»23. Kapitel

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Ich kann es gar nicht glauben, dass dieses Buch schon 350k Reads hat. Vielen Dank dafür, ihr wisst gar nicht, wie viel mir das einfach bedeutet ♡


Überraschenderweise fühlte ich mich in Harrys Gegenwart ausgesprochen wohl. Auch wenn ich ihn noch nicht lange kannte, so spürte ich doch, dass ich ihm vieles anvertrauen konnte. Das einzige, was dem noch im Weg stand, war allerdings ich selbst, denn durch die vergangenen Ereignisse hatte ich nicht nur eine Mauer aufgebaut, die mich vor den anderen schützte, sondern ich fühlte mich regelrecht unfähig dazu, anderen Menschen etwas anzuvertrauen - sei es nur die Antwort auf die Frage nach meinem Wohlergehen.

Ich lächelte vor mich hin, als ich Harry zuhörte, der lautstark zu dem Lied im Radio trällerte, wobei die braunen Locken wie wild herum schwangen. Wir waren auf dem Weg zu einem Supermarkt, in dem wir ein paar Besorgungen erledigen würden. Mein Plan Liam zu folgen hatte ich immer noch nicht aus dem Kopf bekommen, weswegen ich nur auf einen perfekten Moment wartete, um ein paar Informationen aus Harry herauszuquetschen, damit ich Liam schneller ausfindig machen konnte. Dieser schien nichts von meinen Plänen zu ahnen, denn nach der Art, wie er sang und dabei seinen Kopf herum schwang, schloss ich, dass er mich zum Lachen bringen wollte, wobei ich zugeben musste, dass er eine außergewöhnlich schöne Stimme hatte.

»Woher kennst du Liam eigentlich?«

Interessiert neigte ich den Kopf in seine Richtung und sah ihn erwartungsvoll an. Etwas durcheinander verstummte Harry und warf mir kurz einen Blick zu, bevor er ihn wieder auf die Straße vor sich richtete. Seine Stirn legte sich leicht in Falten. Bevor er mir antwortete, drehte er die Musik leiser.

»Als ich dreizehn war mussten wir umziehen. Ich wechselte auf Liams Schule, doch leider wurde ich weniger positiv aufgenommen.«

Während ich Harry neben mir aufmerksam zuhörte, schlich sich sofort ein schlechtes Gefühl in mein Gewissen. Allein am Tonfall nahm ich wahr, dass ich ein paar unschönere Erinnerungen in ihm wachgerüttelt haben musste. Zu meinem Unglück erfuhr ich diese auch noch kurz darauf.

»Ein paar Jungs aus den Stufen über mir fingen an mich runterzumachen. Sie lachten mich wegen meiner Haare aus und machten sich einen Spaß daraus, mich vor der gesamten Schule bloßzustellen. Bis Liam kam.«

Seufzend drückte Harry auf die Bremse und ließ den Wagen langsam auf einen Parkplatz zurollen. Mit angehaltenden Atem biss ich mir auf die Unterlippe. Ich konnte mir schon genau denken, was Liam getan hatte. Allein schon der Gedanke daran brachte mein Herz zum klopfen. Er hatte sich den perfekten Beruf ausgesucht.

»Er hat mich vor den anderen beschützt, bis sie damit aufhörten. Dadurch wurde er zu meinem besten Freund, was ich heute immer noch behaupten kann.«

murmelte er und schüttelte anschließend kurz den Kopf - wahrscheinlich, um die ganzen Erinnerungen aus seinen Gedanken zu vertreiben. Ich antwortete nicht auf seine Aussagen. Auch wenn ich ihn noch nicht sonderlich lange kannte, hatte ich nicht den Eindruck gehabt, dass er einmal ein paar dickköpfigen Jungs zum Opfer gefallen war. Er erweckte einen selbstsicheren und standhaften Eindruck in mir, den er wahrscheinlich erst durch diese ganzen Ereignisse in seiner Vergangenheit gelernt hatte, richtig auszudrücken. Ich wurde erst wieder aufmerksam, als ich die grünen Augen bemerkte, die mich erwartungsvoll anblinzelten.

»Bist du fertig? Ich brauche ohnehin nicht lange und nur ein paar Kleinigkeiten und etwas zum Knabbern für heute Abend.«

Als Antwort nickte ich schnell und schnallte mich rasch ab. Auch Harry verließ den Wagen und machte sogar die Anstalten um das Auto herumzurennen, um mir die Tür aufzuhalten, was ich allerdings zu spät bemerkte und schon ausgestiegen war, bevor er überhaupt bei mir angekommen war. Als er meinen entschuldigenden Blick bemerkte, lächelte er nur abwegig und zuckte mit den Schultern. Dann schlug er die Autotür zu, schloss ab und steuerte daraufhin, mit mir als Anhang, auf den Supermarkt zu.  Zu meiner Überraschung stellte ich fest, dass Harry durch seine langen Beine extrem schnell lief, weswegen ich leicht joggen musste, um den entstandenen Abstand wieder aufzuholen und neben ihm zu laufen. Dadurch, dass er mir bereits etwas aus seiner Vergangenheit offen anvertraut hatte, schätzte ich, dass es nicht auffallen würde, wenn ich ihn jetzt etwas über Liam fragen würde. Schließlich musste ich herausfinden, wo Liam sich aufhielt.

BodyguardWhere stories live. Discover now