit vient en mangeant', was grob gesagt so viel bedeutet, dass es rein gar nichts bringt, ihr zu sagen, ich hätte keinen Hunger. Der würde schon kommen, wenn ich erstmal anfing zu essen." Ein leises Lachen ging durch die prallgefüllten Bankreihen der kleinen Kapelle. Jeder Anwesende wusste zu hundert Prozent, wovon Harry da sprach. Schließlich wäre ohne Mary die Boulangerie niemals überhaupt so erfolgreich geworden.

„Die schönsten Erinnerungen, die ich an meine Kindheit habe, involvieren immer sie. Sie und meinen Opa. Für mich waren die beiden immer mein Licht in der Dunkelheit, mein sicherer Hafen, wenn alles ungewiss schien. Ich hatte ein Problem in der Schule? Kein Problem, mein Opa fand immer einen kreativen Weg, es mit mir zu lösen oder es so zu erklären, dass ich es letztlich verstand. Ich hatte Hunger? Nun ja, ebenfalls kein Problem. Mamie hatte immer mindestens für die vierfache Menge an Personen gekocht, die eigentlich da waren."

Harry musste lächeln bei dem Gedanken, zeitgleich kämpfte er aber auch mit aufkommenden Tränen.

„Wenn ich mich einsam fühlte, dann war sie da, um mich an sie kuscheln. Meine Oma fand die absolut perfekten Worte für wirklich jede Situation und wenn ich einen weisen Menschen in meinem Leben hatte, dann war es definitiv sie. Eigentlich war es viel zu schade, dass sie nur das Café hatte, um ihr Talent unter Beweis zu stellen, denn diese Frau konnte noch so viel mehr."

Un rêve de noël (larry stylinson)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt