»03. Kapitel

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Die Wärme eines vereinzelten Sonnenstrahles, der unmittelbar auf mein Gesicht fiel, weckte mich aus dem tiefen Schlaf, indem ich bis vor ein paar Sekunden noch geruht hatte. In dem Tempo einer Schnecke öffnete ich ein Auge einen Millimeter, nur um es sofort wieder zu schließen.

Du bist dumm Katie, schimpfte ich mit mir selber und rieb mir mit dem Handrücken meiner tauben Hand schlaff über die weiterhin geschlossenen Augen, wieso hast du nicht die Gardinen zugemacht, bevor du ins Bett gegangen bist? Grummelnd versuchte ich meine Augenlider auseinanderzuhalten. Nachdem es mir gelungen war strich ich mir ein paar vereinzelte Haarsträhnen aus dem Gesicht und füllte meine Lungen durch einem tiefen Atemzug mit frischer Luft.

Ein kurzer Blick zur Seite verriet mir wie viel Uhr wir hatten. Da die roten, leuchtenden Zahlen mir zeigten, dass es erst kurz vor acht war, beschloss ich mir noch ein paar Stunden Schlaf zu gönnen, wenn mich mein Vater oder Rosie, unsere störrische Haushälterin nicht wieder aus dem Bett schmeißen würden. Aber es war Sonntag und ich hoffte, dass wenigstens einer der beiden Erbarmen mit mir haben würde.

Mit einem leichten zufriedenen Lächeln auf den Lippen drehte ich mich einmal um und wollte mir es dort bequem machen, doch ein plötzlicher und terribler Schmerz, der stechend durch meinen Kopf fuhr, hielt mich davon ab. Mit weit aufgerissenen Augen setzte ich mich so langsam wie es ging aufrecht hin und presste meine flache Handfläche gegen die kalte Stirn.

Was zur verdammten Hölle ist das? Mit kreisenden Bewegungen fuhren meine Fingerkuppen über meine Stirn und massierten meine Schläfen, stets in der Hoffnung, dass die pochenden Schmerzen dadurch verschwinden würden. Vergebens. Mit dem Gesicht zu einer schmerzhaften Grimasse verzogen lehnte ich meinen Kopf an die Wand hinter mir und kramte in meinem Gedächtnis nach, woher dieser wahrscheinliche Kater entstanden war.

Niall und ich waren in eine Irische Bar gegangen, erinnerte ich mich und kniff die Augen wieder feste zusammen, da der Schmerz sie dazu verleitete, und wir hatten etwas getrunken. Viel getrunken. Das erklärte auf jeden Fall schon einmal die extremen Kopfschmerzen und den rumpelnden Magen. Aber was war dann passiert?

Aus irgendeinem Grund war ein Streit zwischen uns ausgebrochen und mein bester Freund (soweit wir nach diesem Abend überhaupt noch welche waren) war einfach so abgehauen und hatte mich stehen lassen. Und dann ... Filmriss. Stöhnend ließ ich mich nach vorne fallen und knallte mit dem Gesicht in die teure Bettwäsche.

»Wieso lernst du nicht einfach mal aus deinen Fehlern?«

rief ich mir selbst gedämpft durch das Laken zu. Es war nicht das erste Mal gewesen, das ich mit einem Filmriss und so extremen Kopfschmerzen wie heute aufgewacht war. Meistens war Niall daran schuld gewesen, da er mich durch sein peinliches Verhalten dazu gebracht hatte mehr zu trinken, als ich überhaupt vertragen konnte. Resigniert über meine eigene Dummheit verharrte ich für mehrere Minuten in dieser Position. Bis mich ein Klopfen davon abhielt.

Wer nervt mich denn um diese Uhrzeit schon, fragte ich mich mies gelaunt und antwortete nicht. Stattdessen suchte ich mit einer Hand mein Kopfkissen. Als ich es fand drückte ich es mir auf den Hinterkopf und blendete somit das zweite, nun etwas lautere Klopfen vollkommen aus. Als jedoch eine laute Stimme dazukam reichte es mir.

»Katie?«

»Meine Güte, was

schrie ich genervt zurück und setzte mich wieder gerade auf mein Bett. Meine Augen richteten sich auf die blank polierte Zimmertür, die sich zwei Sekunden später einen Spalt öffnete. Der grauhaarige Kopf von Rosie kam zum Vorschein. Zuerst suchte sie mich am Schreibtisch, als sie mich dort aber nicht vorfand landete ihr Fokus auf das riesige Bett, das eigentlich für zwei gedacht war.

»Ihr Vater schickt mich, um sie zu wecken.«

meldete sie sich höflich und betrat nun ganz die Höhle des Löwen. Murrend beobachtete ich, wie sie zu dem Fenstern eilte und die Vorhänge ganz zur Seite schob. Die dadurch freigelegten Sonnenstrahlen brannten in meinen Augen. Unwirklich blinzelte ich ein paar Mal.

»Und was will er von mir?«

erkundigte ich mich und versuchte nicht allzu genervt herüber zu kommen. Die blassen, grünen Augen meines Gegenübers glitten einmal an mir herunter. Etwas verwirrt folgte ich ihm und stellte fest, dass ich noch dasselbe trug, das ich gestern in der Bar angehabt hatte, nur das mein Oberkörper von einer übergroßen, schwarzen Lederjacke bedeckt wurde (Bild rechts). Meine Augenbrauen trafen sich in der Mitte. Wem gehört die denn?

Der vielsagende Blick der Haushälterin, die mich schon seit ich ein Baby war kannte, ließ meine Wangen schlagartig erröten. Hatte ich etwa gestern einen One Night Stand oder etwas ähnliches gehabt, fragte ich mich geschockt und starrte auf die schwarzen Ärmel, die über meine Hände gingen und sie somit verdeckten. Nialls Jacke war es sicherlich nicht, denn erstens kannte ich sämtliche seiner Klamotten und zweitens waren sie nicht so groß und rochen anders.

»Er will mit Ihnen über etwas Wichtiges reden. Also machen Sie sich bitte fertig und erscheinen Sie in seinem Arbeitszimmer, er erwartet Sie bereits.«

Ihre rauchige Stimme klang weiterhin höflich, jedoch verrieten mir ihre Augen was sie wirklich über mich dachte. Sie hatte mich noch nie wirklich gemocht, wieso hatte ich noch nie heraus finden können. Ohne mir einen letzten Blick zu würdigen stapfte sie an mir vorbei und verließ mein Zimmer wieder. Die Absätze ihrer Schuhe klackerten dabei so laut über den Holzfußboden, dass das Geräusch in meinen Ohren dröhnte.

Kaum war die Tür wieder in ihr Schloss gefallen sprang ich wie von der Tarantel gestochen auf und riss mir die Jacke vom Leib. Die pochenden Schmerzen ignorierte ich dabei einfach geschickt. Mit immer größer werdenden Augen rutschten meine Finger in die kleinen Jackentaschen, um irgendwelche wichtigen Sachen, die auf den Besitzer zurück führen könnten zu finden. Doch da gab es nichts. Sie waren komplett leer.

BodyguardWhere stories live. Discover now