Tag 64

1.4K 67 29
                                    

Ao'nung

Ich hatte mich an meine Aussage gehalten und bei Teyam geschlafen. Wir hatten die ganze Nacht gekuschelt und ich hatte ihn einfach gehalten. Er wirkte immer noch so zerbrechlich. Der Gute musste dringend was essen.
Leise stand ich auf und achtete drauf, dass ich ihn nicht weckte. Ich lief eilig zu mir heim und machte ihm Frühstück. Als ich fertig war, ging ich zurück zu ihm. Er war inzwischen aufgewacht und lächelte erleichtert. "Ich dachte schon du bist gegangen." "Warum sollte ich?", fragte ich etwas verwirrt und setzte mich zu ihm. "Iss." Er beäugte den Inhalt der Schale kurz, bevor er es in einer Geschwindigkeit verputzte, dass einem fast schwindlig wurde.
Teyam reichte mir die leere Schüssel wieder und leckte sich die Lippen. "War gut. Danke." Ich stellte sie weg und er legte seine Hand auf meine Schulter. Vor Schreck zuckte ich zusammen. "Du bist eiskalt." Er biss sich auf die Lippe. "Tschuldigung. Du kannst mich ja aufwärmen." Grinsend drehte ich mich zu ihm um und stützte mich über ihn.
Er ließ sich auf den Rücken sinken und zog mich am Nacken mit zu sich runter. Wir versanken in einem innigen Kuss, der rasch intensiver und leidenschaftlicher wurde. Ich zuckte leicht, ließ ihn aber gewähren, als er seine kalten Hände über meinen Körper wandern ließ.
Hungrig küsste sich Teyam zu meinem Hals und biss liebevoll rein, bevor er sich an der Haut festsaugte. Unterdrückt stöhnend verdrehte ich die Augen. "Mh, du solltest das lassen." Er schien es als Aufforderung zu sehen und raubte mir unbekümmert weiter den Verstand. Seine Finger brachten meine Haut zum Brennen. "Bei Eywa, Teyam, lass das." Er stoppte. "Hab ich was falsch gemacht?" Es dauerte kurz, bis ich meine Atmung wieder unter Kontrolle hatte. "Natürlich nicht. Aber du bist immer noch verletzt. Du solltest dich wirklich erstmal erholen, okay? Danach gehöre ich ganz dir." Als ob ich das nicht sowieso schon tat.
Murrend nickte er. "Darfst du eigentlich schon wieder ins Wasser?" Vorsichtig strich ich ihm über den breiten Verband über seiner Schulter und Brust. "Nein. Aber bald, denke ich. Wollen wir spazieren gehen?" "Okay. Aber nicht zu lang. Nicht, dass du dich noch überanstrengst."
Er seufzte.

Neteyam

Die Schmerzen waren grauenhaft. Die Heiler wussten nicht, was sie dagegen tun konnten. Bisher warteten sie ab und hofften, dass es mit der Zeit besser werden würde. Falls es sich nicht besserte, würde ich es Ao'nung erzählen. Aber vorerst wollte ich nicht, dass er sich womöglich grundlos Sorgen um mich machen musste.
Hand in Hand spazierten wir am Strand entlang und schwiegen. Zu verstecken, wie weh mir meine Schulter tat, war anstrengend genug. "Wie lange musst du noch auf der Krankenstation bleiben?" "Noch mindestens eine Woche." Vermutlich noch deutlich länger aber gut. Sanft drückte er meine Hand. "Ich komm dich besuchen so oft du willst, okay?" "Danke." Im Schatten von ein paar Bäumen ließ ich mich auf den Boden sinken, weil meine Lunge ein bisschen schlapp machte. Ao'nung setzte sich neben mich und strich durch meine Haare. "Mein süßer Neteyam. Ich bete zu Eywa, dass es dir bald wieder gut geht." Stumm lehnte ich mich an ihn.
"Kannst du mich allein lassen?", fragte ich schließlich, nachdem ich all meinen Mut zusammengenommen hatte. "O-okay. Liegt es an mir?" Ich seufzte schwer. "Ich weiß es nicht. Es macht mich wahnsinnig, mich nicht vernünftig bewegen zu können und auch dass du mich dauernd abweist weil 'du mir nicht wehtun willst'. Ist ja auch total süß von dir, aber es macht mich irre. Und ich denk dann, dass es vielleicht doch an mir liegen könnte weil du -" "Nein. Ich will nicht, dass du so denkst. Teyam, du bedeutest mir Alles und ich befürchte, dass es nicht allzu förderlich für deine Gesundheit ist, wenn du dich körperlich zu sehr anstrengst. Aber bitte, glaub nicht, dass es deine Schuld ist. Ich will nur das Beste für dich, mein Lieber." Er klang verletzt und traurig. "Tut mir leid." Geknickt ließ ich den Kopf hängen. "Bitte geh. Wenn du möchtest, kannst du morgen wieder zu mir kommen, okay?" Er nickte kaum merklich und stand auf. "Pass auf dich auf", sagte er und strich mir zum Abschied liebevoll durch die Haare.
Als er außer Hörweite war, begann ich zu weinen. Ich war ein Idiot und ganz ehrlich, ich hatte keine Ahnung, wieso ich so ein Arsch zu ihm war. Er kümmerte sich um mich und ich schob ihn weg von mir. Außerdem hielt ich ihn doch sowieso nur zurück. Die ganze Zeit, die er mit mir verbrachte und mich verhätschelte, könnte er auch sinnvoller nutzen.
Wenn ich an diesem verdammten Schuss gestorben wäre, würde er mich jetzt nicht an der Backe haben.

Ich schüttelte den Kopf, um diese Gedanken aus meinem Kopf zu vertreiben. Er war mindestens genauso froh, mich zu haben, wie ich froh war, ihn zu haben. Er las mir praktisch jeden Wunsch von den Augen ab, hatte aber auch Spaß dran, mir genau das zu verwehren. Und das machte mich so unglaublich an. Mein Herz begann, sich schmerzhaft zusammenzukrampfen.
Keuchend stand ich auf und schwankte. "Ao'nung!", rief ich etwas hilflos. In der Ferne tauchte er auf und lief auf mich zu. Noch lange bevor er mich erreicht hatte, schrumpfte mein Sichtfeld zu kleinen Flecken und schließlich wurde mir komplett schwarz vor Augen. Ich fühlte den warmen Sand an meinem Gesicht, als ich nach vorne kippte. Mein Schädel dröhnte und meine Atmung versagte.

Jemand - ich nahm an, es war Ao'nung - hob mich hoch und redete auf mich ein. Ich verstand kein Wort. Die Stimme klang so weit entfernt und das Piepsen in meinem Kopf übertönte fast alles.
Angestrengt versuchte ich, bei Bewusstsein zu bleiben und meine Augen offen zu halten, obwohl ich sowieso nichts sah. Alles war schwarz. Mein Körper fühlte sich taub an und kribbelte überall.
Ich nahm es als schlechtes Zeichen auf. Hoffentlich würden die Heiler mir mit irgendetwas helfen können. Wenn nicht, so befürchtete ich, war es das bald mit mir.
"Neteyam verdammt, red mit mir!", drang leise die Stimme meines Bruders an mein Ohr. Hatte er mich etwa getragen? Wie schlimm muss es wohl sein, seinen Bruder zweimal fast sterben zu sehen? Ich wünschte mir, dass ich niemals erfahren müsste, wie sich das anfühlte.
Meine Haut stand in Flammen; aber nicht die positive Art. Ich fühlte mich, als würde ich verbrennen. Mit größter Anstrengung riss ich die Augen auf und erblickte Ao'nung und Lo'ak über mir. Im Hintergrund erkannte ich Tsireya, aber der Rest war unscharf. "Oh Teyam!" Mein Herz schmolz bei seinen Worten und ich blendete die Schmerzen etwas aus. "Sie wissen nicht, was sie noch für dich tun können, Bro.", brachte Lo'ak raus. Das hatte ich mir bereits gedacht. Immerhin würde es jetzt relativ schnell mit mir enden.
Dankbar, dass ich meine letzten Momente noch mit meinen Liebsten verbringen durfte, lächelte ich und schloss dann meine Augen.

Kraftlos atmete ich aus.



[zu meiner verteidigung, das war so nicht geplant]

Ao'nung x Neteyam Slow BurnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt