The Darkest Summer | OBX2

[13] Breakdown

,,Ich hab' das jetzt tausendmal durchgelesen, das ergibt keinen Sinn. Ich meine, den Limbrey gehört halb Charleston", sagt Kie mit dem Brief in den Händen.

Wir haben die Fähre hinter uns und fahren wieder auf der Strasse. Gerade rollen wir an einem Schild vorbei, welches mit "Charleston – 125 Meilen" beschriftet ist.

,,Was wissen die Kook-Könige von Charleston über einen Mord auf Kildare Island?", fragt Kie. ,,Und warum ging der Brief an dich? Das ist auch ganz schön merkwürdig, oder?", sagt JJ, worauf ich von seinem Schoss aus versuche einen Blick auf den Brief zu werfen. ,,'Bitte kommen Sie allein'", lese ich vor. ,,Das ist echt eigenartig."

,,Das hab ich mir auch gedacht", meint Pope. ,,Ich glaube, das ist, weil..." Plötzlich erscheint eine zischende Rauchwolke vor uns. ,,Oh, komm schon!", sagt Pope. ,,Was ist das?", frage ich leicht panisch. Folgend ertönt ein komisches Geräusch. ,,Fahr rechts ran", sagt Kie. ,,Das ist ganz viel schön Rauch, selbst für den Truck von deinem Dad", kommt es von mir. JJ hustet. ,,Pope, ich hab empfindliche Lungen, Mann!", beschwert er sich.

Wir reden durcheinander und Pope steuert auf den Strassenrand zu, als wir nach einem heftigen Ruckeln anhalten.

Kie flucht. ,,Nein", sagt Pope wiederholend und steigt aus. Ich öffne die Tür, gehe von JJ runter und verlasse den Wagen ebenfalls. ,,Das explodiert, das explodiert!", meint Kie panisch, wobei sie auch mir ein wenig Angst macht. ,,Da explodiert nichts", beruhigt JJ uns.

,,Du hast wahrscheinlich den Kühler gelockert, Pope", sagt er. Pope öffnet die Motorhaube. ,,Das habe ich noch nie gesehen, die Radkappe ist einfach weggerollt!" JJ applaudiert und nimmt die Radkappe, die der Truck verloren hat. ,,Dein Meeting heute Abend musst du verschieben", versichert er Pope, welcher verzweifelt vor dem Truck steht.

,,Äh... Plan B. Wir könnten... die Öffentlichen nehmen, oder per Anhalter", sagt Kie. ,,Oder Fahrräder mieten?", schlage ich vor, während sich die Jungs die Motorhaube ansehen.

,,Ja, das ist der Kühler", stellt JJ fest. ,,Mein Dad wird mich umbringen", sagt Pope. ,,Ja, gut möglich. Gut möglich", sagt JJ.

...

Die Sonne ist untergegangen und wir befinden uns an irgendeiner Tankstelle, dessen Eigentümer Heywards Truck abgeschleppt haben und nun versuchen ihn zu reparieren. Während Pope mit einem Typen diskutiert, habe ich mich auf einem Klappstuhl neben dem Eingang niedergelassen.

Ich bin kurz davor einzuschlafen, bis ich bemerke, wie sich JJ von mir entfernt. Ich schaue ihm nach. Er geht zu Kie, welche auf der Ladefläche irgendeiner Schrottkiste hockt. Ich gähne kurz, bis ich die beiden beobachte.

JJ scheint sicherzugehen, ob Kie okay ist. Nachdem er kurz aus seinem Flachmann trinkt, zeigt er in meine Richtung. Jedoch nicht auf mich, sondern auf Pope. Als Kie hierherschaut, drehe ich meinen Kopf zu Pope. Er diskutiert immer noch, bis er dem Mann nach drinnen folgt.

Kurz darauf höre ich Schritte, als Kie an mir vorbeiläuft. Sie lächelt mich leicht an und geht dann ebenfalls rein. Mein Blick huscht zu JJ, der sich auf die Treppe neben dem alten Truck gesetzt hat. Ich stehe auf und gehe zu ihm.

,,Worüber habt ihr gesprochen?", frage ich und geselle mich neben ihn. ,,Nicht viel", meint er, zieht seine Cap aus und fährt sich durch die Haare. Ich bin skeptisch, aber auch viel zu müde, um irgendein unnötiges Gespräch zu starten. Stattdessen rutsche ich näher zu ihm und lege meinen Kopf auf seine Schulter, worauf er einen Arm um mich legt und meine Stirn küsst.

Ich sollte mir keine Gedanken über die beiden machen. Wozu auch? Kie würde nie was mit JJ anfangen. Und JJ würde mich nie betrügen. So, wie ich ihn nie betrügen würde.

Also sortiere deine Gedanken, Ash. Geniesse einfach die Zeit mit ihm. Es gibt keinen Grund eifersüchtig zu sein.

Auf einmal klingelt mein Handy. Ich nehme es aus der Hosentasche und starre auf den Bildschirm. Die Nummer ist ungespeichert, jedoch kommt der Anruf aus den Bahamas. ,,Ist das John B?", fragt JJ. Wir schauen uns gegenseitig an. ,,Los, geh ran!" Ich wische über mein Smartphone und halte es dann an mein Ohr.

,,Hallo? John B?", sage ich erleichtert. ,,Nein, nicht John B." Mein Lächeln verschwindet. ,,Du wusstest also, dass er noch lebt?" Ich schweige. ,,Was ist los?", fragt JJ, worauf ich aufstehe und ihm ein Zeichen gebe, dass er mir eine Minute geben soll. Dann entferne ich mich von ihm.

,,Ich habe ihn gesehen, Ash. Ich habe deinen Bruder und Sarah gesehen. Die beiden leben noch. Und du wusstest es", kommt es vom Hörer. ,,Du bist auf den Bahamas?", frage ich beunruhigt. ,,Ja. Dad hat mir das Gold gezeigt." Ich erstarre. Das Gold. ,,Aber deswegen habe ich nicht angerufen." ,,Was willst du, Rafe?", frage ich leicht gereizt. Rafe sucht nach den richtigen Worten.

,,Ich brauche dich, Ash." Geht das wieder los. ,,Rafe, hör auf." ,,Nein, bitte, hör mir zu." Ich atme tief aus und starre in die Dunkelheit. ,,Es geht mir nicht gut. Ich dachte, es geht mir gut, aber das tut es nicht." ,,Rafe..." ,,Mir gehen dauernd diese... diese Gedanken durch den Kopf und ich weiss nicht, ob ich sie in den Griff kriege und ich hab' Angst davor, was passieren könnte." Ich höre, wie er nach Luft holt. ,,Ich weiss nicht, wie viel von dieser Scheisse ich noch ertragen kann." ,,Rafe, das ist gerade nicht der Zeitpunkt dafür. John B braucht mich." ,,Nein, ich brauche dich! Du verstehst es nicht, ich..." ,,Rafe!" Eine zweite Stimme kommt dazu. Es hört sich nach Ward an.

Rafe will weiterhin mit mir zu kommunizieren, während Ward versucht ihn zu beruhigen. Dann legt er auf.

Ich starre weiterhin ins Dunkle, bis ich mein Handy vom Ohr nehme und es abschalte. Dann schaue ich auf das leere Display, seufze und drehe mich um. Ich räuspere mich und gehe wieder zu JJ.

,,Was ist los?", fragt er mich dann ungeduldig. Ich setzte mich neben ihn. ,,Das war Rafe. Er und Ward sind auf den Bahamas. Und sie haben das Gold." JJ wendet den Blick von mir ab und drückt seine Cap zusammen. ,,Und sie wissen, dass John B und Sarah leben." Wieder schaut er zu mir. ,,Was? Sucht die Polizei nach ihnen?" Ich zucke mit den Schultern. ,,Ich weiss es nicht. Aber wir müssen so schnell wie möglich an dieses Beweismaterial kommen, um John B endlich zu entlasten."