♥︎ 𝐓𝐖𝐎

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♥︎ 𝐊 𝐀 𝐈

Nach dem Anruf von Sophie hatte ich alles stehen und liegen gelassen und war auf schnellstem Wege zum Café gefahren.
Der Anblick, der sich mir dort bat, versetzte mir einen Stich ins Herz.
Kiara, bewusstlos in Sophies Armen hinter der Theke. Die Braunhaarige war unglaublich blass, hatte Schweißperlen auf der Stirn und hing schlaff in den Armen der Blondine. Sie wirkte, als würde sie einfach schlafen.
Vereinzelte Haarsträhnen klebten durch den Schweiß an ihren Wangen und ihrer Stirn, sie waren teilweise schon getrocknet.
„Kai mach doch bitte was" panisch flehte mich Sophie an, etwas zu unternehmen. Doch ich war erstmal wie in Schockstarre. Ihr Anblick ist ein förmliches Deja Vu an ihren Unfall damals. Sie lag ebenfalls regungslos am eiskalten Asphalt, unter ihr eine Blutlache doch ihr Gesicht, eine Kopie zu damals.

Eigentlich dachte ich, die Geschehnisse von damals erfolgreich verarbeitet zu haben, doch sie hier jetzt in diesem Zustand liegen zu sehen, lässt mich alles nochmal vor meinem geistigen Auge sehen. Es ruft die schlimmen Erinnerungen auf. Diese Stunden als ich mit Timo und Mason im kalten, kahlen Wartezimmer des Krankenhauses auf Neuigkeiten ihres Zustandes gewartet hatte. Ich habe mit der Braunhaarigen nie wirklich darüber geredet. Es war wie ein Tabu-Thema für sie. Anfangs hatte sie sich mir einmal geöffnet, auch dieser Moment in ihrem Badezimmer als ich ihre Narben zum ersten Mal sah, sie hat sich mir anvertraut. Sie hat ihre Narben mit mir geteilt. Für mich war dieser Moment so unglaublich erschreckend und wunderschön zugleich. Ich hatte das Gefühl, ihr nahe zu sein. Danach hatten wir nie wieder über dieses grauenvolle Ereignis geredet.

Wie ihre Narben jetzt aussahen? Keine Ahnung, ich bekam sie nie wieder zu Gesicht. Kiara hatte sich zurückgezogen. Sie sprach nicht mehr mit ihr über ihre Gefühle, tiefgründigere Gespräche führten wir auch nicht mehr. Ja verdammt, sie war wie ein anderer Mensch geworden. Ja mag sein, vielleicht lag es am Stress, den sie in letzter Zeit hatte, zwar dachte sie, sie könne ihn vor anderen Verstecken, doch wenn du mit einer Person die intimsten Gespräche geführt hast, es eine Zeit gab, in der du die Person besser kanntest als dich selbst, dann merkst du einfach, wenn es ihr scheiße geht. Und das geht es ihr wirklich. Bei Gott, vor anderen mag Kiara das vielleicht verstecken können doch vor mir schon lange nicht mehr. Ich hatte sie bis jetzt noch nie drauf angesprochen, ich war immer der Meinung sie müsse das selbst regeln und ich dürfe mich bei so etwas nicht einmischen. Doch wenn es jetzt um ihre Gesundheit geht, da ist es langsam nicht mehr nur ihr Problem.

„Kai verdammt! Hörst du mir überhaupt zu?" durch eine aufgeregte Sophie wurde ich wieder auf die Situation aufmerksam gemacht. Ich bin viel zu sehr in meine Gedanken abgedriftet. Aber ihr Anblick hat einfach etwas in mir ausgelöst.
„J-Ja... ja klar" hastig ging ich die letzten Schritte auf die Blondine zu, die meine beste Freundin in ihren Armen hatte und kniete mich zu den beiden hinunter, nahm Kiara im Brautstyle hoch und trug sie auf Sophies Anweisung hin, in ihr Arbeitszimmer und legte sie auf der Couch ab.
Jetzt hieß es warten, keine Ahnung wie lange. Manche würden jetzt sagen, es wäre besser einen Arzt anzurufen, doch um ehrlich zu sein mied ich zu meinem Teil jeglichen Kontakt zu einem Arzt oder einem Krankenhaus. Mich hat das ganze damals einfach unglaublich traumatisiert. Auch wusste ich das Kiara nicht gerade unbedingt ein Fan von Menschen in weißen Kitteln war und es für unnötig gehalten hätte, jetzt einen Krankenwagen oder etwas dergleichen zu rufen. Weshalb ich es dabei beließ und wartete, in der Hoffnung das es ihr bald besser gehen würde.

Wenn ich sie mir so ansehe, blass und erschöpft mit tiefen Augenringen, die sie versucht hatte zu kaschieren, wie sie am Sofa liegt, wird mir erst das erste Mal so richtig bewusst, wie sehr sie sich eigentlich verändert hat. Von der Lebensfrohen, lustigen, immer glücklichen Kiara war schon lange nichts mehr übrig. Wann hatte ich sie bitte das letzte Mal lachen gesehen
Wann hatten ihre Augen das letzte Mal dieses unglaubliche Strahlen aufgewiesen? Wann haben wir beide das letzte Mal einen entspannten Tag miteinander verbracht? Wann hat es angefangen, dass wir uns vor dem jeweils anderen verstecken? Wann sind wir uns bitte so fremd geworden?

...

Ja, vielleicht habe ich in dem Moment einfach rotgesehen. Ja, eventuell habe ich auch überreagiert. Aber wie zum Teufel kann, einem Menschen, seine Gesundheit so egal sein? Warum hört man denn nicht auf seinen Körper, wenn er schon solche Signale abgibt? Warum lässt sich Kiara denn nicht einfach von anderen helfen? Dieses zerbrochene in ihren Augen, diese Hilflosigkeit, dieses Verletzte, scheiße, das ging unter die Haut.
Es war so, als würde mir jemand ein Messer in die Brust rammen und es langsam und schmerzvoll wieder herausziehen. Früher habe ich in ihren Augen ein Glitzern und Strahlen gesehen, heute sehe ich nichts als Schmerz und Trauer. Und das tut weh. Es tut weh zusehen, wie Kiara sich zu einem völlig anderen Menschen entwickelt. Und es tut weh, dass sie allen Anscheins zu wenig Vertrauen in mich hat, dass sie mir ihre Ängste und Probleme anvertraut.

Äußerlich war ich auf 180. Ich war stinksauer, wobei, eigentlich verletzt. Doch mit Wut versuchte ich diese Gefühle zu verdecken. Wie gerne hätte ich die Braunhaarige in den Arm genommen, sie nicht mehr losgelassen und ihr gesagt das alles gut wird und wir das gemeinsam durchstehen. Doch ich habe keine Ahnung, ob es das jemals wieder wird. Sie ist einfach zu gebrochen, um sagen zu können, dass alles wieder gut wird. Leider.

Während der Autofahrt schwiegen wir uns an. Keiner sagte etwas. Aus dem Augenwinkel sah ich immer wieder, wie Kiara sich eine stumme Träne, die ihre Wange hinunter kullert, mit ihrer Handinnenfläche wegwischte. Ihren Kopf hatte sie in Richtung Fenster gedreht, wahrscheinlich um ihre Tränen vor mir zu verstecken. Erneut krampfte mein Herz. Ich will sie nicht weinen sehen. Ich will sie glücklich sehen. Lachend, kichernd, grinsend, vor Freude tanzend, alles... aber eben nicht so. Ich möchte sie nun schon zum zweiten Mal einfach in meine Arme ziehen und ihre Tränen mit meinem Daumen wegwischen.
Mir fiel es verdammt schwer, meine Hand nicht auf ihren Oberschenkel zu legen. Ich wollte ihr zeigen, dass ich bei ihr bin. Sie stärken. Ihr zeigen das sie nicht alleine ist und ich für sie da bin. Doch etwas in mir sagt mir, dass es nicht richtig ist. Sie will ihre Gefühle vor mir nicht zeigen, also kann ich ihr, so hart es klingt, auch nicht wirklich helfen. Wenn sie vor mir so tut, als sei alles okay, wie soll ich ihr dann sagen das alles gut wird, wenn sie nicht einmal zu gibt das es ihr schlecht geht.

Ich versuchte wirklich nicht hinüberzuschielen, weil mir dieser Anblick einfach jedes Mal aufs Neue weh tat. Doch so sehr ich es auch wollte, ich schaffte es nicht. Immer wieder erwischte ich mich, wie meine Augen auf der Braunhaarigen lagen. Ob ich wollte oder nicht. Es war wie verhext. Und ich konnte nichts dagegen tun. In dieser Situation war ich einfach machtlos.

...

♥︎❀

Alles relativ schwierig bei den beiden, wie man sieht

Vielleicht haben es ein paar von euch schon bemerkt, dieses Kapitel habe ich bereits gestern schonmal veröffentlicht, allerdings gab es da ein kleines Problem mit Wattpad und das Kapitel blieb nie lange online sondern wurde immer wieder als Entwurf abgespeichert 🙈

Übrigens wird im Laufe der Story der Unfall, oder besser gesagt die Zeit danach, etwas besser beschrieben da dies in der vorherigen Story leider viel zu kurz kam (meinem damaligen Schreibstyl zu Schulde 💀)

Man liest sich <3

When I first love you - Kai HavertzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt