»30. Kapitel

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Als ich das nächste Mal die Augen aufschlug, war ich alleine. Obwohl ich in dem Bett lag, fühlte es sich an, als wäre es leer. Liam war weg. Die Seite, auf der er gelegen hatte, war kalt und ungeordnet. Schlaftrunken merkte ich, dass er mich mit der Decke zugedeckt hatte, als er aufgestanden war. Blinzelnd warf ich einen Blick auf den Wecker auf dem Nachttisch neben mir. Es war gerade einmal 5:21 am Morgen. Frustriert warf ich mich in das Laken zurück, wo ich für eine Weile bewegungslos verharrte. Dann, ganz langsam, zog ich die Decke zur Seite und stand auf.

Liam war nicht mehr da. Ich schätzte, dass dies der Grund war, weswegen ich so früh aufgewacht war. Auch wenn ich geschlafen hatte, hatte ich jedoch seine Anwesenheit gespürt. Jetzt war er weg und ich konnte nicht mehr schlafen. Aufgrund der starken Müdigkeit schaffte ich es gerade noch meine Unterhose und das T-Shirt vom Boden aufzufischen und es mir überzustreifen. Müde wankte ich zur Tür. Während ich sie öffnete fuhr ich mir durch die Haare, die gefühlt in sämtliche Richtungen abzustehen schienen. Wie von alleine führte mich mein Weg die Treppe hinunter und in die Küche. Erst als ich unten angekommen war, sah ich den schwachen Lichtschein, der aus dem Raum am Ende des Ganges in den dunklen Flur fiel. Mit dem Blick nun etwas wacher, strauchelte ich darauf zu. Es war unglaublich wie müde ich doch war. Die vergangene Nacht und die damit verbundenen Schmerzen ließen mich an diesem Morgen noch geschaffter fühlen, als ich es ohnehin schon war. Als ich an der Tür angekommen war, verharrte ich für eine Sekunde, bevor ich sie leise aufstieß, in der Hoffnung, Liam dort vorzufinden. Mit blinzelnden Augen blickte ich in die Helligkeit hinein. Nach der Dunkelheit im Rest des Hauses brauchte ich ein bisschen, um mich an das Licht zu gewöhnen.

Im ersten Moment dachte ich, dass ich alleine war. Erst, als ein kleines Husten vom Tisch aus kam, erkannte ich Liam, wie er auf einem Stuhl saß und gedankenverloren durch ein Buch blätterte. Aus der Tasse vor ihm stieg leichter Dampf auf, welcher den Geruch von Kaffee durch den Raum verteilte. Ohne weiter darüber nachzudenken klopfte ich leicht an das Holz. Gelassen blickte Liam auf. Als er mich eintreten sah, verwandelte sich der starre Blick in ein leichtes Lächeln.

„Guten Morgen, Katie", begrüßte er mich und drückte den Stuhl gegenüber von ihm mit den Füßen weg, um mir zu signalisieren, dass ich eingeladen war mich zu setzen. Unsicher nahm ich seine Einladung ein und setzte mich zögernd hin. Das Polster war glücklicherweise warm und weich, dennoch bereute ich es nur in Unterhose und T-Shirt gekommen zu sein. Auch wenn es im oben im Zimmer kuschelig warm gewesen war, hatte ich jedoch nicht bedacht, dass die Fliesen in der Küche Kälte ausstrahlten. „Gut geschlafen?", fragte ich, während ich die Beine an meinen Körper zog und das Kinn auf den Knien stützte.

„Mehr oder weniger." Vorsichtig schloss Liam das Buch in seinen Händen und legte es fürsorglich neben die Tasse. Seine müden braunen Augen trafen für einen kurzen Moment meine, bevor er sie wieder abwandte. Ohne, dass ich es wirklich wollte, kam ein flaues Gefühl in meiner Magengegend auf. Etwas beschäftigte ihn und ich war mir ziemlich sicher, dass ich ein Teil von seinen Sorgen war. Noch bevor ich ihn darauf ansprechen konnte, setzte er zum reden an. Es kam mir vor, als hätte er mein Gesicht gelesen und geahnt was ich vorgehabt hatte. „Wie geht es Dir? Ist alles in Ordnung?", murmelte er fragend und kratzte sich abwesend am Hals. „Es geht mir gut", antwortete ich schnell, um mir die Röte auf den Wangen nicht anmerken zu lassen. „Sitzt...Sitzt Du schon lange hier?" Insgeheim hätte ich mich für diese dämliche Frage selbst ins Gesicht schlagen können. Ich hatte keinen blassen Schimmer warum oder weshalb, aber das Gefühl in meinem Bauch schien nicht abzunehmen. Eventuell war es auch einfach eine Folge von letzter Nacht, dachte ich mir und sah wieder zu Liam herüber. Schließlich hatten wir etwas getan, was mir viel bedeutet hatte, und vielleicht war diese Emotion auch nur die heimliche Angst, dass ich alleine damit war.

„Seit einer halben Stunde vielleicht. Möchtest Du auch einen Kaffee? Tee?" Ich sah zu, wie Liam aufstand und auf zum Herd hinüber ging, wo die Kanne war. Mit zusammengezogenen Augenbrauen sah ich ihm zu, wie er, ohne dass ich ihm eine Antwort gegeben hatte, eine Tasse aus dem Schrank zog und sie mit Kaffee füllte. Es kam mir vor, als würde ich einem Fremden gegenüber sitzen. Seine Gestik war wahllos, seine Augen schienen sich auf nichts zu fokussieren, es erschien mir, als würde er nichts um sich herum wahrnehmen. Auf einer unerklärlichen Weise machte sein Verhalten mir Angst. Angst vor was? Als er die Tasse vor mir abstellte, bedankte ich mich mit einem leichten Kopfnicken. Schweigend beobachtete ich ihn dabei, wie er wieder auf dem Stuhl gegenüber von mir Platz nahm. Für eine Weile herrschte Schweigen zwischen uns.

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