19 / 𝘐 𝘩𝘢𝘥 𝘢 𝘣𝘦𝘴𝘵 𝘧𝘳𝘪𝘦𝘯𝘥

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Frei.
Cecilias Worte hinterließen einen bitteren Beigeschmack. Ich wusste sofort, was es bedeutete. Erst wollte ich nicht an das Schlimmste denken, aber ich konnte es in ihren Augen sehen. Obwohl sie sich Mühe gab es zu verbergen, kamen ihre wahren Gefühle ans Licht.

Wieso sie mir das erzählte wusste ich selbst nicht. Bis vor wenigen Stunden zeigte sie mir noch die kalte Schulter. Möglicherweise vertraute sie mir mehr als sie zugeben wollte. Oder aber sie hatte einfach zu lange geschwiegen.

Selbst Bree hielt die Sache mit ihrer Schwester geheim. Alle hielten es geheim. Aber aus Erfahrung wusste ich, dass man solche Dinge nicht ewig in sich hineinfressen konnte. Als mein Vater starb half es mir, über ihn zu reden. Selbst wenn es schwerfiel fühlte man sich danach besser.

Eilig folgte ich ihr zum Auto. Cecilia saß darin und starrte aus dem Fenster. Ich setzte mich neben sie und machte mich auf seltsames Schweigen gefasst.

,,Bree hat es dir nicht erzählt oder?", fragte Cecilia ohne mich anzusehen. Ihre Augen fixierten nur die kahle Landschaft vor uns und mit den Händen umklammerte sie fest das Lenkrad. ,,Ich war mir nie sicher, ob du die Geschichte wirklich nicht kennst oder ob du mich dazu bringen wolltest, sie zu erzählen."

Ich schüttelte den Kopf. Bree erzählte überhaupt nichts. Auch wenn sie mittlerweile viel mit mir sprach, redete sie nie über ihre Schwester.

,,Lily und ich waren beste Freundinnen. Für alle anderen in der Klasse war ich immer nur das verwöhnte, reiche Mädchen. Nur sie hat mehr in mir gesehen", redete sie weiter, brach dann aber wieder ab. Ich sah ihr deutlich an, dass sie nicht gerne über sich selbst sprach, wenn es um eine verletzlichere Seite gab. Vor allem nicht mit mir.

,,Hör zu, wenn du das irgendjemandem erzählst, bist du tot", warnte sie mich deshalb. Ihre Stimme klang wieder fast wie vorher. Ernst und kalt.

Ich verdrehte die Augen. ,,Wenn du es nicht erzählen willst, dann lass es sein. Erzählst du es, dann höre ich dir zu. Es ist ganz einfach."

,,Vorhin in der Schule hatte ich einfach das Gefühl, dass man dir vertrauen kann, in Ordnung? Mach das nicht wieder zunichte."

Das klang ja beinahe so, als würde ihr die Lüge leidtun.

Beinahe.

,,Du kennst mich wohl nicht besonders gut, wenn du glaubst, dass ich das in der ganzen Schule erzähle. Ich weiß nicht, wieso du Lügen über mich erfindest, aber eine fiese Racheaktion habe ich wirklich nicht nötig."

Cecilia schwieg eine ganze Weile. Fast erwartete ich dass sie gleich das Auto startete und einfach nach Hause fuhr. Tat sie aber nicht. Offensichtlich wollte sie mir die Geschichte wirklich erzählen. Es kostete sie jedoch viel mehr Überwindung als ich annahm.

,,Bree war immer eifersüchtig auf mich. Die beiden Schwestern waren immer ein Herz und eine Seele, aber Bree hat mich gesehen und gehasst. Sie dachte, dass ich ihr Lily wegnehmen würde. Das war tatsächlich nie meine Intention. Ich wollte einfach nur eine Freundin."

Das klang überhaupt nicht nach Bree. Ich lernte sie als ein schüchternes, eher stilles Mädchen kennen. In der Regel gab sie jedem eine Chance. Dann aber fiel mir die Nachricht von Bree ein, die in Cecilias Nachtisch gelegen hatte.
,,Das bedeutet, dass Bree dich zuerst gehasst hat?"

Cecilia nickte langsam. ,,Früher war Bree anders. Sie war weder schüchtern noch ruhig. So ist sie erst mit der Zeit geworden."

Fragend sah ich die Blondine an. Diese Geschichte wurde langsam interessanter als erwartet. Zwar versuchte ich es immer ein bisschen kritisch zu sehen und wollte später auch Bree dazu befragen, aber Cecilias Sicht der Geschichte klang ausnahmsweise ehrlich. Tief im Inneren wusste ich, dass sie die Wahrheit sagte.

Cecilias Finger krallten sich in den Autositze bis die Knöchel weiß würden. Ich war kurz davor sie zu warnen, dass ihre teuren Gelnägel abbrechen könnten. Dann aber sah sie mich kurz kurz und redete weiter. ,,Bree ist bis heute davon überzeugt, dass Lilys Tod meine Schuld ist."

Ich wusste nicht, ob es mich überraschte. Es machte Sinn, aber meine Augen weiteten sich trotzdem. Selbst wenn ich es wegen der seltsamen Nachricht ahnte, waren die laut ausgesprochenen Worte Cecilas viel mehr wert. Außerdem sprach sie zum ersten Mal laut aus, dass Lily tatsächlich nicht mehr lebte. Die beiden mussten wirklich unzertrennlich gewesen sein, wenn es Cecilia so sehr mitnahm. Nach all den Jahren.

Ich wollte sie fragen, ob sie wirklich Schuld daran trug, aber ich brachte es nicht über mich. Ich glaubte es nicht. Vielleicht war es ein Unfall gewesen. Vielleicht wäre es ohne Cecilia nicht geschehen. Jedoch glaubte ich einfach nicht, dass Cecilia wirklich daran Schuld trug. Sie war kalt und abweisend, aber deshalb war sie noch lange kein schlechter Mensch.

,,In der Schule hat Bree allen davon erzählt, was ich doch für ein Monster sei.", fuhr sie fort und überging Damit geschickt den Grund für Lilys Tod. Es musste ein Unfall gewesen sein.

,,Wieso? Bree war nicht dabei als es passiert ist, oder?", ragte ich etwas verwirrt. Wieso sollte Bree das tun?

Sie schüttelte den Kopf. ,,Ich war die Einzige, die es gesehen hat. Und danach war Bree sich eben sicher, dass es meine Schuld sei und ich es so gewollt hatte", erwiderte die Blondine.

Gerade setzte ich an und wollte ein weiteres Mal fragen, wieso. Cecilia bemerkte meine Absicht jedoch und antwortete schneller. ,,Ich hab kein einziges Mal geweint. Ich habe alle abgewiesen, die mir helfen wollten. Also hat Bree beschlossen, dass Psycho Cecilia der Grund für alles ist, was schiefgelaufen ist."

Irgendwie hörte es sich so an, als ob Cecilia zuerst das Opfer gewesen war, was ich zugegeben nicht erwartet hatte. ,,Aber das hast du nicht auf dir sitzen lassen?"

Sie lächelte leicht, aber wie so oft erreichte es ihre Augen nicht. ,,Nein. Wenn man nicht als Opfer enden will, dann muss man die Krallen ausfahren und sich seinen Weg wieder nach oben arbeiten. Die meisten Leute kommen mit meiner Art nicht zurecht, aber sie lieben mich trotzdem. Das liegt an meinem Geld. Oder sie sind nett zu mir, weil sie wissen, dass sie sonst enden wie Bree."

Ich verstand es. ,,Viel gebracht hat es dir aber nicht. Du bist immer noch allein."

,,Aber beliebt. Das ist nicht das schlechteste."
Plötzlich drehte Cecilia den Schlüssel herum und startete ruckartig den Motor.

Ich zuckte kurz zusammen und schnallte mich wieder an. Ihre Worte gingen mir nicht aus dem Kopf. ,,Du hast Angst dich nochmal jemandem zu öffnen wie Lily. Du hast Angst noch jemanden zu verlieren. Und deshalb behandelt du die halbe Welt als wäre sie dein Fußabtreter oder benutzt sie für Partys und Sex. Aber eines Tages wirst du auf diese Weise in den Abgrund stürzen und niemand wird dir dir helfen, weil du niemanden mehr hast."

Cecilia rollte mit den Augen. ,,Jetzt hast du mich wieder daran erinnert, wieso ich dich nicht leiden kann, Leroy. Studier Psychologie, aber lass mich mit diesem Unsinn in Ruhe. Ich brauche niemanden, der mich bis ins letzte Detail analysiert."

Ich grinste nur. Wir beide wussten, dass ich die Wahrheit sagte. Hoffentlich würde sie das eines Tages auch wahrnehmen.

Barbie DevilishWo Geschichten leben. Entdecke jetzt