Kapitel 56

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Kajas POV

„A broken heart is all that's left
I

'm still fixing all the cracks
Lost a couple of pieces when
I carried it, carried it, carried it home"
Duncan Laurence - Arcade

Laut schluchzend ließ ich mich seitlich auf das Krankenhausbett fallen. Ich presste mir instinktiv meine freie Hand auf meine bebenden Lippen, während ich versuchte diesen unerträglichen Schmerz, der sich in meinem Körper ausbreitete, zu verdrängen. Mein Herz schien mit jedem Atemzug mehr in meiner Brust zu zerspringen und ich hatte das Gefühl mein gesamter Körper stünde in Flammen, während ich mich auf eine möglichst gleichmäßige Atmung konzentrierte. In mir herrschte abolute Leere und meine Hand fuhr immer wieder wie in Trance über meinen Bauch, der noch immer gewohnt flach war. Es war für mich absolut surreal, dass bis vor zwei Stunden noch ein Kind in mir gelebt haben sollte. Und auch wenn ich bisher nichts von dieser Tatsache wusste, so ertrug ich diesen unbändigen Schmerz des Verlustes einfach nicht. Ich konnte nicht fassen, dass dieser dumme Streit mit Julian ein solch tragisches Ende nehmen musste. Für den Bruchteil einer Sekunde verfluchte ich uns beide dafür, dass wir uns nicht einfach wieder vertragen hatten, doch dann spielten sich vor meinem inneren Auge wieder diese Bilder von ihm und der Physiotherapeutin ab. Wie er sie grinsend an sich gezogen und wie sie ihre Lippen auf seine Wange gedrückt hatte. Der kurze Film lief wie in einer Endlosschleife vor mir ab und ich konnte nur wieder und wieder den Kopf schütteln, ehe mich ein erneuter heftiger Weinkrampf erzittern ließ. Mein Herz zog sich krampfhaft zusammen und ich zog beinahe instinktiv meine Beine an meinen Körper, um mir selbst irgendwie den Halt zu geben, den ich gerade brauchte.

Ich wusste, dass Julian binnen weniger Minuten hier bei mir sein würde, wenn ich ihn nur ließ, doch ich konnte seine Nähe gerade einfach nicht ertragen. Es war nicht die Tatsache, dass ich ihm die Schuld am Verlust des Babys gab. Nein, es war einfach dieses Gefühl von ihm hintergangen worden zu sein. Ich hatte niemals damit gerechnet, dass er mich genauso verletzen und betrügen würde wie Kevin, doch offenbar hatte ich mich da getäuscht. Dieser Moment, in dem er mich in seine Arme geschlossen hatte, hatte mir klar gemacht, dass ich einfach nicht in der Lage war diese Bilder in meinem Kopf so einfach zu vergessen. Auch wenn ich wusste, dass es absolut nicht fair war ihn auszuschließen, so konnte ich seine Nähe gerade einfach nicht ertragen. Es brach mir das Herz, dass Julian mich so hintergangen hatte, obwohl er selbst am besten wusste wie schlecht es mir wegen der Situation mit Kevin ging. Und auch wenn mich Sophia immer vor ihm gewarnt hatte, so hatte ich immer daran geglaubt, dass das zwischen uns etwas Anderes war. Julian war immer mein Anker gewesen und hatte mich geerdet, wenn es mir schlecht ging. Und nun lag ich hier und der Schmerz in meinem Inneren zerriss mich förmlich.

Ich wusste nicht wie lange es her war, dass Jannis und Julian mein Zimmer verlassen hatten und ich alleine vor mich hin weinte, doch ich schaffte es einfach nicht mich zu beruhigen. Der Arzt hatte mir angeboten mir ein Beruhigungsmittel zu verabreichen, doch ich hatte dankend abgelehnt. Ich brauchte diesen Schmerz und diese Trauer, um zu realisieren, dass Julian und ich tatsächlich um ein Haar Eltern geworden wären. Aufgrund unserer noch sehr jungen Beziehung hatten wir bisher nie darüber geredet oder uns Gedanken über Nachwuchs gemacht, doch ich war mir sicher, dass Julian ein wunderbarer Vater wäre. Meine vom Weinen trockenen Lippen verzogen sich für den Bruchteil einer Sekunde zu einem leichten Anflug eines Lächelns, als ich an den Jungen auf dem Shuttle-Schiff dachte, um den sich Julian wirklich rührend gekümmert hatte. Er war zu seinen jungen Fans immer sehr liebevoll und freute sich über jeden einzelnen von ihnen. Ich erwischte mich für einen Augenblick dabei, dass ich mir Julian mit einem kleinen blonden Jungen auf dem Arm vorstellte, der dem Fußballer wie aus dem Gesicht geschnitten war, und mein Herz zog sich erneut schmerzhaft zusammen. Ich schüttelte wie in Trance immer wieder und wieder mit dem Kopf, während ich meine Augen fest zusammenkniff, um diese Bilder aus meinem Kopf zu verdrängen. Ich musste der Realität ins Auge blicken. Es würde vorerst keinen Mini-Julian geben, der unsere frische Beziehung auf die Probe stellen würde. Und das nur wegen eines dummen Streits und meiner Leichtsinnigkeit mich in meinem Zustand hinter das Steuer eines Fahrzeuges zu setzen.

All I Need (Julian Brandt)Donde viven las historias. Descúbrelo ahora