7. Kein Entkommen

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Ich sitze auf meinem Bett und schaue aus dem winzigen Fenster, während ich Pommes esse, die man mir auf den Tisch gestellt hat. Mein Abendessen: kalte Pomme und Wasser. Wenn ich ehrlich bin, reicht das sogar. Ich habe schon seit einiger Zeit keinen großen Hunger mehr, weil mich die ganzen Ereignisse stressen und mein Magen sehr empfindlich ist. Wenn ich zu viel esse, wird mir schlecht. Außerdem habe ich das Gefühl, wenn ich zu viel esse, dass ich wie diese Monster enden werde. Jeden Tag sehe ich, wie diese Kreaturen Essen verschlingen. Das sieht nicht schön aus und ich möchte nicht so sein.

Es gibt viele Monster auf dieser Welt. Ich habe immer gedacht, dass die Menschen die einzigen Monster auf dieser Welt sind. Aber offenbar habe ich mich geirrt. Wer weiß, wie vielen Monstern ich in meinem alten Leben begegnet bin, ohne es zu merken. Einige Kreaturen konnten sich bestimmt unter die Menschenmassen mischen und unbemerkt bleiben. Sie leben ganz normal wie wir.

Die Straße ist überfüllt. Verschiedene Monster laufen durch die Gegend und gehen ihren Geschäften nach, so wie es auch die Menschen immer tun. Es sieht so vertraut und gleichzeitig so fremd aus. Dieser Ort muss mitten im Nirgendwo liegen, wo kein Mensch Zutritt hat. Im Hintergrund erkenne ich zahlreiche Berggipfel, es sieht wunderschön, fast idyllisch aus.

Ich habe keine Ahnung, wie ich hierher gekommen bin. Das Letzte, woran ich mich erinnere, bevor ich hier in diesem Bett aufgewacht bin, ist, dass ich von zu Hause weggelaufen bin, weil ich den Streit meiner Eltern nicht mehr ertragen konnte. Meine Eltern haben sich wieder wegen Kleinigkeiten gestritten. Ich weiß nicht mehr genau, worum es ging, aber ich erinnere mich, dass ich keine Luft mehr bekommen habe und nach draußen gehen musste. Ich bin die Straße entlang gelaufen und dann ist alles verschwommen. An den Rest kann ich mich nicht mehr erinnern.

Als ich in dem Zimmer aufgewacht bin, bin ich wie eine Verrückte aus dem Zimmer gerannt und wollte zu meinen Eltern. Aber als ich die ersten Monster sah und anfing zu schreien, ist einer der Mitarbeiter gekommen und hat versucht, mich zu beruhigen.

Sie hat mich geschlagen. Immer und immer wieder, bis ich mich beruhigt hatte und sie anflehte, mich gehen zu lassen. Ich konnte meinen eigenen Augen nicht trauen. Kein Wunder. Zum ersten Mal sehe ich seltsame Kreaturen und soll ruhig bleiben. Wer wäre schon ruhig geblieben? Ich konnte es nicht. Zuerst hatte ich noch gedacht, ich würde träumen, aber der Schmerz, den ich spürte, war echt.

Irgendwann habe ich Blut gespuckt und den Schmerz in meinem Gesicht gespürt. Das Adrealin ließ nach und ich realisierte, in was für einer Situation ich mich befinde.

Danach hat sie versucht, mich mit Worten zu beruhigen. Natürlich hat das nach den Schlägen geholfen. Aber die Angst ist wiedergekommen, als ich meinen Chef zum ersten Mal getroffen habe.

Er hat mich angeschaut und wusste schon, was los ist. Er kennt diese Situation. Kein Wunder, schließlich bekommt er jedes Mal neue menschliche Kandidaten.

Er hat auf sehr freundliche Art und Weise gesagt: ,,Du wirst ab heute für mich arbeiten oder du landest auf dem Küchentisch des Kochs".

Ich wollte wieder schreien, aber als er näher kam und mein Gesicht in seinen Händen hielt, verstummte ich schnell. Seine warmen Hände schafften es, mein Gesicht vollständig zu bedecken. Mit seiner rechten Hand wischte er mir die Tränen von der Wange. Es war sehr zärtlich und ich konnte mich sogar beruhigen. Ich begriff schnell, dass ich gehorchen musste.

Erst im Nachhinein ist mir klar geworden, dass er mich auf irgendeine Weise kontrolliert hat.

Er braucht mich, deshalb hat er mich nicht umgebracht. Er hat mich bedroht, um mich dazu zu bringen, das zu tun, was er von mir will.

,,Du musst den Kunden ihr Essen bringen und sie unterhalten. Das ist alles, was ich von dir verlange", stellte er klar, während er mein Gesicht losließ und mich dann in eine Umarmung zog. Ich fühlte mich tatsächlich sicher und vergaß alles um mich herum. Ich hatte nicht einmal bemerkt, dass der Angestellte gegangen war. Ich konzentrierte mich nur auf die Umarmung.

Heute weiß ich, dass er kein zärtlicher Typ ist. Er hat Hintergedanken, die niemand hier kennt. Ich habe einige Menschen gesehen, die hier in diesen Räumen untergebracht waren, und immer wieder sind einige nicht zurückgekommen. Andere kamen mit gebrochenen Knochen oder mit Verletzungen zurück. Sie sahen aus wie Zombies. Ich hatte nie den Mut, sie zu fragen, was passiert ist. Vielleicht haben sie gegen die Regeln verstoßen, andere Gründe fallen mir nicht ein. Ich schüttele den Kopf, um diese Gedanken zu vertreiben.

Ich greife nach der Wasserflasche, öffne sie und nehme einen großen Schluck. Mein Blick wandert wieder nach draußen auf die Straße. Ich höre einen Schrei. Eine vertraute Stimme.

Sofort mache ich mich auf die Suche nach der Person und finde sie. Stefan wird von zwei riesigen Monstern festgehalten und durch die Straßen gezogen. Ich schiebe den Teller mit den Pommes und die Wasserflasche zur Seite. Ich folge Stefan und versuche zu sehen, wohin sie ihn bringen, aber als sie rechts abbiegen, verschwindet auch Stefan aus meinem Blickfeld. Mein Herz rast. Wo bringen sie ihn hin? Was wollen sie von ihm?

Ein paar Stunden später erhalte ich die Antwort. Stundenlang sitze ich vor meiner Zimmertür und beobachte, wie meine Kollegen ihr Zimmer verlassen oder darin verschwinden. Keiner grüßt. Keiner will sich mit mir unterhalten. Nein, anscheinend hat jeder eingesehen, dass ein engerer Kontakt nichts bringt. Ich will nicht so sein.

Irgendwann taucht Stefan auf. Er sieht mich nicht sofort, aber als er näher kommt und mich auf dem Boden sitzen sieht, beginnen seine Lippen zu beben. So habe ich ihn noch nie gesehen. Seine Stirn ist geschwollen, er humpelt zu mir, seine Oberlippe ist aufgeplatzt. Er sieht schrecklich aus. Zögernd laufe ich zu ihm und nehme ihn dann in den Arm. Ich drücke ihn so fest an mich, wie ich kann.

,,Warum tun sie das?", sage ich mit zitternder Stimme, während mir die Tränen über das Gesicht laufen. Stefan fällt auf die Knie. Ich streiche über seinen Rücken.

Ich bin nicht der Typ, der irgendwelche Sprüche loslässt, also halte ich ihn ruhig in meinen Armen. Er sagt nichts, und ich bin mir auch nicht sicher, ob ich Antworten auf meine Fragen haben will. Aber eines weiß ich. Dieser Vorfall zeigt mir, dass ich nichts wert bin. Das letzte bisschen Hoffnung, das ich noch habe, ist für immer verloren.

Ich biss fest die Zähne zusammen und balle meine Händen zu Fäusten. Meine Fingernägel bohren sich dabei in mein Fleisch. Diesen Schmerz brauche ich jetzt.

Ein paar Augenblicke vergehen, und irgendwann spüre ich wieder diese Spannung durch meinen ganzen Körper rasen. Mein Blick wandert den Flur hinunter und an der Treppe sehe ich wieder unseren Chef. Er beobachtet uns. Dieser Mann ist schuld an unserer Lage.


Monster -Die schöne IllusionWhere stories live. Discover now