1. Das Angebot

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Die dunkle Zelle in der ich saß, während ich von zahlreichen massiven Eisenketten gefesselt war, sodass mir jegliche Möglichkeit auf die noch so kleinste Bewegung verwehrt wurde, war in den letzten drei Jahren zu meinem neuen Heim geworden. Ich saß in diesem Verließ, ohne eine Aussicht auf Veränderung, während ich die zahlreichen Hinrichtungen über mich ergehen ließ. Eines besonderen Tages jedoch kamen die Wachen unerwartet in meine Zelle, fesselten meine Hände so fest wie möglich auf meinen Rücken, verdeckten mir die Augen und führten mich aus meiner Zelle. Ich dachte es würde sich lediglich um den nächsten Hinrichtungsversuch handeln, bis eine der Wachen anfing in spöttischem Tonfall zu sprechen. „Du hast wirklich Glück, du Hexe. Wenn du es geschickt anstellst, erhältst du eine Begnadigung vom Shogun." Zuerst erwiderte ich nichts, da ich davon ausging, dass dies wieder einer ihrer grausamen Scherze war. Doch als keine Antwort von mir folgte, schlug mir die Wache in den Bauch und forderte mich zum Sprechen auf. Schmerzerfüllt krümmte sich mein Körper zusammen, nachdem ein knappes Keuchen meine Kehle verlassen hatte. „Wovon sprichst du? Das ist völlig absurd. Der Shogun will mich doch tot sehen...", sagte ich teilnahmslos, als der Schmerz etwas nachgelassen hatte und zuckte desinteressiert mit den Achseln. Diesmal würden sie mich nicht hereinlegen. Ich war ihren Geschichten und Versprechungen in der Vergangenheit viel zu oft auf den Leim gegangen und hatte mir immer wieder Hoffnungen gemacht, bald aus diesem Verlies ausbrechen zu können. Doch für mich gab es keinerlei Aussicht je wieder in Freiheit leben zu können, geschweige denn ein normales Leben zu führen. Wenn man mein vorheriges Leben überhaupt so bezeichnen konnte... Eine der Wachen versetzte mir einen Stoß in den Rücken, sodass ich nach vorne taumelte und auf die Knie fiel, nur um sich gleich darauf zu verabschieden. „Die Details erklärt dir ein anderer. Viel Glück", rief er und lachte sarkastisch, bevor ich hörte wie er und die anderen Wachen sich entfernten. „Sie haben dir wohl schon von der Begnadigung erzählt", erklang eine tiefe, mir unbekannte männliche Stimme. Ich versuchte mich ein wenig aufzurichten, spürte jedoch sofort etwas Kaltes und Scharfkantiges in meinem Nacken. „Eine falsche Bewegung und ich schlage dir den Kopf ab..." „Mach dir keine Mühe, das funktioniert sowieso nicht. Die Hinrichtung durch Enthauptung hab ich schon mehrfach hinter mir", erwiderte ich weiterhin teilnahmslos. Für einige Sekunden herrschte Stille zwischen uns, doch sein Schwert nahm er trotzdem nicht weg. „Du musst eine Bedingung erfüllen, um die Begnadigung zu bekommen... und zwar musst du ins Jenseits gehen", sprach er weiter. Ich fing lauthals an zu lachen. „Also soll ich doch sterben, was mir aber wie du sicher weißt nicht möglich ist. Was für ein kranker Scheiß ist das hier?!" „Nein, es geht nicht um das Jenseits der Toten, sondern um das Paradies, Reich der Götter, nenn es wie du willst. Die Bezeichnungen sind verschieden, aber ich meine die Welt, in der die Götter und Heiligen leben. An jenem Ort soll es keine Qual geben. Und die Menschen die dort leben, sind alle reich und glücklich. Laut der Legende soll sich diese Insel irgendwo im Südwesten des Königreichs Ryukyu befinden. Vor kurzem hat man herausgefunden, dass dieser Ort tatsächlich existiert. Auf dieser Insel gibt es überall Blumen und Schmetterlinge. Das passt genau zu der Beschreibung der Sagen und Legenden. Außerdem erzählt man sich, dass es dort ein Elixier gibt, das ewiges Leben verleiht", erzählte er. „Wovon redest du da? Ist das ein Märchen? An sowas glaube ich schon lange nicht mehr", unterbrach ich ihn. „Bis vor kurzem dachten wir auch, dass es nur ein Märchen sei. Das Shogunat schickte einen Untersuchungstrupp auf die Insel, um das Elixier der Unsterblichkeit zu finden", fuhr er fort. Na klar, das passt zu meinem alten Herrn... Er war schon immer ein äußerst gieriger Mensch und am ewigen Leben interessiert. Wenn er nicht so ungeduldig wäre, hätte er mittlerweile vielleicht herausgefunden, was hinter meinen „mysteriösen Auferstehungen" steckt und selbst die Unsterblichkeit erlangt. „Doch... In dem Boot, das von der Insel zurückkam, wuchsen Blumen. Die Regierung schickte insgesamt fünf Truppen los aber die, die zurückgekommen sind, konnte man kaum noch als Menschen bezeichnen. Sie haben sich zum größten Teil in Pflanzen verwandelt. Der Shogun ist nach wie vor davon überzeugt, das Elixier auf dieser Insel zu finden. Er hatte die Idee, zum Tode verurteilte aus dem ganzen Land zu sammeln und sie auf die Insel zu schicken. Und der Erste, der das Elixier mitbringt, wird freigesprochen", beendete er seine Erzählung.

Der Banditenkönig und die Hexe (Chobe Aza x OC)Where stories live. Discover now