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~Epilog~

Ich atmete tief durch. Ich war gerade in dem Zimmer aufgewacht, dass ich während des Castings und der letzten Wochen, nachdem ich das Krankenzimmer verlassen durfte, bewohnt hatte. Ein letztes Mal hier. Heute war es soweit, alles war bis auf das kleinste Detail durchgeplant.

Ich stand auf und blickte nach draußen. Es war noch früh, die Sonne war noch nicht aufgegangen und Tau glitzerte auf der Wiese. Ich ging auf den Balkon und sog die frische Luft ein. Es war jetzt bereits angenehm warm und am noch dunkel blauen Himmel hingen wenige weiße Wolken. Während ich auf meine Zofen wartete, die mich in den ehemaligen Damensalon bringen würden, um mich dort mit einer Menge "Speziallisten" für die Hochzeit fertig zu machen, blickte ich in den Garten hinunter. Vereinzelt trieben sich hier bereits Wachen und Diener herum und trafen Vorberitungen für die anschließende Feier.

Heute heirate ich, versuchte ich mir klar zu machen, heute ist das, was die meisten als schönsten Tag ihres Lebens bezeichnen. Ab heute werde ich für immer zu Mirolan gehören. Ich lächelte.

"Seid Ihr bereit?", erklang eine Stimme hinter mir.
Ich drehte mich zu Tailea um und nickte mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

Im Salon angekommen, wurde ich sofort von einer Menschenmasse umringt. Ich saß auf einem gemütlichen Drehstuhl in der Mitte des Raumes. Zunächst wurden meine Beine, Augenbrauen und was es sonst noch so gibt von überschüßigen Haaren befreit, und danach wurde meinen Körper mit einer nach Rosen duftenden Creme eingerieben.

Ein Team aus drei mittelalten Frauen machte sich daraufhin daran, meine Nägeln und alles, was es noch an Makeln an meinen Händen und Füßen gab, auf zu hübschen. Meine Haare wurden währenddessen zweimal gewaschen, gefönt und geglättet. Zusätzlich war mein Gesicht in eine Maske gelegt worden und ich drufte mir noch einmal den haargenauen Ablauf des Tages anhören und musste ihn dann wiedergeben.

Dann kam das ganze eigentliche Schönheitsprogramm. Mein Gesicht wurde geschminkt, nicht so sehr wie andere es vielleicht gemacht hätten, aber dennoch stark für meine Verhältnisse, und meine Haare wurden kunstvoll nach Oben gesteckt, wo sie von kleinen Klammern aus weißen Rosen fixiert und mit weißen Bändern verschönert wurden.

Und schließlich kam mein Kleid an die Reihe. Es hatte Ewigkeiten gedauert, bis die Königin und ich ein Kleid gefunden hatten, mit dem wir beide zufrieden waren. Aber dieses - mein - Hochzeitskleid liebte ich einfach und es saß damals wirklich bereits bei der ersten Anprobe perfekt, die Königin hatte lediglich noch ein paar wenige Feinheiten ändern lassen müssen.
Bevor ich heute jedoch das Kleid anzog, streifte ich mir zunächst das neue Korset über. Es war genau an das Kleid angepasst und schloß sich an meinem Rücken nur an einer kleinen Stelle. Nachdem man mir in das Kleid geholfen und den wenigen Schmuck, bestehend aus weißen Rosenohrringen und einem paar fast durchsichtiger Armstulpen, angelegt hatte, zog ich die Schuhe an. Sie hatten Absatz und ich hatte sie einige Tage zuvor erst einlaufen müsssn, aber sie saßen perfekt und ich war mir sicher einen Tag darin gut aushalten zu können. Meine Haare und das Make-Up wurden noch einmal genaustens überprüft und die letzten Makel behoben. Und dann verließen alle den ehemaligen Damensalon, bis ich alleine zurück blieb. Es war einige Zeit seit meiner Ankunft im Salon vergangen, als ich langsam und bedächtig zum Spiegel schritt, denn die Sonne schien bereits durch die hohen Fenster hinein.

Ein Schritt noch, und ich würde mich in dem Spiegel erkennen können. Ich atmete aus. Ich schob den ersten Fuß vor, dann stellte ich den zweiten daneben und hob langsam den Kopf.

Ich schnappte überrascht nach Luft. Das Mädchen, oder besser die junge Frau, die mir gegenüber stand, sah aus wie ich und doch wieder nicht. Das Gesicht war perfekt, keine Schönheitsfehler und das Haar saß da wo es sollte, ganz anders als sonst. Und doch war ich es, die mir entgegen sah, das erkannte ich an den muskulösen Armen und den beiden kleinen Muttermalen, die ein Stück unterhalb meines Halses nebeneinander lagen. Im Gegensatz zu den anderem an meinem Hals waren sie nicht abgedeckt worden, und irgendwie wirkten sie gut, so als sei ich immer noch ich.

The Selection ~ Yora's GeschichteWhere stories live. Discover now