Kapitel 58

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Kajas POV

„Vielleicht nicht jetzt.


Aber irgendwann, ja irgendwann ist jeder Schmerz irgendwann auch mal vergangen."


Ela - Irgendwann



Seufzend fuhr ich mir mit einer Hand durch die Haare, ehe ich mir ein weiteres Dokument von dem Stapel auf dem Küchentisch schnappte. Ich war nun seit drei Tagen bei Kai und Sophia und hatte mich dazu bereit erklärt meiner Freundin bei der Bearbeitung der Anträge für den bevorstehenden Umzug zu helfen. Natürlich war dies nicht ganz uneigennützig, denn die Arbeit lenkte mich von diesem Gefühlschaos in mir ab - wenn auch nicht vollständig. Dafür war dieser Schmerz in meiner Brust einfach zu groß. Doch die Zeit machte es einfacher. Jannis hatte sich nach meinem Entschluss nicht davon abbringen lassen mich nach Leverkusen zu fahren und meine beste Freundin hatte mich selbstverständlich mit offenen Armen empfangen. Wie auch beim letzten Mal, als ich von einem Mann so verletzt wurde. Wir hatten an diesem Abend noch ein sehr langes Gespräch miteinander geführt und Sophia hatte mir mehr als einmal ihr Mitleid bekundet, bis wir schließlich mit einer Flasche Wein auf dem Sofa versackt waren. Durch die Tatsache, dass Kai Julian Beistand geleistet hatte, waren die beiden natürlich bereits über die Geschehnisse informiert, doch es tat trotzdem gut mir meinen Kummer einmal von der Seele zu sprechen. Kai hatte uns Mädels irgendwann allein gelassen, während wir beide noch bis tief in die Nacht auf der bequemen Couch gesessen hatten. Dies hatte mir zumindest für den Moment geholfen, doch noch immer wurde ich nachts wach, da ich entweder von Julian oder dem Unfall träumte. Ich vermisste ihn, doch ich war noch immer nicht in der Lage ihm gegenüber zu treten. Ich hatte einfach Angst vor einer Konfrontation, da ich mir nicht so sicher war, ob ich ihm wieder so vertrauen konnte. Der Blonde hatte sich während den letzten Monaten zum wichtigsten Menschen in meinem Leben entwickelt und ich konnte noch immer nicht fassen, dass er mir so wenig Vertrauen entgegen brachte.



Ich wusste von Kai, dass er sich Linda ziemlich geöffnet hatte und mit ihr über all die Dinge sprach, mit denen er mich nicht belasten wollte. Zumindest war das Julians Erklärung dafür, dass er sich vor mir so verschlossen hatte. Doch für mich wirkte es eher wie fehlendes Vertrauen und das war es, was mich so zum Nachdenken brachte. Dies änderte allerdings nichts an der Tatsache, dass auch hier in meinem Bett eines seiner Shirts lag, die er bei seinen Besuchen in Köln mal bei mir vergessen hatte. Es verlor so langsam seinen Geruch wie ich erst heute Früh traurig festgestellt hatte und doch brauchte ich zumindest diesen kleinen Teil von Julian bei mir, wenn ich schon nicht in der Lage war ihn persönlich an mich ran zu lassen. Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen und ich presste meine Lippen fest aufeinander. Sophias Hand, die sich vorsichtig auf meinem Unterarm ablegte, riss mich aus meinen Gedanken und ich sah fragend in ihre Richtung, ehe ich ihrem besorgten Blick begegnete. Wir hatten uns darauf geeinigt, dass sie mich nicht mehr ständig zu meinem Gemütszustand befragte, doch gerade schien ich wohl mal wieder einen sehr schlimmen Moment zu haben, weshalb ich mir versuchte ein zaghaftes Lächeln aufzuzwingen, was mir jedoch eher schlecht als recht gelang. „Du weißt, dass du mir nicht helfen musst, oder? Ich meine...wenn du mal eine Runde raus musst, um nachzudenken, dann kannst du dir auch Balou schnappen", sprach die Braunhaarige mit ruhiger Stimme und ich gab ihr mit einem Nicken zu verstehen, dass ich sie verstanden hatte. „Ich weiß, aber mich lenkt das hier von diesem Gedankenkarussel ab, das sich in meinem Kopf dreht", gab ich ehrlich zu und Sophia nickte wissend. „Ich meine ja nur. Der kleine Knopf bringt dich vielleicht auf andere Gedanken", schob sie hinterher, doch ich schüttelte nur entschlossen mit dem Kopf. Es war nicht gelogen. Zumindest tagsüber, während Sophia und ich über den Anträgen brüteten, musste ich nicht permanent an Julian denken.



„Wir können das auch nachher fertig machen, wenn..." , setzte sie an, doch sie wurde von der Wohnungstür unterbrochen, die laut ins Schloss fiel. Balou, der bis eben noch auf meinen Füßen gelegen und geschlafen hatte, erhob sich ruckartig und lief schwanzwedelnd in den Flur, um seinen Besitzer zu begrüßen, der scheppernd seine Trainingstasche im Durchgang zur Wohnküche fallen ließ, ehe er sich zu dem weißen Fellknäul herunter beugte, um den kleinen Rüden freudig zu begrüßen. Der Anblick zauberte mir für einen kleinen Augenblick ein leichtes Lächeln auf die Lippen. Kai liebte seinen Hund wirklich von ganzem Herzen und der junge Rüde hatte riesiges Glück bei ihm gelandet zu sein. „Na ihr beiden. Kommt ihr voran?", fragte der Große, nachdem er sich erhoben und an den Tisch heran getreten war. Er beugte sich zu Sophia herunter und drückte ihr liebevoll einen Kuss auf die Lippen, was mich beschämt wegsehen ließ. So niedlich wie die beiden auch waren zusammen, so sehr erinnerte es mich nur daran, dass ich sowas aktuell einfach nicht haben konnte.

All I Need (Julian Brandt)Unde poveștirile trăiesc. Descoperă acum