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Mirolan

Mein Vater hatte mich auf dem Weg zum Frühstück abgefangen und um ein ernstes Vater-Sohn-Gespräch gebeten. Einige Passagen daraus will ich ehrlich gesagt nicht wiederholen, aber grob gesagt, es ging darum, was sich alles verändern würde und welche Pflichten ich haben würde, wenn ich eine Frau ausgewählt hatte. Eigentlich nichts, was ich nicht schon gewusst hätte.

Als der König endlich fertig war und mir väterlich den Arm um die Schulter legte, sagte er noch: "Keine Sorge, deine Mutter und ich bleiben ja und unterstüzen dich - genau wie deine Frau"

Meine Frau. Merkwürdiges Gefühl das auszusprechen. Bald würde ich heiraten - ich war bereits verlobt!
Früher, vor den letzten beiden Weltkriegen, so hatte man mir erzählt, entschieden die Leute frei, wann sie sich vermählten. Sie hatten keinen Druck, weil alle gleichermaßen Chancen auf gute Berufe hatten und diese meist auch nutzten.
Doch jetzt entschied die Kaste, in die man hinein geboren wurde, welchen Beruf man ausübt und wenn du darin nicht gut bist, hast du eben Pech. Deshalb verheirateten Eltern ihre Kinder auch schon früh, möglichst mit jemanden aus einer höeren Kaste.

Ich ging wie von selbst zu Yora's Zimmer. Als ich klopfte öffnete eine Zofe, Loren, die Tür und sah mich aus großen Augen an, bevor sie sich schnell tief verbeugte.

"Guten Tag", grüßte ich freundlich, "Ist Yora bereits vom Frühstück zurückgekehrt?"

"Nein, euer Hoheit", erwiederte sie, "Aber sie müsste gleich kommen... Wollt Ihr im Zimmer auf sie warten?"

"Wenn Ihr es mir gestattet, wäre ich gerne bereit dazu"

Die junge Frau lächelte und hielt mir die Tür auf. Ich trat ein und sah mich in Yora's Zimmer um. Auf dem Nachttisch neben ihrem Bett stand tatsächlich der einzelne Schuh, von dem Abend nach dem Unterricht bei meinem Vater. Ich lächelte, meiner der beiden stand ebenfalls neben meinem Bett.

"Wollt Ihr Euch setzen?", Loren deutete auf einen der drei Stühle, die um den Schreibtisch herum standen, "Möchtet Ihr etwas trinken oder essen?"

"Keine Umstände, bitte", protestierte ich und ließ mich dennoch auf einem der Stühle fallen.

"Das sind doch keine Umstände", erwiederte die Zofe, "Ich hörte, Ihr wart nicht beim Frühstück" Mit diesen Worten eilte sie hinaus.
Ich sah ihr eine Zeit lang nach und lächelte still in mich hinein, merkwürdigerweise konnte ich gar nicht mehr damit aufhören.
Loren kehrte kurze Zeit später zurück, in den Händen ein kleines Tablett mit einer Apfeltasche und einer Tasse voll Kafe, dass sie vor mir auf dem Schreibtisch abstellte.
"Habt vielen Dank", sagte ich und von meinem knurrenden Magen mutiviert, griff ich sofort zu der Tasche. Die junge Zofe nickte lächelnt und setzte sich dann ebenfalls an den Tisch, wo sie anscheinend damit fortfuhr, Kleiderskizzen anzufertigen.

Ich hatte mein kleines Frühstück gerade halb aufgessen, als die Tür aufschwang. Yora stand mit dem Rücken zu mir und verabschiedete sich gerade mit einem Lächeln von Silver. Als sie sich umdrehte, wirkte sie überrascht mich zu sehen, grinste dann jedoch breit.

"Hey", sagte sie leise. Loren hinter mir hüstelte leicht.

"Äh, eure Hoheit", fügte sie schnell hinzu und verneigte sich.

Ich stand auf und wischte mir schnell einen Kirschtropfen von der Lippe. "Hallo", lächelte ich.

"Äh...Loren?", wante sich Yora an ihre Zofe, sah mich dabei jedoch unentwegt an, "Tailea und Elizabeth warten im Damensalon auf dich"

"Oh", sagte die Zofe, legte ihre Blätter zusammen und verbeugte sich nocheinmal. Dann eilte sie aus dem Raum.

"Suchen die beiden Loren wirklich oder hast du dir gerade überlegt, dass sie gehen soll?", fragte ich, sobald hinter der Zofe die Tür zu ging.

"Ja", entgegnete Yora schelmisch grinsend, kam auf mich zu und legte die Arme um meinen Nacken.

Ich erwiederte ihre Umarmung sanft und atmete ihren Geruch ein. Als sie mich wieder los ließ, sank ich auf meine Stuhl zurück und biss genüßlich in meine Kirschtasche.

"Tsss", machte Yora und zog sich einen Stuhl heran, "Erst nicht zum Frühstück kommen und dann noch meine Zofe für dich Essen holen lassen"

Ich schluckte den letzten Bissen herunter. "Sie hat es mir angeboten"

"Weil du der Prinz bist", entgegnete sie, "Aber egal. Warum bist du eigentlich hier?"

"Darf ich mein Lieblingsmädchen nicht einfach so besuchen?", Yora, die sich meinen Kafe genommen hatte, schaute mich über den Tassenrand an und hob eine Augenbraue.

Ich seufzte. "Aber... du hast Recht, ich muss dir etwas sagen - besser gesagt dich etwas fragen"

"So?", sie setzte die Tasse ab und rückte näher.

"Du kennst Lady Chloé?"

"Die kleine, schüchterne?", Yora spielte an einer Haarsträne.

"Ja"

"Was ist mit ihr?", wollte sie wissen.

"Ich möchte, dass sie hier bleibt", sagte ich gerade heraus.

Yora hielt mitten in der Bewegung inne. Ganz langsam hob sie den Blick. Etwas flackerte in ihren Augen. "Was?", fragte sie nach einer halben Ewigkeit mit erstickter Stimme.

"Naja, also Chloé kommt auch aus einer... schwierigen Familie. Ihr Vater schlägt sie", erklärte ich, "Ich kann sie einfach nicht nach Hause schicken, bis wir keine Lösung für sie gefunden haben"

Yora sprang beinahe auf, kamnauf mich zu und presste ihre Lippen auf meine. Etwas perplex erwiederte ich ihren Kuss, wobei ich sie genauso fest an mich drückte, wie sie mich. Als ich meine Lippen von ihren löste, sah ich sie mit einem erklärungsuchenden Blick an, ließ sie jedoch nicht los.

"Ich dachte, dir wär aufgefallen, dass du sie liebst, dass du mich doch nicht willst, dass...", sie schniefte mit einem schiefen Grinsen.

"Oh Yora", murmelte ich und sah ihr direkt in die tief blauen Augen, während ich ihr sanft übers Haar fuhr, "Ich liebe dich, und nur dich. Nichts wird das je ändern. Du bist die einzige, die mich glücklich machen kann. Und du wirst es immer bleiben, bis wir beide alt sind und uns kaum noch bewegen können. Selbst dann noch wirst du für mich die schönste aller Frauen sein. Warum willst du das nur nicht verstehen?"

Yora lächelte, Tränen glänzten in ihren Augen. "Ich bin nicht daran gewohnt so geliebt zu werden - und so sehr zu lieben"

Ich zog sie näher zu mir und küsste sie noch eibmal. "Ich werde dich jeden Tag daran erinnern, bis du es endlich glaubst und verstehst - und wenn es mein Leben lang dauert", sagte ich zuversichtlich, nachdem wir uns wieder von einander gelöst hatten.

Yora setzte sich auf meinen Schoß und schmiegte sich an meine Brust. "Ich fange an zu verstehen"

The Selection ~ Yora's GeschichteWhere stories live. Discover now