Kapitel 33 - Verrat kommt nie von deinen Feinden

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Xavier

Doch außer meine Hände zu Fäusten zu ballen und mit meinem Wolf, um die Vorherrschaft zu kämpfen, tat ich nichts. Sie tat dies als Resignation ab und nickte mir zu. „Braver Wolf. Weise Entscheidung." Anschließend kehrte sie mir den Rücken zu, doch diese Worte brachten meinen Wolf wiederum um den Verstand. Xenon entriss mir die Kontrolle, verwandelte sich im Flug und sprang auf unsere Gefährtin, welche nun völlig irritiert unter uns lag. Wir standen zur gleichen Zeit über ihr, knurrten sie an und fletschten die Zähne. Doch anstatt ihre Arme auf dem Boden festzuhalten, stützten wir die Pfoten auf dem Waldboden ab, zu unserem Nachsehen. Sie zog den silbernen Dolch aus ihrer Jacke und rammte ihn in unsere Schulter. Mein Wolf jaulte kurz, in der sich Olivia herumdrehte, um aufzustehen. Nachdem wir uns wieder gefasst hatten, fixierten wir sie, wie sie das Handy hochhielt und eine Nummer wählte. Mein Wolf knurrte und wollte einen Schritt auf sie zulaufen, als sie uns anschrie. „Bleib stehen! Einen Schritt weiter und ich hetzte euch die Jäger auf den Hals." Doch ich dachte nicht daran und sprang auf sie zu, um ihr das Handy aus der Hand zu schlagen. Was ich auch erfolgreich geschafft habe, sodass das Handy über den Waldboden rutschte, doch während ich dem Smartphone hinterher sah, ergriff sie den Augenblick meiner Unnachgiebigkeit und rammte mir den Dolch in die Seite. Ich jaulte wieder auf und verwandelte mich aufgrund der Verletzungen und dem Gift zurück.

Ich kniete auf dem Boden und sah zu, wie sie zum Telefon sprintete, es in die Hand nahm und ihren Blick auf mich richtete. Währenddessen versuchte ich meine Wunden mit den Händen zu verschließen, doch das Wolfswurz und Silber verhinderten den Heilungsprozess. Normalerweise wäre dieser eine Stoß bereits das Todesurteil für einen normalen Werwolf gewesen. Da mich mein Vater jedoch von klein auf mit beiden Mitteln bekannt gemacht hatte, entwickelte ich eine Art Immunität dagegen. Beides konnte mich zwar nicht töten, aber schwächen, was Olivia in dieser Situation ausreichte. Sie hielt sich das Telefon an das Ohr, suchte meinen Blick und sprach folgende Worte. „Macht euch bereit." Danach legte sie auf und fixierte mich. Sie ging herüber zu ihrem Rucksack und der Reisetasche, schnappte sich beides, ohne mich aus den Augen zu lassen, ehe sie loslief. Ich versuchte mich währenddessen mit aller Kraft aufzurichten, was einfacher gesagt war als getan. Die Wunden waren tief, schmerzten höllisch und ich verlor eine Menge Blut. Doch daran konnte ich jetzt nicht denken. Ich fixierte meine Gefährtin und versuchte aufrecht zu stehen. „Olivia!" Ich schrie ihren Namen so laut, dass es jeder in mehreren Hundert Metern Entfernung hören konnte. Sie stoppte in ihrer Bewegung und drehte sich zu mir um. „Wenn du das jetzt tust und gehst." Ich ließ eine Pause, da ich mich erst einmal selbst sammeln musste. Ich war immer noch völlig fassungslos, was sie gerade getan hatte..

„Dann ist es vorbei!" Ich sah sie durchdringlich an und hoffte, sie dennoch umstimmen zu können. „Dann hast du dir jegliche Selbstbeherrschung meinerseits verspielt!" Ich atmete stoßweise, keuchte auf und versuchte meinen Wolf zu kontaktieren. Ich brauchte ihn und seine Kraft, doch er hatte sich zurückgezogen und ließ mich alleine. „Wenn du jetzt gehst, dann Gnade dir Gott, dass ich dich niemals finde! Denn ich werde dich suchen .. auf der ganzen gottverdammten Welt!" Das letzte Wort schrie ich mit animalischer Stimme heraus, was selbst sie zusammenzucken ließ. Wie hatte sie das alles planen können, ohne dass ich es mitbekommen hatte? War ich zu blind gewesen, um hinter ihre Fassade zu blicken? Ich wusste es nicht aber ein winziger Teil in mir hoffte immer noch, sie würde es nicht tun. Würde über das dann kommende nachdenken und realisieren, dass es unser Ende bedeuten würde. Wollte sie das? Eine Massenmörderin sein? Für all die Tode verantwortlich sein? Ich konnte es mir nicht vorstellen, doch anscheinend hatte ich mich in ihr getäuscht. Gewaltig getäuscht, denn ihre darauffolgenden Worte, ließen mein Herz entzweibrechen. „Dann bete ich zu Gott und hoffe, dass er wenigstens einmal auf meiner Seite steht." Sie sah mich noch ein letztes Mal an. „Ihr habt eine Stunde. Dann kommen sie." Anschließend drehte sie sich um und verschwand im Dickicht des Waldes.

Sie meinte das Ernst. Sie hatte mit mir abgeschlossen, wollte mich nie wieder sehen. Mein Wolf knurrte und schrie den Schmerz über die Lücke heraus, welche sie hinterlassen hatte, doch ich konnte jetzt nicht mehr an sie denken. Sie hatte uns verraten. Mich verraten. Ein ganzes Rudel in den Tod geschickt. Sie wollte uns Tod sehen. Mich Tod sehen. Das würde ich ihr nie wieder verzeihen können. Ich kontaktierte also einen Grenztrupp in der Nähe und teilte ihnen meinen Standort mit. Anschließend kontaktierte ich meinen Gamma Maxwell und wies ihn an, sich auf einen Jägerangriff vorzubereiten. „Was? Jäger? Wie? Woher weißt du .." Doch ich unterbrach ihn, um ihm den Ernst der Lage näher zu bringen. „Ich weiß nicht mit wem wir es zu tun haben werden. Bereite einfach alles vor, sag allen sie sollen in den Häusern bleiben. Schick alle verfügbaren Truppen an die Grenzen." Ich konnte förmlich sein Kopf rattern hören, als er das ansprach, was ich hoffte, er würde es nicht tun. „Und was ist mit dir?" Ich stöhnte frustriert auf, als ich mich an einem Baum anlehnte, um eine Pause zu machen. „Ich werde nicht kämpfen können." Gab ich mit zusammengebissenen Zähnen durch die Gedankenverbindung zurück. „Mach einfach das, was ich dir gesagt habe und tu das, was du am Besten kannst." Damit kappte ich die Verbindung und konzentrierte mich wieder auf das hier und jetzt.

Ich habe keine Ahnung, wen sie kontaktiert hat. Geschweige denn, wer mein Rudel angreifen wird. Es gibt aus meiner Perspektive nur zwei Möglichkeiten. Sie hasst mich wirklich so abgrundtief, wie sie es mir schon oft genug gesagt und gezeigt hatte und hetzt die besten Jäger auf uns, um mich und mein Rudel endgültig auszulöschen. Oder .. sie empfindet tief in ihrem Herzen doch noch etwas für mich und hat irgendwelche Knallköpfe gefunden, welche uns zwar angreifen aber nicht wirklich schaden können. So oder so verletzt mich ihr Handeln zutiefst und egal, wie der Tag heute Enden wird. Meine Sichtweise hatte sich verändert. Ich sah sie jetzt aus einem anderem Blickwinkel, sah wozu sie fähig war und wusste, dass ich mit Nettigkeit bei ihr nicht weiterkommen werde. Doch ich konnte jetzt nicht weiter über sie nachdenken, ich musste mich auf das Kommende konzentrieren. Und solange wir nicht wissen, mit was oder besser gesagt mit wem wir es zu tun haben werden, muss ich mich auf alles erdenkbar mögliche vorbereiten. Doch zuvor muss ich erst einmal bei Bewusstsein im Rudel ankommen. Die Wunden setzten meinem Körper mehr zu, als ich dachte und der Blutverlust macht das Ganze nicht sonderlich besser. Während ich mich also alle Hundert Meter an einem Baum abstützten musste, hörte ich bereits einen Grenztrupp in der Nähe, nach mir suchen. Ich atme erleichtert auf, auch wenn ich es hasse, wenn mich meine Leute so am Boden sehen. Dennoch musste ich mir eingestehen, dass ich das Rudel nicht mehr ohne Hilfe erreichen würde.

Olivia

Ich sah ihm ein letztes Mal in die Augen, ehe ich mich umdrehte und ihm endgültig und hoffentlich für immer den Rücken kehrte. Ich konnte das nicht und ich wollte es auch nicht. Ich war ein Mensch, der ein normales Leben verdient hatte. Er war ein Werwolf. Ein Monster mit einer Fassade, welcher meiner Spezies glich. Ein Wolf im Schafspelz, wie man so schön sagt. Wie passten nicht zusammen. Unsere Natur ließ das nicht zu. Wir waren vom anderen Schlag, gehörten unterschiedlichen Gattungen an. Das würde und könnte nie funktionieren. Außerdem .. waren es immer noch Monster. Sie hatten meinen Vater angegriffen, ihn entführt, verschleppt und letztendlich getötet. Ich konnte und wollte mit diesen Wesen nichts zu tun haben. Sie waren das Böse, welches sich tief im Wald verbarg. Mörderische Kreaturen, welche sich nicht kontrollieren, geschweige denn zügeln konnten. Getrieben von tierischen Instinkten waren sie zu allem fähig. Er hatte mir das oft genug bewiesen. Erst der Angriff im Wald, dann der infizierte Biss und dann die Markierung. Das, was vorhin passiert ist, war nur die Spitze des Eisbergs. Ich meine, er hatte mich angegriffen, ist auf mich losgegangen, in seiner Wolfsform. Ich hatte keine andere Wahl als mich selbst zu verteidigen. Die Wunden hatte er sich also mehr oder weniger selbstzuzuschreiben.

Ich war einfach völlig überrumpelt, von seinem Angriff. Niemals hätte ich gedacht, dass er so weit gehen würde. Da hatte ich ihn unterschätzt, auch wenn ich das nur ungern zugebe. Auch wenn ich jetzt meine Taten bereue, am liebsten umdrehen würde und ihm in die Arme springen würde, so weiß ich, dass das nicht echt ist. Das ist das Gefährtenband, welches unsere Seelen miteinander verbindet, wie sie es immer so schön betiteln. Doch trotz meinen getrübten Empfindungen, hätte ich immer wieder genauso gehandelt. Ich war ihm nichts schuldig, genauso wenig wie er mir nichts schuldig war. Im Prinzip waren wir nur zwei Fremde, welche sich durch einen dummen Zufall begegnet sind und das sollte auch so bleiben. Wäre da nicht die Tatsache, dass er ein Wolf ist und ich seine Gefährtin. Ich schüttelte den Kopf. Daran durfte ich jetzt nicht denken. Ich hatte wichtigeres zu tun, als meine Gedanken an ihn zu verschwenden. Doch da war etwas, was mich vom Gegenteil überzeugen wollte. Eine Stimme in den Tiefen meines Kopfes, welche danach rief, gehört zu werden. >Er ist unser Gefährte.< Ich schüttelte den Kopf und versuchte sie zu verdrängen. >Er gehört zu uns.< Wieder versuchte ich sie zu ignorieren, ihr kein Gehör zu schenken. >Wir brauchen ihn.< Wer ist dieses verdammte wir?

Der Hass meiner Gefährtin Where stories live. Discover now