Teil 6

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Nach etwa zwanzig Minuten beschließe ich, mir etwas zu Essen zu nehmen. Immerhin habe ich nichts gefrühstückt und ich habe das Gefühl, dass der Tag sehr lang wird.

Gerade schaufle ich mir Frühlingsrollen auf den Teller, als die Tür zum Gang aufgeht und Lando sowie Daniel reinkommen. 'Teri, Heyy!', begrüßt er mich mit einer Umarmung. Etwas überrumpelt erwidere ich diese und setze mich anschließend mit den Beiden auf die Couch.

'Hat Max dich mitgeschleppt, oder?', witzelt Ricciardo. 'Ja, ich weiß nicht einmal genau warum. Immerhin werde ich den ganzen Tag hier rumsitzen. Ich habe ja kein Interview. Und ich kann nicht einmal zusehen, nur von hier, durch die Glaswand.', beschwere ich mich und blicke in Richtung Glaswand, hinter der Charles sitzt.

Mein Blick wandert direkt, ohne dass ich es steuern kann, zu ihm. Zu meiner Überraschung hat er sich zur Seite gedreht und starrt mich an. In seinem Blick liegt nicht das übliche Grinsen, sondern... ich würde sagen... Verwirrung? Ich kann es nicht genau deuten. Im inneren hoffe ich, dass er die Umarmung zwischen mir und Lando nicht gesehen hat, warum auch immer. Unserer Bezug zueinander ist immerhin rein freundschaftlich.

Ich wende den Blick wieder ab und widme mich meinen Frühlingsrollen. Gleichzeitig unterhalte ich mich mit Lando und Daniel über das gestrige Rennen. Die beiden machen sich ziemlich über meinen Bruder lustig, wobei ich jedoch etwas mit einspringe. Auch wenn es für mein Team nicht vorteilhaft war, dass Max gestern aus dem Rennen ausgeschieden ist, ist die Tatsache, sich darüber lustig zu machen, doch auch irgendwie amüsant. Max ist immerhin noch mein Bruder.

Nach etwa einer weiteren Stunde gesellt sich auch endlich Max zu uns, bleibt aber nicht lange, da er sofort zu einem Interview mit seinem Teamkollegen und den McLarens gerufen wird. Ich sitze also wieder allein im Aufenthaltsraum und esse mittlerweile den dritten Teller Frühlingsrollen. Ich esse immer aus Langeweile.

Gerade scrolle ich durch mein Handy, als sich der linke Raum, in dem Charles und Carlos sitzen, öffnet. Charles wirft mir direkt einen Blick zu, den ich aber gekonnt ignoriere.

Carlos setzt sich neben mich und beginnt ein Gespräch mit mir, während Charles sich auf einen der Sessel setzt und auf sein Handy schaut.

'Wie gefällt dir bist jetzt die Rennsportwelt? Ist es so, wie du es dir vorgestellt hast?', frägt mich Carlos interessiert. Ich beschließe, mich nun mit ihm zu unterhalten und nicht mehr auf Charles zu achten.

'Ich finde es sehr stressig, aber es ist im großen und ganzen so, wie ich es mir vorgestellt habe. Gestern war auch mein erstes Rennen, bei dem ich live dabei sein durfte und mit arbeiten konnte und es hat wirklich viel Spaß gemacht.', erkläre ich Carlos. Wir unterhalten uns noch etwas, bevor Carlos sich entschuldigt um auf die Toilette zu gehen.

Nun sitzen Charles und ich alleine, schweigend in diesem großen Raum. Er hat sich mittlerweile auch etwas vom Buffet, dass immer wieder aufgefüllt wird, geholt und isst seinen Teller.

Allein wie er dort sitzt, isst und auf sein Handy schaut macht mich aus irgendeinem Grund wütend. Ich verstehe mich irgendwie nicht mehr. Auf der einen Seite würde ich sofort mit ihm rummachen, weil er und seine Art mich einfach so unfassbar anziehen, aber auf der anderen Seite gibt es Momente, an denen ich ihn - auch wenn es , wie jetzt, keinen wirklichen Grund dazu gibt - einfach nicht leiden kann.

'Was ist eigentlich dein Problem?', fauche ich ihn an. Ich habe geredet, ohne nachzudenken. Sofort bereue ich es, das gesagt zu haben. 'Mein Problem? Ich habe kein Problem?', antwortet er, immer noch auf sein Handy schauend.

'Willst du mich verarschen? Du bist komplett arrogant und eingebildet mir gegenüber und versuchst dich an mich ranzumachen. Ich meine, was war das gestern Abend? Was war deine Intention dahinter? Ist dir einfach nur langweilig?', rege ich mich weiter auf. Es kommt einfach alles aus mir raus. All diese Gedanken, die ich seit längerem habe, all diese Fragen, auf die ich eine Antwort brauche.

Nun habe ich seine Aufmerksamkeit erregt. Er schaltet sein Handy aus und legt es bei Seite. Dann steht er auf, kommt zu mir her und kniet sich vor mich hin, als ob ich ein kleines Kind wäre. 'Komm mit.', befiehlt er mir nur in einem ruhigen, jedoch doch etwas dominanten Ton.

Ich stehe sofort, ohne nachzudenken auf, als er meine Hand nimmt und mich anschließend aus dem Raum führt.

Ohne mit mir zu reden führt er mich den langen Gang entlang und anschließend ein paar Treppen in dass obere Stockwerk. Oben angekommen zieht er mich schließlich in einen kleinen Raum, ich vermute, dass das sein Umkleidezimmer ist.

'Was sollen wir hier?', frage ich ihn, nachdem er die Tür verschlossen hat. 'Reden?', antwortet er, als ob das so offensichtlich ist. 'Und das haben wir nicht im Aufenthaltsraum machen können?', zicke ich ihn an. 'Nein.', antwortet er jedoch ruhig. 'Warum nicht?' 'Weil dein Bruder uns sonst sehen würde.', er starrt mich an, kommt immer näher und legt schließlich seine Hand auf meinen Oberarm. Ich zucke etwas zusammen, lasse es aber zu. Ich spüre seinen Atem auf meiner Haut, als er mir noch näher kommt. Wie hypnotisiert stehe ich da, starre nur ihn und seine wunderschönen Augen an.

'Beim Reden? Was ist daran so schlimm, wenn er uns sieht, wie wir reden?', frage ich nun schließlich. Ich verstehe ihn nicht.

'Dann könnte ich nicht das tun, was ich schon seit langer Zeit machen wollte.', flüstert er nun, legt seine Hand auf meine Taille und küsst mich. Er küsst mich einfach. Seine Lippen auf meinen, wie oft ich schon darüber geträumt habe. Sie schmecken nach Minze, genau so, wie ich es mir vorgestellt hätte, wenn ich darüber nachgedacht hätte, was ich natürlich nicht habe. Seine Lippen sind weich, jedoch auch voller Zuneigung. Ich erwidere den Kuss sofort, dränge mich an ihn und ziehe an seinen Haaren, nachdem ich seine Cap weggeworfen habe. Er umfasst nun mit beiden Händen meine Taille, zieht mich näher zu sich, sodass sich unsere beiden Körper berühren. Gänsehaut wellt durch meinen ganzen Körper und ich habe mich schon so lange nicht mehr so lebendig gefühlt wie gerade eben.

Was macht dieser Mann nur mit mir?

Charles Leclerc  XX  ENEMIES TO LOVERSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt