Kapitel 37 Schokolade

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Kapitel 37

Schokolade

   Ich spüre wieder dieses komische Gefühl, dass ich hatte, als Sin mich in die Dschinnwelt gebracht hat. Das kann nur bedeuten, dass ich endlich nach Hause darf. Jerome bringt mich endlich nach Hause in die echte Welt. Ich bekomme davon aber nicht allzu viel mit, da ich mich an ihn klammere und nicht mehr loslassen möchte. Ich habe meine Augen zu, befürchtend, dass wenn ich sie öffne, ich wieder in der Gefängniszelle oder auf der Bühne bin. Ich weiß, dass es nur mein Gehirn ist, dass mich auf diese falschen Gedanken bringt aber ich kann einfach nicht.

   Ich kann nicht begreifen, dass es tatsächlich vorbei ist. Ich habe einige qualvolle Stunden in Ungewissheit hinter Gittern verbracht. Abgeschnitten von der Außenwelt, abgeschnitten von meiner Familie, die sich bestimmt totale Sorgen um mich gemacht haben. Ich möchte gar nicht wissen, welche Sorgen ich meinen Adoptiveltern bereitet habe. Welche Sorgen ich meinen Freunden bereitet habe.

Sie werden mich bestimmt überall suchen. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass vielleicht Zetteln mit meinem Gesicht und dem Schriftzug: Vermisst! in der Stadt verteilt sind. Dabei kann ich Ihnen allen nicht einmal sagen wo ich war, und warum ich wieder da bin. Wer würde mir glauben, dass ich in der Dschinnwelt festgehalten wurde? Wer würde mir glauben, dass ich fast geköpft worden wäre? Niemand. Sie würden mich für verrückt halten. Ich weiß nicht was ich machen soll.

Ich spüre weiche Stoffe unter mir und mein Kopf versinkt in einem Kissen, das den vertrauten Geruch nach Kirsche verströmt. Ich würde es überall erkennen. Das ist mein Kissen. Entspannt atme ich aus. „Cotton. Du bist wieder zuhause. Du kannst die Augen aufmachen. Hier wird dir nichts passieren.“, versucht mich Jerome mit einer sanften Stimme aufzumuntern. Alles was ich jetzt will ist meine Ruhe. Ich will über das Geschehen nachdenken und mich damit abfinden. 

Langsam öffne ich die Augen und sehe rund um mich. Ich bin wirklich wieder in meinem Zimmer. Alles liegt und steht am selben Platz wie ich es verlassen hatte. Jerome sitzt an meiner Bettkante und sieht mir zu. Ich hätte gedacht, dass ich ihn nie wieder sehen werde. Das letzte Mal war als uns die Wachmänner abgeholt haben. Danach konnte ich nichts mehr sehen, da sie meine Augen verbunden haben.

Ich genieße es für einen kurzen Moment ihn einfach nur anzusehen und ein Lächeln bildet sich auf meinen Lippen. Auch wenn er verwirrte Haare hat und ein wenig fertig aussieht, finde ich ihn trotzdem attraktiv. Ich könnte ihn stundenlang ansehen. Ich nehme seine Hand und seufze.

„Wie lange waren wir fort? Welcher Tag ist heute?“, frage ich schließlich mit belegter Stimme. Er räuspert sich kurz und lässt dann ein Handy in seiner Hand erscheinen, auf das er sieht.

„Drei Tage. Es waren nur drei Tage, Cotton.“, sagt er und hält mir das Handy vor die Nase.

„Drei sehr lange Tage. Ich kann es gar nicht glauben. Am liebsten würde ich jetzt für ein paar Tage schlafen, so müde bin ich.“, sage ich und muss auch schon gähnen. Jerome nickt verständlich.

„Ich wird dich auch nicht länger stören. Schlaf dich aus und später komm ich noch einmal vorbei.“ Jerome erhebt sich aber ich halte ihn auf. „Halt. Was ist mit meinen Eltern? Sie machen sich bestimmt Sorgen. Ich war doch so lange weg.“ Ich setze mich aufgeregt auf und halte mir dann den Kopf, da dieser zu schmerzen beginnt.

Jerome fährt sich durch die Haare und überlegt kurz. „Ich werde das schon regeln, Cotton. Sie werden gar nicht wissen, dass du überhaupt fort warst. Ruh dich jetzt ein wenig aus. Ich wird auf jeden Fall einmal duschen gehen.“ Das verschafft mir Erleichterung. Dann habe ich eine Sache weniger um die ich mich sorgen muss. Ich sinke wieder zufrieden in meine Kissen zurück. Duschen werde ich später.

Jetzt muss ich erst einmal meinen Schlaf nachholen. Und ich werde nicht nur schlechtes träumen, das nehme ich mir vor. Schließlich habe ich jetzt Jerome und das ganz für mich alleine.

*****

Nach meinem Schönheitsschlaf, der eigentlich ein Hässlichkeitsschlaf war, da ich anschließend vor meinem eigenen Spiegelbild erschrocken bin, habe ich mich erst einmal nach unten in die Küche gewagt und meine Eltern mit einer freundlichen Umarmung überrascht. Das haben sie nicht erwartet aber definitiv verdient. Sie sind das Beste und liebste was ich habe und je haben werde. Dann habe ich ausreichend gefrühstückt, da ich das Gefängnisessen gar nicht leiden konnte und es genossen, gesund, frei und verliebt zu sein. Das Geschehen versuche ich so weit es geht zu vergessen und im Hier und Jetzt zu leben.

Ich verabschiede mich von meinen Eltern und gehe wieder die Treppen nach oben um mich um mein Spiegelbild zu kümmern und mich zu duschen. Die Hasenschlapfen werfe ich auf mein Bett und suche mir einen Bademantel und Handtücher aus der Schublade. Danach geht’s ab ins Bad, doch ich bleibe bereits davor irritiert stehen. Aus dem Bad kommt Dampf und da meine Eltern unten sind, können sie es nicht sein.

Ich mache langsam die Tür auf. „Oh.“, sage ich verdutzt.

„Du kannst nie wieder sagen, dass ich nicht romantisch wäre, Cotton.“, sagt Jerome, der mitten im Bad mit einer großen Pralinenschachtel steht. Er sieht viel besser aus, jetzt wo er sich auch erholt hat und ich lächle. Die Gefühle, die ich spüre wenn ich ihn sehe sind einfach nur unglaublich.

„Nein, das kann ich wohl nicht.“, gebe ich zu und gehe auf ihn und die heißgeliebte Schokolade zu. Jerome zieht mich sanft in seine Arme und gibt mir einen leichten Kuss auf die Lippen. Ich bekomme sofort eine Gänsehaut und will mehr. Wir küssen uns noch einmal und dann schnappe ich mir die Pralinen. „Meine Lieblingssorte. Woher wusstest du das?“, frage ich und reiße die Verpackung auf. Er kichert leicht und schüttelt den Kopf. „Ich hab geraten.“ Ich sehe ihn misstrauisch an und nicke dann.

„Okay. Aber hey, womit habe ich das Bad verdient?“, frage ich und zeige auf die Badewanne, die gefüllt ist mit heißem Wasser und einer Menge Schaum. Rundherum sind Rosenblätter verstreut und es sieht einfach nur himmlisch aus. Er hat sich echt Mühe gegeben.

Jerome berührt mich an der Taille und legt seinen Kopf an meine Schulter. „Nach den Tagen wollte ich dir eben was Gutes tun.“ Das ist so lieb von ihm. Ich schmiege mich an ihn und koste die Schokolade. Das ist das Beste was es gibt.

„Danke.“, sage ich und gebe ihm noch einen Kuss bevor ich ihn aus dem Bad schiebe. Er sieht mich verdutzt an und beschwert sich: „Hey, darf ich nicht mit in die Badewanne? Ich hab mir so viel Mühe gegeben.“

„Das kannst du dir abschminken, Mister. Aber netter Versuch.“, sage ich lachend und knalle die Tür hinter mir zu. Dass er es immer wieder versucht, finde ich witzig. Schließlich ziehe ich meine Sachen aus, lasse mich in die Wanne sinken und genieße die Ruhe und die Schokolade.

Like Cotton Candyحيث تعيش القصص. اكتشف الآن