3. Die Aza-Brüder

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Shiki Pov:

Gleich nach dem Kampf mit den Verurteilten machten wir Bekanntschaft mit den ersten seltsamen Bewohnern dieser Insel. Riesige Tausendfüßler, Schmetterlinge mit menschlichen Gesichtern und andere merkwürdige Insekten attackierten uns. „Wieso sind das auf einmal so viele? Hier muss irgendwo ein Nest sein", rief Toma und verteidigte sich weiterhin. „Hey Hexe! Benutz endlich dein Feuer, damit wir diese Viecher loswerden!", brüllte Chobe Aza und erledigte gerade das nächste Insekt in Übergröße. „Ich bin ja schon dabei! So ein Angriff braucht etwas Vorbereitung, sonst wird die ganze Umgebung ebenfalls abgefackelt", rief ich zurück und formte in Gedanken bereits den Angriff, bevor die Flammen aus meinen Händen auf die Insekten zuschossen. „Da tauchen immer mehr auf und was ist das für ein komisches Wesen?!", fragte ich und lenkte die Aufmerksamkeit der beiden auf das Monster, das auf uns zu stapfte. Dieses Ding ging auf zwei Beinen, hatte sechs Arme, den Kopf eines Fisches und vier lange, messerscharfe Tentakel, mit denen es uns sofort angriff. „Toma und ich übernehmen den großen. Du gibst uns Rückendeckung, indem du dich weiter um diese riesigen Insekten kümmerst", kommandierte der Banditenkönig, während wir der Attacke dieses Monsters auswichen. „Seit wann sind du und der Scharfrichter eigentlich per du?!", brummte ich leise, nickte jedoch zur Bestätigung. Nach einem kurzen Schlagabtausch mit dem Monster hatten sie es erledigt und auch die Insekten wurden immer weniger, bis auch das Letzte von ihnen erledigt war. Erschöpft ließ ich mich zu Boden sinken, atmete ein paar Mal tief durch und sagte: „Ich wusste gar nicht, dass es im Paradies auch solche Kreaturen gibt. Dieser Ort gleicht wohl eher der Hölle..." Auch Chobe Aza und der Scharfrichter atmeten erst einmal durch, bevor ich weiterredete. „Ihr zwei kennt euch, hab ich recht?! Im Kampf eben habt ihr perfekt miteinander harmoniert. Wenn ihr euch tatsächlich erst vor kurzem kennengelernt hättet, dann wäre es euch viel schwerer gefallen dieses Monster zu erledigen." Die beiden blickten sich kurz an, bevor sie sich grinsend zu mir drehten und Toma antwortete: „Ja das stimmt, wir sind Brüder. Ich hab die Ausbildung zum Scharfrichter nur gemacht, um meinen älteren Bruder aus der Gefangenschaft zu befreien. Eigentlich habe ich damit gerechnet sein Scharfrichter zu sein, da ich darum gebeten hatte. Aber letztendlich wurde ich dir als Begleiter zugeteilt". „Als „Neuling" wollten sie dir damit wohl eins auswischen", entgegnete ich kopfschüttelnd und fügte noch hinzu: „So, so. Du bist also der kleine Bruder des Banditenkönigs. Das hätte ich nicht gedacht. Ihr seht euch überhaupt nicht ähnlich..." Ich betrachtete die beiden noch einmal eingehend und stellte wirklich keine einzige Gemeinsamkeit zwischen ihnen fest. Chobe Aza hatte kurzes blondes Haar, war muskulös, hatte orangefarbene Augen und viele Narben im Gesicht, während sein Bruder schwarzes langes Haar und schwarze Augen hatte, eher zierlich wirkte und den Eindruck machte, als hätte er noch nie ernsthaft kämpfen müssen. „Gefällt dir was du siehst?", fragte der ältere Bruder mit einem breiten, neckischen Grinsen im Gesicht, als ich ihn musterte. „Nicht wirklich, du bist überhaupt nicht mein Typ", antwortete ich frech und erhob mich. „Aha, und was ist dein Typ?", fragte er weiterhin grinsend und stand ebenfalls auf. „Das komplette Gegenteil von dir", erwiderte ich knapp und in desinteressiertem Ton. „Das ist aber schade, ich mag kleine Dinger mit scharfer Zunge", säuselte er und wollte näher kommen, wurde jedoch von seinem Bruder gestoppt. „Das reicht jetzt. Gehen wir lieber weiter bevor wieder welche von diesen riesigen Insekten oder merkwürdigen Monstern auftauchen."

Toma Pov:

„Dein Bruder hat also das berühmte Banditendorf in Iyo gegründet. Ziemlich beeindruckend für einen Mann seines Alters. Wie ist es dem Shogunat gelungen ihn zu schnappen?", fragte Shiki an mich gewandt, als wir weiter ins Innere der Insel vordrangen. Mein Bruder lief vor uns her und begutachtete wachsam die Umgebung. Ich schenkte ihr meine ungeteilte Aufmerksamkeit, bevor ich ohne zu zögern meine Erzählung begann. „Für deine Frage muss ich etwas weiter ausholen und dir etwas über unsere Vergangenheit erzählen... Als der Fürst, dem unser Vater diente, sein Herrschaftsgebiet verlor und Selbstmord beging, wurden seine kompletten Schulden auf seine Vasallen und deren Familien abgewälzt. Bald darauf wurde unsere Mutter schwer krank und verstarb nur kurze Zeit später. Und als mein Vater versuchte, sich am Gegner seines alten Herrn zu rächen und hingerichtet wurde, standen wir plötzlich ganz alleine da... Eines Tages wurden wir von Banditen überfallen, die uns gefangen nehmen und als Sklaven verkaufen wollten. Doch Chobe begriff sehr schnell was los war und er hatte schon immer die Fähigkeit sich jeder Situation schnell anzupassen. Er beeindruckte diese Ganoven mit seiner Entschlossenheit und manipulierte sie so geschickt, dass er bald die Kontrolle über die Gruppe von Banditen hatte. Er wurde zu ihrem Anführer, vergrößerte die Gruppe und gründete das Banditendorf in Iyo. Mein Bruder wurde geschnappt als das Dorf von den Soldaten des Shoguns entdeckt und angegriffen wurde. Die Truppen haben uns praktisch überrannt, denn sie waren uns zahlenmäßig weit überlegen. Er hat dafür gesorgt, dass wir fliehen konnten, um ihn später aus dem Gefängnis zu holen. Ich habe erst vor einem Monat meinen Dienst bei den Yamada Asaemon angetreten. Aufgrund meiner Fähigkeiten wurde mir deshalb schon erlaubt als stellvertretender Scharfrichter zu arbeiten." „Wieso erzählst du ihr gleich unsere ganze Lebensgeschichte? Und im Übrigen hast du mich einen ganzen Monat warten lassen...", grummelte mein Bruder währenddessen. „Immerhin hab ich es in einem Monat geschafft, als Yamadas Schüler diesen Job zu bekommen", verteidigte ich mich. „Ich hab einen Monat lang diese Folter ausgehalten", knurrte er weiter. „Sieh es mal positiv, durch die neuen Narben siehst du jetzt noch männlicher und gefährlicher aus!", sagte ich und lächelte entschuldigend. „Ein Monat..., das ist doch gar nichts. Ich saß drei Jahre im Gefängnis und habe unzählige Hinrichtungsversuche über mich ergehen lassen", warf Shiki neckisch ein und grinste meinen Bruder herausfordernd an. „Na und? Du scheinst aber unverwundbar zu sein und stehst nach jeder Hinrichtung wieder auf. Zumindest erzählt man sich das", konterte er und legte ebenfalls ein herausforderndes Grinsen auf. „Das macht es nicht weniger schmerzhaft. Ich mag zwar nicht in der Lage zu sein zu sterben, aber ich fühle alles genauso wie ihr „Normalsterblichen". Und was die Sache mit den Auferstehungen betrifft... Dein Bruder hat bereits eine gesehen und kann bestätigen, dass es wahr ist." „Sowas faszinierendes hab ich noch nie gesehen... Als ich dir den Kopf abgeschlagen habe, hat es nur ein paar Minuten gedauert, bis dein Körper zu Asche zerfiel und du aus dieser wieder auferstanden bist. Da ich so erstaunt war ist mir zuerst gar nicht aufgefallen, dass auch deine Klamotten zu Staub geworden waren und du in diesem Moment nackt vor mir gestanden hast..." Beim letzten Satz nahmen meine Wangen einen rosigen Ton an und ich blickte verlegen zur Seite. „Du hast sie nackt gesehen?! Interessant, erzähl doch mal wie sie unter diesen Lumpen so aussieht", rief mein Bruder interessiert aus und sein Grinsen wurde noch breiter. „Obwohl, ich könnte auch einfach selbst nachsehen", fügte er noch hinzu, packte Shiki am Handgelenk und zog sie näher an sich heran. „Und du glaubst ich lasse dich das einfach so machen, hm? Wenn du nicht zu einem Häufchen Asche werden willst, solltest du mich schnell wieder loslassen", drohte sie und ließ eine kleine Flamme auf ihrer Handfläche tanzen. „Bruder du solltest..." „Ja, ja schon klar. Wie schade. Dabei dachte ich, dass wir etwas Spaß miteinander haben könnten, jetzt da wir wieder frei sind", seufzte er und ließ die junge Frau los. „Meine Freiheit habe ich erst wieder, nachdem ich alle getötet habe die mein Leben zerstört haben", murmelte sie und hatte für einige Sekunden einen düsteren Gesichtsausdruck und der Durst nach Rache funkelte in ihren Augen.

Der Banditenkönig und die Hexe (Chobe Aza x OC)Where stories live. Discover now