Kapitel 11 - Einbrecher

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Olivia

Ich schloss die Tür hinter mir und lehnte mich an diese ausatmend. Warum muss sowas immer mir passieren? Kann ich nicht einmal ein ganz normales Leben führen? In dem ich ausnahmsweise mal nicht vor irgendwelchen Problemen davonlaufen muss. Wo ich nicht der Sonderling bin. Das Kind aus dem Wald. Wieso müssen mir jetzt auch noch so komische Dinge passieren? Erst der Wolf im Wald, dann Noah auf dem Schulflur und jetzt der Typ vor meiner Haustür. Leben hier nur Verrückte? Ich stieß mich von dem kalten Holz ab und zog mir die Schuhe aus, ehe ich samt Gepäck nach oben schlenderte. Ich lief bis zum Ende des Flures und öffnete dann meine Zimmertür, um sie gleich darauf wieder zu schließen. „Eine beachtliche Sammlung an Büchern hast du da." Ich schreckte leicht hoch und sah mich in meinem Zimmer um. Und tatsächlich. Da stand er. Vor meinem Bücherregel, mit dem Rücken zu mir. „Wie.." Wollte ich anfangen, doch dann sah ich bereits das offen stehende Fenster und konnte mir eins und eins zusammenreimen. „Durch das Fenster." Gab ich murrend von mir. „Wenn du mich gleich rein gelassen hättest, hätte ich mir gar nicht erst die Mühe machen müssen." Er schnalzte mir der Zunge und sprach dann weiter. „Das ist übrigens sehr unhöflich." Ich legte den Kopf schief. „Was ist unhöflich?" Wieder schnalzte er mit der Zunge. „Einen Gast nicht hereinzubitten." Er drehte sich zu mir um und schien mich mit einem leicht verletzten Blick zu mustern. „Du bist aber kein Gast." Gab ich leicht genervt von mir und streifte mir meine Jacke ab, um sie daraufhin über den Stuhl zu hängen.

„Nein? Was bin ich dann?" Fragte er gespielt belustigt und zeigte mir ein leichtes Lächeln. Doch ich behielt meine kalte Miene bei. Hielt seinem Blick stand und antwortete wie selbstverständlich. „Unerwünscht." Sofort verfinsterte sich seine Miene und ich spürte förmlich, wie er sich zusammenreißen musste. „Also, ich frage nochmal. Was willst du hier?" Ich stellte meinen Rucksack neben dem Schreibtisch ab, ehe ich mich an die gegenüberliegende Wand lehnte und die Arme vor der Brust verschränkte. So habe ich einen guten drei Meter Abstand von ihm und kann mich erst einmal konzentrieren. Er ging herüber zum Fenster, warf einen kurz Blick in den Wald und stützte sich dann auf dem Fensterrahmen ab. „Warum dieses Haus hier?" Ich blickte ihn irritiert an und legte meinen Kopf leicht schief. „Wie meinst du?" Er räusperte sich und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen, ehe er mich abschätzig ansah. „Warum seid ihr hierhergezogen? Warum in dieses Haus. So tief im Wald." Ich schüttelte leicht den Kopf und verstand immer noch nichts. „Ich weiß nicht worauf du .." Doch er knurrte nur und unterbrach mich in meiner Antwort. „Lass die Spielchen. Du weißt, was ich von dir wissen möchte. Warum seid ihr hierhergezogen?! Mitten in den Wald. An die Grenze unseres Territorium." In seiner Stimme lag ein Hauch an Aggressivität, welche mich leicht schlucken ließ. Dennoch war da noch etwas anderes. In seinen Augen. Wenn ich mich nicht täusche, möchte ich meinen Neugier zu erkennen.

Ich wägte währenddessen ab, ob ich ihm die Wahrheit erzählen sollte oder mir etwas ausdenken sollte. Doch dann sah ich herunter zu seinen Händen, welche bereits zu Fäusten geballt waren. Also entschied ich mich für die Wahrheit. „Meine Mutter und ich haben schon immer Wald gelebt. Es waren immer Häuser oder Hütten fernab der Zivilisation." Ich mied seinen Blick und blickte stur geradeaus. „Und weiter?" Der Zorn in seiner Stimme war unüberhörbar. „Dass das hier euer Territorium ist, wussten wir nicht. Meine Mutter hat das Haus online gefunden. Mehr weiß ich nicht." Ich versuchte mich zusammenzureißen und mir nichts anmerken zu lassen, dennoch kroch in mir etwas Angst hoch und schien mich stück für stück zu verzehren. „Du weißt von unserer Existenz. Woher?" Ich mied weiterhin seinen Blick und spielte mit meinen Fingern, um mich ein wenig abzureagieren. „Antworte!" Ich zuckte zusammen und spürte mein Herz rasen. Seine Stimme klang laut und deutlich. Sie ließ keinen Platz für Widerworte. „Aus Büchern." Gab ich leise von mir. Er räusperte sich, ehe er weitersprach. „Tut mir leid. Ich wollte dich nicht verängstigen." Ich hob erschrocken meinen Blick und sah ihm direkt in die Augen. Davon habe ich noch nie gelesen. Werwölfe entschuldigen sich nicht. Das lässt ihre herrische Natur nicht zu. Doch dieser hier, hatte es gerade getan. Er hatte sich bei mir entschuldigt.

„Da du von unserer Existenz weißt und dort drüben ziemlich viele Bücher zu stehen hast, weißt du bestimmt auch, was Seelenverwandte sind, oder?" Ich riss meinen Blick von ihm und überlegte, wie ich am besten aus dieser Situation herauskommen kann. Ich entschied mich zu meinem Tisch herüberzugehen und meine Sachen aus dem Rucksack auszupacken. „Ich habe dich etwas gefragt." Gab er mit Nachdruck von sich. Ich schüttelte den Kopf und nickte dann leicht. Immer noch verwirrt was ich tun sollte. „Ja, nein. Ich weiß nicht. Kann sein." Ich wühlte willkürlich in meiner Tasche herum, als würde ich nach etwas suchen. Doch dann kam er auf mich zu und legte seine Hand um meinen nackten Arm. Ich spürte sofort ein wohlig, warmes kribbeln, was mich bereits jetzt nach mehr süchtig machte. Ich riss panisch meinen Kopf herum und blickte ihn angsterfüllt an. „Nicht anfassen!" Rief ich panisch und entzog mich seinem Griff, ehe ich ein paar Schritte nach hinten ging. „Du hast es auch gespürt." Stellte er nun fest und sah mich abwartend an. „Deine Gänsehaut beweist es. Du weißt darüber Bescheid." Ich konnte nicht deuten, ob er über diese Tatsache glücklich oder wütend war. „Ich habe gar nichts gespürt!" Gab ich bissig zurück und rieb mir die Stelle, an der er mich berührt hatte. Ihm entwich dabei ein Knurren, was mich wieder leicht zusammenzucken ließ.

„Und die Gänsehaut, zu deiner Annahme, ruht vielleicht daher, dass das Fenster noch offen ist und ich nur ein Shirt anhabe." Auch wenn ich mich hier gerade um Kopf und Kragen redete, so kamen mir meine Begründungen immerhin halbwegs nachvollziehbar vor. Doch er schien weiterhin nicht begeistert und schon gar nicht überzeugt zu sein. Er stapfte also zu meinem Schrank, riss die Tür auf und warf mir dann einen Pullover entgegen. „Hier. Damit du nicht frierst." Gab er durch zusammengebissene Zähne von sich. Verdammt. Mir war gerade alles andere als kalt. Ich schwitzte förmlich bei seiner Nähe und musste mich zusammenreißen ihn nicht gleich anzuspringen. Scheiß Seelenverwandtschaft. Ich sah ihn grimmig an und schlüpfte in den Pullover, welcher mir das Atmen nicht wirklich leichter machte. „Und? Besser?" Gab er jetzt bissig von sich und musterte mich von oben bis unten. „Ja. Super." Gab ich beleidigt zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Also, wenn dann nichts weiter ist, würde ich dich bitten zu gehen. Ich muss nämlich noch etwas erledigen." Ich sah ihn abwartend an. „Du hast meine Frage noch nicht beantwortet." Er kam mit langsamen Schritten auf mich zu und ließ mich nicht aus den Augen. „Was weißt du über die Seelenverwandtschaft? Und komm mir nicht mit nichts." Ich rollte mit den Augen und lehnte mich wieder an die Wand.

„Die Mondgöttin paart zwei Seelen miteinander die perfekt zueinander passen. Sie ergänzen sich ideal und gehören zusammen. Der Geruch lockt das Männchen an, während das Mateband das Weibchen magisch anzieht." Zum Ende hin wurde ich immer leiser, da er mir immer nähergekommen ist und jetzt nur noch wenige Zentimeter vor mir stand. Seine Nasenspitze berührte fast die meine und ich spürte seinen heißen Atem auf meinen Wangen. „Da war aber jemand ziemlich fleißig." Ich versuchte mir einen Anhaltspunkt in meinem Zimmer zu suchen, auf den ich mich konzentrieren konnte, um meinen Körper von seiner Nähe abzulenken, doch egal was ich tat, dieses pochende Gefühl hörte einfach nicht auf. Es fühlte sich an, als würde er mein Blut zum Kochen bringen. Jede Zelle meines Körpers sehnte sich nach seiner Berührung, doch ich musste stark bleiben. Dagegen ankämpfen, denn das Wesen mir gegenüber war ein Monster und würde alles tun, um mich zu verschleppen. „Stand in deinen Büchern auch, dass die Berührung des Mates Funken im Körper auslöst? Dass allein die Nähe des anderen, dein Blut zum Kochen bringt?" Er flüsterte diese Worte nah an meinem Ohr, wodurch sich meine Nackenhaare automatisch aufstellten. „Und dass das Band durch einen bestialischen Biss in die Schulter versiegelt wird, woran Menschen sterben können? Ja, das steht da auch."

Ich nutzte die Gelegenheit, in der er leicht irritiert vor mir stand und schlüpfte unter seinen Armen hindurch, welche er neben mir an die Wand gestützt hatte, um wieder etwas Abstand zu gewinnen. „Und jetzt geh endlich. Ich habe deine Fragen beantwortet. Das wolltest du doch, oder nicht?" Ich blickte ihn so kalt wie möglich an und wartete seine Reaktion ab. „Das hast du bedauerlicherweise, ja." Er rümpfte seine Nase und ging herüber zu meinem Fenster. „Aber denk nicht, dass ich dich jetzt in Ruhe lasse. Du weißt genauso gut, wie ich, dass ich das nicht kann. Es ist meine Natur so lange zu kämpfen, bis du mir gehörst." Er sah mich noch einmal abschätzig an, ehe er aus dem Fenster sprang und sich verwandelte. Ich rannte zum Fenster herüber und sah nach unten, wo jetzt ein großer schwarzer Wolf stand. Der gleiche Wolf, welcher mich vor einer Woche im Wald aufgehalten hatte. Auch er blickte zu mir nach oben, wollte wahrscheinlich wissen, ob ich ihm hinterher sah. Und verdammt, das tat ich. Wieso auch immer. „Du bist meine Gefährtin. Und nichts wird daran jemals etwas ändern." Er drehte sich um und fing an zu rennen. Und während er zurück zu seinem Rudel ging, ließ er mich mit einem Haufen an Fragen in meinem Zimmer zurück.

Der Hass meiner Gefährtin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt