Kapitel 9

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Fest schloss ich meine Augen und sah nach oben. Ich war kurz davor mit der Scherbe fest in den Arm zu schneiden, bis mich jemand zu Boden schubste und nach meinem Namen schrie.

Erdems Sicht:

Sofort verschnellerten sich meine Schritte, als ich Geschreie von Özlems Zimmer aus wahrnahm. Ich riss die Tür auf und sah geschockt nach unten, wo Özlem mit einer Scherbe in der Hand lag. Bevor sie sich auch nur etwas antun konnte, lief ich auf sie zu, schubste sie hart zur Seite und schrie nach ihren Namen.

Sie weinte bitterlich, als sie realisiert hatte, dass sie von einem Selbstmordversuch abgehalten wurde. Die Scherbe, die ihr aus der Hand fiel, kickte ich mit meinem Fuß zur Seite und kniete mich zu ihr.

Sollte ich sie jetzt umarmen oder warten bis sie sich beruhigt?

Sie war stark am zittern und drohte vor Wut zu platzen. Sie war wütend auf mich, aber richtig.

"Özlem", sprach ich leise und schaute dabei auf ihren Arm, der am bluten war.

"Wieso hast du das alles eben getan?", fragte ich sie flüsternd.

Sie vergrub ihr Gesicht in ihren Händen und weinte schrecklich. Ich war sowas von überfordert mit der Situation, das ich um mich herum schaute und hilflos neben ihr saß.

"Warum? ", fragte sie leise und flüsternd.

Sie hatte geprochen! Zwar war es ein kaum hörbares Flüstern, doch sie hatte gesprochen.

"Was warum?", fragte ich sie.

Ich war baff. Dies war einer meiner schrecklichsten Momenten in meinem Leben. Noch nie hatte ich sowas gesehen, solche Menschen, solche Lagen und vorallem hätte ich niemals damit gerechnet, ihr das Leben gerettet zu haben.

Als meine Blicke wieder zu ihren offenen Armen huschten und sie keinen Mucks von sich gab, ging ich ins Badezimmer und suchte nach einem Erstehilfe-Kasten beziehungsweise einem Verbandskasten.

Paar mal schaute ich nach hinten, um sicher zu gehen, dass sie sich nichts erneut antut, doch sie saß regungslos da und weinte.

Dieser Anblick war einfach nur mitreißend, doch ich konnte nichts tun.

Würde ich sie umarmen, würde ich sie erschrecken oder ihr Angst einjagen, da sie nunmal sensibel war.

Tatsächlich fand ich einen kleinen Erstehilfe-Kasten und ging mit dem in Richtung Özlem.

Wieder kniete ich mich vor ihr und nahm vorsichtig ihren Arm aus ihrem Geischt. Ich kassierte fragende Blicke. Sie versuchte sich zu lösen, doch ich griff fester nach ihren Arm. Wieder fing sie an stärker zu zittern. Ich würde jetzt einfach das tun, was mir Aylin gesagt hatte, mehr nicht. Leider Gottes musste ich alles desinfizieren, weshalb Özlem einen stummen Schrei von sich gab, aber dennoch ruhig blieb. Das Blut hatte ich längst abgewischt und somit die meisten Narben gereinigt. Ich bindete einen Verband um ihren Arm und konzentrierte mich voll und ganz dabei, bis ich merkte, dass sie mir zu sah und ich meine Blicke hob. Als ich sie dabei erwischt hatte, mich anzuschauen, schaute sie schnell schüchtern nach unten und errötete leicht. Kurz schmunzelte ich, doch beendete meine Arbeit und stand auf. Sie lag auf den Scherben, doch es machte ihr nichts aus. Sie musterte ihren Verband und war damit beschäftigt damit zu spielen, bis sie meine Hand sah, die ich ihr rausstreckte, um aufzustehen.

Sie stand von selbst auf, schloss kurz ihre Augen, taumelte zur Seite und öffnete wieder ihre Augen. Ihr war schwindelig.

"Alles okay?", fragte ich sie und hielt meine Hände in die Luft, damit ich sie auffangen kann, falls sie umkippt.

ÖzlemWhere stories live. Discover now