[34] Bow Hunters

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Wir sind zurück nach Hause gefahren. Die anderen sind draussen und haben sich ein eigenes Lagerfeuer gemacht. Währenddessen liege ich drinnen auf dem Sofa, starre die Decke an und denke nach. Über JJ.

,,Hey, was machst du hier drinnen?" Mein Blick huscht zur Tür. ,,Willst du dich nicht zu uns setzen? Pope hat Marshmallows mitgebracht", grinst Kie. Ich lächle ebenfalls leicht, aber stehe nicht auf. Stattdessen setze ich mich an den Rand des Sofas, fahre mir durch die Haare und seufze.

Kie bemerkt, dass ich nicht in der besten Stimmung bin, weshalb sie sich zu mir setzt. ,,Willst du reden?", fragt sie schulterzuckend. Ich senke meinen Blick und schüttle leicht den Kopf. ,,Es ist nur... Ich weiss nicht, wie ich mich fühlen soll", sage ich verzweifelt. ,,Ich will mit JJ zusammen sein. Und ich weiss, dass er dasselbe will. Deshalb kaufe ich ihm nicht ab, dass er nur Freunde bleiben will." Kie sagt nichts, also schaue ich sie an. ,,Will er alles, was zwischen uns war, einfach vergessen?" Sie schaut nach unten.

,,Wie würdest du reagieren... wenn er dich betrogen hätte?", sagt sie. Der Satz bringt mich aus der Fassung. JJ würde mich niemals betrügen. Ja, er hatte schon viele Hookups, aber in einer Beziehung würde er das nie tun. Da bin ich mir zu hundert Prozent sicher.

,,Das würde er nie tun", antworte ich endlich. Kie nickt und presst die Lippen zusammen. ,,Das ist nochmal ein Grund, weshalb ich noch wütender auf mich selbst bin, dass ich ihn betrogen habe. Er hat das nicht verdient. Ich war einfach eine Schlampe." Kie schüttelt den Kopf. ,,Nenn dich nicht so", sagt sie und boxt mir leicht auf die Schulter. ,,Du hast ein Fehler gemacht, aber wenigstens hast du ihn eingesehen. Mach dich nicht selbst fertig, Ash." Ich seufze leise.

Kie steht auf und nimmt meine Hand. ,,Komm, gehen wir zu den anderen. Geniessen wir den Rest des Abends noch – nur wir fünf, ohne irgendwelche Kooks, die uns alles vermasseln." Ich lächle sie leicht an und obwohl ich müde bin, nicke ich. Wir gehen zusammen raus.

Nachdem wir uns zu den anderen an die Wärme gesetzt haben, greife ich nach einem Marshmallow und spiesse es mit einem Stock auf. Dann röste ich es über dem Feuer. Dabei beobachte ich, wie sich JJ an seinem Essen verbrennt. Er bemerkt meinen Blick, aber er schaut gleich wieder weg.

Will er einfach so tun, als ob nichts wäre?

,,Hast du Sarah beschützt?", fragt John B Kie dann. Auch er hält ein Stock mit einem Marshmallow in den Händen. ,,Klar hab' ich das", sagt Kie zweifellos. ,,Sie ist kein echter Kook." ,,Stimmt", sagt John B. ,,Das musst du Topper sagen", kommt es von Pope, worauf ich nicke.

,,Ich will nur einen Happs." John B greift nach Kies Snack – keine Ahnung, was sie da isst – und beisst ab. ,,Was soll das? Nein, Stopp!" Sie versucht, ihr Essen zurückzuziehen, als es auf den Boden fällt. Ich werfe einen schmunzelnden Blick nach hinten, als ich genussvoll an meinem Marshmallow abbeisse. ,,Von mir kriegst du nichts ab", höre ich JJ sagen. ,,Ich dachte, wir teilen das", sagt Pope unglücklich. ,,Ich hab' dafür mein letztes Geld ausgegeben", beschwert sich Kie und John B steht auf, um danach zu sehen.

Pope blickt zu Kie. ,,Nimmst du jetzt meine..." ,,Ich klaue jetzt deine Marshmallows", bestätigt Kie und nimmt John Bs Stock. ,,Ich glaube, das ist ein sehr unfairer Tausch für mich", meint Pope. ,,Überhaupt nicht", lacht Kie und stupst Popes Stock mit ihrem an. ,,Nicht mal ansatzweise."

,,Hey, hey!", kommt es von John B, weswegen wir schweigen und zu ihm sehen. Er deutet zum Hühnerstall. ,,Da ist jemand." Ich lege den Stock vorsichtig ab. Kie steht auf. ,,Denkst du etwa, dass Topper..." ,,Zuzutrauen wär's ihm", meint JJ und greift nach dem Schürhaken neben seinen Füssen. Ich räuspere mich leise und stehe ebenfalls auf.

,,Hast du die Pistole?", frage ich JJ sicherheitshalber. Er schaut mich fassungslos an. ,,Ach, jetzt will sie die Pistole." Ich spotte. ,,Ach, jetzt hast du sie nicht dabei? Ist das nicht deine 'Geheimwaffe'?" ,,Hey, seid still! Kommt!", sagt Pope. Ich seufze und folge John B dann. ,,Plötzlich will sie die Pistole", höre ich JJ noch sagen, aber ich diskutiere nicht weiter.

,,Hey, wer ist da?", ruft John B. ,,Ihr Kooks versucht lieber nichts hier!", kommt es von Kie. ,,Da!", sagt JJ und auch ich erkenne in der Dunkelheit jemanden.

,,Wie geht's denn so?" Renfield. ,,Es ist dieser Dreckssack", sagt Pope. ,,Dieses Arschloch", zischt JJ.

,,Was für eine angenehme Nacht." Renfield kommt mit gehobenen Händen zu uns. ,,Hört mal, ich... ich hab' eigentlich gar kein Problem mit euch, okay?" Er nimmt die Hände runter. ,,Aber das hier kann auf die harte Tour laufen", er kommt immer näher, ,,oder auf die sanfte." Sein Blick bleibt an Pope kleben. ,,Ihr wisst, wieso ich hier bin." Wir tauschen unsere Blicke aus.

,,Ich gebe euch 'ne kleine Demonstration. Seht ihr die Schaukel da?" Renfield zeigt auf die alte Schaukel neben JJ, der den Schürhaken bereithält. ,,Ich hab' die besten Bogenschützen der Army Rangers mitgebracht", meint Renfield selbstsicher. ,,Mhm", murmelt JJ und greift nach dem Seil der Schaukel.

Renfield pfeift.

Aus dem Nichts saust ein Pfeil dicht an JJs Gesicht vorbei, trennt das Seil und bleibt im hinten stehenden Baum stecken.

Ich zucke zusammen. Auch die anderen erschrecken. Ich spüre, wie mein Herz wild gegen meine Brust schlägt.

Verdammte Scheisse.

,,Ihr seht, die sind da draussen. Und sie durchbohren euch, wenn ich es ihnen sage." Renfield geht zu Pope. JJ lässt sich nicht aufhalten, stellt sich hinter Renfield und ist bereit, mit dem Schürhaken einzugreifen. Bevor ich etwas sagen kann, ertönt wieder ein Pfeifen. Ein Pfeil landet direkt vor JJs Füssen.

Renfield dreht sich kurz zum Blondschopf. ,,Noch Fragen?" JJ schweigt, als er uns verblüfft anschaut. Mein Blick ist ernst. Mach jetzt keinen Scheiss, JJ. Bitte.

,,Ich gebe euch jetzt keinen Countdown oder quatsche ewig weiter, ich werde einfach pfeifen." Unsere Blicke liegen alle auf Pope.

Ich weiss nicht, was ich von ihm erwarte. Einerseits will ich nicht, dass er den Schlüssel einfach rausgibt. Andererseits werden wir mit messerscharfen Pfeilen durchlöchert, wenn er das nicht tut.

Pope greift in seine Hosentasche und holt den Schlüssel raus. Ich atme tief aus. Er hält ihn hoch – jedoch behält er ihn in seinen Händen. Renfield gibt ein ungeduldiges Geräusch von sich. ,,Der Schlüssel gehört meiner Familie", stellt Pope klar. Renfield dreht sich mit zusammengepressten Lippen zu uns, dann wieder zu Pope. ,,Ich verliere langsam die Geduld mit dir, Pope." Nun klingt er ernster.

Er will gerade wieder pfeifen. Ich halte die Luft an. Dann hält Pope den Schlüssel hin.

Renfield nimmt das kleine Ding entgegen. ,,Das war schlau von dir, Junge. Zu wissen, wenn man keine Wahl hat, ist ein oft unterschätztes Talent." Ich beisse mir fest auf die Zähne. Dieser Dreckskerl. ,,Passt auf euch auf." Er dreht sich um. ,,Ganz ruhig", sagt er zu JJ, als er an uns vorbeigeht. ,,Schönen Abend noch."

Ich hole nach Luft. Mein Blick huscht zu Pope. Er schüttelt fassungslos den Kopf. ,,Ich bin diesen Scheiss so Leid." Er dreht sich um und entfernt sich von uns. Kie, JJ, John B und ich schauen uns gegenseitig an.

,,Lassen wir diesen Mistkerl einfach so davonkommen?", fragt JJ aufgebracht. ,,Was willst du denn dagegen tun?", frage ich. ,,Die Bogenschützen mit deinem Schürhaken ausschalten?" ,,Keine Ahnung – ich kann auch die Waffe holen gehen, wenn du das willst", sagt er schulterzuckend. ,,Ja, verdammt gute Idee, JJ." ,,Tut mir leid, warst du nicht diejenige, die vorhin nach der Waffe gefragt hat?" ,,Wir hätten sie aber nicht wirklich benutzt!" ,,Wofür wäre sie dann gut gewesen?" ,,Leute!" Kie bringt uns zum Schweigen. ,,Hier geht es gerade nicht um euch, okay?" Sie verdreht die Augen und läuft in die Richtung, in die Pope verschwunden ist.

Sie muss die Streitereien zwischen mir und JJ satthaben. Glaub mir, Kie, das habe ich auch.

JJ senkt den Blick, als er sich ebenfalls umdreht. Ich schaue ihm nach. Er wirft das Werkzeug neben das Lagerfeuer, als er im Schloss verschwindet. John B legt seine Hand auf meine Schulter und geht dann ebenfalls rein.

Mein Blick huscht zur Twinkie. Dann zum Schloss. Ich beisse mir auf die Zähne.

Schliesslich entscheide ich mich für den Van. Ich gehe zum Wagen, steige ein, starte den Motor und fahre los.

The Darkest Summer | OBX2Where stories live. Discover now