»02. Kapitel (2)

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Der braunhaarige Kopf meines Sitzpartners fuhr so schnell hoch, dass ich es kaum mitbekam. Interessiert beobachtete ich wie die braunen Augen jemanden in das Blickfeld fassten. Um ebenfalls zu sehen wer uns gestört hatte, beschloss ich kurzerhand auch den Kopf in die Richtung zu drehen, in der ich den Störenfried vermutete. Mein Atem stockte, als ich geradewegs in die blauen Augen sah, die ich für paar Minuten komplett vergessen hatte.

»Was machst du da, Katie? Und wer zur Hölle ist der da?«

Fassungslos deutete mein bester Freund auf den Unbekannten. Dieser schloss nun seine Finger um eine halbvolle Bierflasche und begann nervös an der Plakette herum zu knibbeln. Da es durch das Kondenswasser bereits schon etwas aufgeweicht war fiel es ihm leichter es von dem dunkel gefärbten Glas zu entfernen.

»Um, das ist ... Ja, genau. Wie heißt du eigentlich?«


Mit angehobenen Augenbrauen schenkte ich dem geheimnisvollen jungen Mann einen fragenden Blick. Wahrscheinlich hätte ich seinen Namen ohnehin früher oder später erfahren, aber Niall hatte sich ja mal wieder den perfekten Moment ausgesucht mitten in unsere angehende Unterhaltung hereinzuschneien.

»Ich glaube nicht, dass mein Name hier eine wichtige Rolle spielt.«

erwiderte er höflich und nahm nun eine zweite Hand um die Flasche von dem dünnen Papier zu befreien. Er mochte zwar aufrichtig auf mich wirken, doch der Blick, dem er seinen Händen schenkte sagte mir etwas anderes. Das Ergebnis seiner Nervosität landete in Kügelchen verformt auf den verdreckten Holzfußboden.

Niall trat einen Schritt näher an den Tisch heran. Seine Augen waren zu zwei schon beinahe boshaften Schlitzen verzogen. Er schien mir nicht einmal einen Funken Aufmerksamkeit zu schenken; Selbst wenn ich mich selbst angezündet und nun in lodernden Flammen gefangen hier gesessen hätte, hätte er nicht einmal dann kurz zu mir herüber geschielt. Mit den Lippen zu einem einzigen Strich verzogen starrte er die große Figur neben mir eisern an.

»Ich habe keine Ahnung wer du bist. Ich weiß auch nicht was du willst. Wenn du meine Freundin jetzt in Ruhe lässt, soll's das gewesen sein. Ich werde nicht nach dir suchen, ich werde dich nicht verfolgen. Aber wenn nicht, dann werde ich nach dir suchen und ich werde dich finden. Und ich werde dich töten.«

Ohne auch nur einmal zu blinzeln oder mit der Wimper zu zucken sprach Niall diese, mir nur zu bekannte Worte, in einer so tiefen Tonlage aus, das ich nicht anders konnte, als zu grinsen. Jetzt hat er doch ernsthaft Liam Neeson zitiert, dachte ich mir und versuchte das angehende Lachen herunter zu schlucken. Wenn dieser Junge betrunken war konnte man ihn zweifellos nicht mehr ernst nehmen. Ich war wegen des Alkohols in seinen Adern schon in manche peinliche oder auch überaus amüsante Situation geraten, doch diese hier toppte alles.

Niall hatte schon vielen Schwachsinn vor sich hin geredet, doch das er gerade mit einer Stelle aus Taken, seinem absoluten Lieblingsfilm einem wildfremden Jungen gedroht hatte, brachte mich dazu rot anzulaufen. Ich wollte mich für ihn schämen, doch das vertuschte Lachen hielt mich davon ab. Mit zusammen gepressten Lippen wagte ich es dem Jungen neben mir einen Blick zuzuwerfen.

Im Gegensatz zu mir schien er die gesamte Situation sowie Nialls Aussage nicht einmal ein bisschen amüsant zu finden. Seine Augen verrieten etwas darüber was er gerade dachte, doch ich war eindeutig zu betrunken um es zu deuten.

»Ich habe nicht einmal etwas gemacht. Sie hat sich partout neben mich gesetzt und angefangen mich über mein Leben auszufragen.«

Partout. Nun konnte ich es nicht mehr verhindern. Ein leises Kichern verließ meine Kehle. Das bewirkte nicht nur, dass ich mir entschuldigend die Hand vor den Mund hielt, sondern auf zwei Paar Augen auf mich zog. Meine Wangen begannen hell zu schimmern. Der muss ja ganz schön gebildet sein, redete ich mit mir selbst, das der mit so einer gehobenen Sprache spricht.

Mein kurzfristiger Niall beäugte mich für ein paar Sekunden, dann drehte er sich wieder weg und nahm einen Schluck von seinem Bier. Ich sah zu meinen besten Freund herüber, um zu prüfen, ob er auch lachte, doch mit dieser Vermutung lag ich absolut falsch. Seine sonst so klaren Augen waren nicht mehr so groß, mit hängenden Mundwinkeln erwiderte er ungehindert meinen fragenden Blick.

»Uhm ... Ist alles in Ordnung mit dir?«

Nachdem er mich für bestimmt eine volle Minute so angesehen hatte fragte ich mich ernsthaft, ob ich etwas im Gesicht hatte. Als Antwort erhielt ich nur ein wütendes Kopfschütteln.

»Ist das dein Ernst? Kaum lasse ich dich für nicht einmal fünf Minuten alleine machst du dich schon an einen anderen heran?«

Sichtlich verletzt drehte Niall sich um und setzte zum gehen an. Verwirrt sah ich ihm nach, unfähig mich zu bewegen. Was meinte er damit? Wenn ich früher mit dem anderen Geschlecht geredet hatte, hatte es ihm herzlich wenig gestört. Er hatte meistens nur mit da gesessen und sich mit unter das Gespräch gemischt, doch das er jetzt anscheinend enttäuscht von mir das Weite suchte, ließ um die tausend Fragen in mir aufkommen.

»Na super.«

Ohne dem Verursacher der kommenden Diskussion einen letzten Blick zu schenken stand ich auf und ging dem niedergeschlagenen Iren hinterher. Als ich jedoch bemerkte, dass ich mein Glas auf den Tisch stehen gelassen hatte, lief ich noch einmal zurück, um es zu holen. Die braunen Augen, die mich emotionslos dabei beobachteten wie ich mein Getränk schnell an mich nahm ignorierte ich dabei einfach.

Niall war gerade dabei sich auf seinen Barhocker fallen zu lassen, als ich mit der festen Überzeugung, dass das äußerst denkwürdige Verhalten etwas mit seinen Gefühlen haben musste, auf ihn zuschritt. Bevor er es überhaupt bemerken konnte, hatte ich mich schon neben ihn gesetzt.

»Kannst du mir mal bitte sagen was mit dir los ist?«

Mit einer ernsten Stimme knallte ich mein Glas so hart auf den Tisch, das ein wenig Flüssigkeit heraus schwappte und mit einem klatschenden Geräusch das glatte Holz des Tresens noch mehr verklebte. Niall drehte sich mit seinen Stuhl um neunzig Grad, damit er mir unmittelbar in die Augen sehen konnte. Und diese glichen denen eines aggressiven ... Welpen?

»Was mit mir los ist?«

erkundigte er sich, die Lautstärke seiner Stimme verriet mir wie wütend er war. Mit einer kurzen Handbewegung bedeutete ich ihm etwas leiser zu sprechen, was er glücklicherweise auch tat.

»Was mit mir los ist willst du wissen?«

fuhr mein Blondie fort und packte mich an den Ellbogen.

»Ja, ich will wissen was mit dir los ist.«

erwiderte ich perplex auf die wiederholte Frage und sah mein Gegenüber an, als wäre er komplett verrückt. Ohne jegliche Vorwarnung verstärkte er seinen Griff um meine Arme und begann mich zu schütteln.

»Du willst wissen was mit mir los ist?«

»Um Gottes Willen ja!«

fuhr ich ihn nun aufgebracht an und versuchte ihn zu schlagen, damit er endlich mal aufhören würde mich so durchzuschütteln. Diese Geste war mal wieder ein perfektes Beispiel dafür, dass zu viel Alkoholeinfluss auch andere Seiten eines Menschen hervor bringen konnte. Als Niall sah, das er langsam aber sicher begann mir wehzutun, stoppte er augenblicklich. Die langen Finger lösten sich von mir und gaben mir somit die Möglichkeit sie wieder frei bewegen zu können.

»Was ist jetzt? Würdest du mir jetzt mal bitte sagen was gerade mit dir gegangen ist? Seit wann hast du ein Problem damit, dass ich mich mit anderen Jungs unterhalte?«

Diesmal war ich diejenige, die sich verkneifen musste nicht gleich handgreiflich zu werden. Mit angehaltenden Atem rieb ich mir über die Stellen, an denen er mich festgehalten hatte.

»Weil ... Ich ... Ich habe damit überhaupt keine Probleme, ich ...«

druckste er herum, auf der Suche nach den geeigneten Worten. Es muss einfach mit seinen Gefühlen für mich zusammen hängen, dachte ich mir, es muss sein, sonst würde er ja nicht Versuchen die Eifersucht zu verstecken. Gespannt starrte ich unaufhaltsam in die blauen Ringe und durchforstete sie nach möglichen Anzeichen, die meine Vermutung bestätigen würden.

»Ich habe nicht den geringsten Schimmer wieso du auf so eine absurde Idee kommst, aber das ist sicherlich nicht der Grund dafür.«

Niall erschien mir plötzlich wie ausgewechselt; vor nicht einmal drei Sekunden hatte er noch so ausgesehen, als würde er vor Wut oder irgendwelchen anderen Gefühlen platzen. Doch nun saß er neben mir wie ein kleiner, braver Junge, dem gerade von einer strengen Lehrerin befohlen worden war nun endlich leise zu sein

»Und was ist es dann?«

hakte ich nach und setzte das Glas an meine Lippen. Mit einem Zug leerte ich es. Das eigentlich süße Wasser hatte inzwischen keine Kohlensäure mehr und war nach der Zeit von dem andauernden bewegen und herum schwingen warm und bitter geworden. Und trotzdem trank ich es weiter.

»Es ist ... Wie wäre es, wenn du mir jetzt mal erklärst wieso du dich einfach zu dem da gesetzt hast?«

murmelte der betrunkene Junge neben mir und warf seine Hand kurz über die linke Schulter. Automatisch folgte ich seiner abfälligen Bewegung und drehte mich kurz um. Sofort landete mein Fokus auf den Mann in der Ecke. Er saß immer noch so wie ich ihn verlassen hatte. Er sah mich geradewegs an, doch als sich unsere Blicke trafen sah er schnell nach unten. Jetzt beobachtet er uns auch noch, seufzte ich in Gedanken auf und schenkte Niall wieder meine Aufmerksamkeit.

»Als du gerade auf Toilette warst hat mich der Typ da vorne angequatscht.«

erklärte ich schlicht und zeigte ohne hinzusehen auf den Tisch, an dem dieser alte Knacker versucht hatte mich dazu zubringen mich zu ihm zu setzen. Während Niall sich in Zeitlupe und so unauffällig wie es ging zu dem ekelerregenden Mann herum drehte, starrte ich nur traumatisiert auf meine Handinnenfläche.

»Sag mal willst du mich eigentlich verarschen? Da sitzt keiner!«

»Gerade saß da aber noch jemand. Er wollte, dass ich mich zu ihm setze und weil du nicht kamst und ich gesagt habe, dass ich mit jemandem hier wäre, habe ich mich neben den da hinten gesetzt, damit er mich in Ruhe lässt.

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