Teil 3

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Heute ist endlich das erste Rennen der Saison. Ich konnte die halbe Nacht nicht schlafen, da ich so unfassbar aufgeregt bin. Ich war zwar schon bei einigen Rennen dabei, jedoch noch nie in der Box und an der Organisation involviert.

Mein Job während des Rennen ist es, mit Max zu reden und ihn auf dem Laufenden zu halten. Pünktlich um 10:00 Uhr kommen wir an der Strecke an. Es ist unfassbar warm, weswegen ich eine kurze Hose und natürlich ein Red Bull Tshirt trage.

Bevor wir in die Box gehen, müssen wir an einigen Interviewern vorbei, die mit Max reden wollen und ihn fotografieren wollen. Ich habe mich noch immer nicht an diesen Trubel gewöhnt. Zwar steht dabei größtenteils Max im Vordergrund, jedoch sind auch schon einige Interviewer oder Paparazzi auf mich zugekommen - wahrscheinlich aber nur, um Insiderinformationen von mir zu bekommen. Denn mittlerweile hat es sich überall rumgesprochen, dass nun Max' kleine Schwester ein Teammitglied von Red Bull ist. Für eine kurze Zeit war ich tatsächlich der Star des Internets. Und ich will nicht lügen - es hat mir gefallen.

Nach der Vorstellungsrunde der Paparazzi, an der jedes Team einlaufen durfte und kurz interviewed wurde, gehen wir in unsere Box. Während wir die Boxengasse entlang laufen, kommen einige andere Fahrer entgegen, die Max viel Glück wünschen. Ich persönlich finde das ziemlich ironisch, da sie ja eigentlich Rivalen sind. 'Hey, Red Bull Team!', begrüßt eine bekannte Stimme das Team.

Ich schaue hoch und blicke direkt in seine Augen. Seit dem Kennenlerntreffen habe ich Charles nicht mehr gesehen. Ich habe einige Male an ihn gedacht und mich geärgert, dass er so überheblich ist. Und , um ehrlich zu sein, ich habe ihn ein - zwei mal auf Instagram gestalkt. Auf seinen Posts wirkt er so bodenständig und nett. Ich kann es einfach nicht verstehen, wie er so arrogant sein kann. Ich habe mich jedoch dazu entschieden, ihn einfach zu meiden. Ich möchte keinen Streit haben und mich diese Saison wirklich auf meine zukünftige Arbeit konzentrieren. Auf einen kindischen Streit mit Charles habe ich wirklich einfach keine Lust.

'Viel Glück heute, Max. Denn das wirst du brauchen, immerhin habe ich heute Pol.', scherzt Charles nun mit Max. Plötzlich wirkt er total nett. Den Charles, den ich beim Dinner kennengelernt habe, ist wie verschwunden. Verwirrt schaue ich ihn an und versuche hinter dem sympathischen und netten Lächeln diesen arrogante und überheblichen Gesichtsausdruck von vor vier Tagen zu finden.

'Freu dich mal nicht zu früh. Gestern hast du gewonnen, aber heute werde ich dir den Arsch versohlen!', lacht Max, bevor er in die Box geht. Ich weiß zwar, dass das ebenfalls ein Scherz war, jedoch kenne ich meinen Bruder gut genug, um zu wissen, dass er es ernst meint. Immerhin ist er gestern wütend und tobend durch das Hotelzimmer gerannt, weil er nicht so schnell war wie Charles. Um ehrlich zu sein fand ich das ziemlich amüsant. Mein Bruder ist eben sehr ehrgeizig. (Und ein schlechter Verlierer, das sollte man ihm aber nicht sagen)

'Ah, Tess, du auch hier?', ich möchte gerade Max folgen, als Charles mich anspricht. Sofort ist der nette Gesichtsausdruck weg und seine Stimme, Haltung und eigentlich alles an ihm trieft vor Hochmütigkeit. 'Erstens, ich heiße Teri und zweitens, natürlich bin ich hier?! Warum sollte ich es nicht?', maule ich zurück. Warum versteht er denn nicht endlich, dass ich nicht mit ihm reden möchte?

Charles grinst nur, kommt ein Schritt auf mich zu, so, dass wir uns fast berühren. 'In meinem Ferrari Tshirt würdest du besser aussehen.', flüstert er und zwinkert mir zu. Dann legt er seine Hand auf meine Schulter und schaut mir tief in die Augen, bevor er mich vollkommen verdutzt stehen lässt.

Was war denn das gerade? Ich zittere in den Beinen und starre einfach nur in die Luft. Seine Augen waren meinen so nahe. Ich habe sie gerade zum ersten mal richtig gesehen und mir ist vorher wirklich nicht aufgefallen, dass sie so schön sind. Seine Berührung war wie ein elektrischer Schlag, der meinen ganzen Körper durchflutet hat. Was zum Teufel? Ich schüttle diese Gedanken ab und gehe nun in die Boxengasse, in der mich das Team schon erwartet.

Das Rennen lief nicht wirklich gut. Um ehrlich zu sein war es scheiße. Bis zum Ende haben sich Max und Charles ein atemberaubendes Battle geleistet - Max war dann sogar vorne. Jedoch versagte in den letzten paar Runden irgendetwas am Wagen, weswegen er einfach stehen blieb. Charles konnte einfach an ihm vorbei fahren. Und hat somit auch das Rennen gewonnen. Ausgerechnet er!

Max kommt tobend in die Box. 'Was zum Teufel ist gerade passiert? Wie soll ich Weltmeister werden, wenn der scheiß Wagen versagt? Sowas darf nicht passieren! Ich hatte den Sieg schon in den Händen!', ruft er, sodass die ganze Crew zusammenzuckt. Ich sagte doch, dass Max einfach nicht verlieren kann. Das Team, was für den Bau des Wagens zuständig ist, kommt nach vorne, um allen den Fehler zu erklären.

Nachdem wir eine 30 Minütige Standpauke erhalten haben, entscheide ich mich, auf die Strecke zu gehen und die Siegerehrung anzusehen. Auch wenn Max mich umbringen wird, wenn er es herausfindet.

Charles steht auf dem mittleren Podium, grinsend. Irgendein Teil meines Körpers freut sich für ihn. Ich versteh nicht einmal wieso. Sollte ich nicht genauso sauer wie Max sein und Charles den Sieg nicht gönnen?

Ich stelle mich in die Menge und schaue der Siegerehrung zu. Carlos ist zweiter Platz geworden. Ferrari hat also zu Saison Beginn den besten Start, welchen man sich nur wünschen kann.

Auch wenn gerade Carlos' Hymne gespielt wird, schaue ich trotzdem Charles an. Warum? Ich weiß es selber nicht. Ich verstehe nicht, warum ich hergekommen bin und nur ihn anschauen kann. Ich kann ihn doch eigentlich nicht leiden, also wirklich. Charles schaut suchend in die Menge. Ich frage mich, nach wen er Ausschau hält. Vielleicht sein Bruder? Er fährt ja selber Rennsport.

Plötzlich treffen sich seine und meine Augen. Für ein paar Sekunden sehen wir uns nur an. Und aus irgendeinem Grund werde ich total nervös. Was zum Teufel ist nur los mit mir? Charles grinst nun, und diesmal ist es kein arrogantes Grinsen, nein, es ist sein süßes Social-Media Grinsen. Er strahlt mich förmlich an, was irgendetwas in mir Auslöst, was ich nicht beschreiben kann.

'Teresa?', höre ich plötzlich aus der Menge heraus. Fuck, das ist Max. Ich beende den Augenkontakt zwischen mir und Charles und laufe hektisch durch die Menge, um am besten unbemerkt zur Box zurückzukehren. Natürlich gelingt mir das nicht.

Charles Leclerc  XX  ENEMIES TO LOVERSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt