Teil6

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»Okay, wo sind wir?«

Franzens Stimme bohrte sich in Arnikas Halbschlaf. Sie zuckte, blinzelte, ignorierte die wirren Lichtblitze in allen möglichen Farben und drehte sich schließlich auf die Seite. »Nur noch einen kleinen Moment. Mir ist so schwindlig.«

»Nein, wirklich. Wo sind wir?«

»Komm mal wieder runter, Bruder.« Kaddas Stimme war ruhig wie immer. Es gab wenig, was sie aus der Ruhe bringen konnte und was immer passiert war, gehörte nicht dazu. »Keiner von uns hat eine Ahnung, was passiert ist, okay? Wir müssen zusehen, dass wir Arnika auf die Beine bringen und dann nach Chou suchen.«

Arnika setzte sich vorsichtig auf. Ihr Kopf pochte und der Boden fühlte sich an, als würde sie auf einem Poolkissen sitzen. Sie sah sich um. Kadda, Franz und sie saßen auf einer Ebene. Eine Wiese, vielleicht knöchelhohes Gras. Wenn die gelblichen Halme überhaupt Gras waren. Am Horizont stieg Rauch auf, in der anderen Richtung konnte sie eine Art violetten Wald erkennen. Chou war nirgends zu sehen. »Meinst du, wir haben irgendetwas beschworen?«

»Wenn wir etwas beschworen hätten, wären wir noch bei ihr Zuhause und hätten bloß einen Geist mit im Raum.« Kadda schüttelte den Kopf. »Was auch immer passiert ist, muss was Größeres sein.«

»Vielleicht hat es etwas mit der Münze zu tun?« Arnika tastete an ihrer Hose herum und zuckte schließlich die Schultern. »Die Münze und das Brett sind auch weg.«

»Vielleicht haben wir uns auch nur alle den Kopf angestoßen?« Franz klang wie ein verängstigtes Kind. Er sah sich hektisch aus weit offenen Augen um. »Wir sind in einem dummen Traum. Ich träume das alles, weil ...« Er schluckte. »Ich habe keine Ahnung.«

Arnika deutete auf die Rauchsäulen am Horizont. »Was denkt ihr? Da hinten scheint jemand zu wohnen. Vielleicht sollten wir uns erkundigen, wo wir sind?«

»Und wenn die Leute hier nicht gut auf Gäste zu sprechen sind?«

»Ich bitte dich. Wir sind nicht mal Erwachsene.« Kadda stand auf. »Ich glaube, Arnika hat recht. Lasst uns gehen.« Ohne sich nach den Anderen umzusehen, machte sie sich auf den Weg.

Arnika ließ ihren Blick über den Himmel schweifen, nickte sich selbst zu und folgte ihr.

Franz quiekte, rappelte sich jedoch auf und blieb in der Nähe der beiden Mädchen. Er murmelte die ganze Zeit vor sich hin.

Kadda blieb nach einiger Zeit stehen, wartete, bis er zu ihr aufgeholt hatte. »Kannst du eigentlich nicht mal zwei Sekunden die Klappe halten?«

»Das ist mein Satz.« Arnika lachte. »Das ist echt peinlich, ein Kerl sollte sich nicht so anstellen. Erst recht nicht, wenn du dich sonst wie der letzte Idiot aufführst.«

Franz schnaubte, sah zur Seite und schwieg. Für einige Schritte, ehe er wieder mit dem Gewimmer anfing.

Arnika seufzte. »Vielleicht sollten wir ihn zurücklassen. Er macht keinen guten Eindruck.«

»Das ist wahr.«

»Das ist nicht euer Ernst! Wir wissen nicht mal, wo wir sind. Vielleicht gibt es hier Bären oder so was!«

»Bären fressen keine Feiglinge. Die schmecken ihnen nicht.« Arnika schüttelte den Kopf. »Jetzt halt einfach die Klappe und komm mit.«

Sie überquerten die Ebene und erreichten einen kleinen Forst, der sie von dem Dorf trennte. Die Wege zwischen den jungen Bäumen waren zu schmal, um sie bequem nutzen zu können, und die drei Freunde mussten sich seitwärts durch die Pflanzungen schieben, bis sie endlich am Rand der Ortschaft angelangten. Eine mannshohe Palisade schirmte das Dorf gegen den Forst ab, doch die Tore waren weit geöffnet. Dahinter lagen breite, sandige Wege, an deren Seiten sich Holzhäuser von ein oder zwei normalen Stockwerken erstreckten. In der ganzen Siedlung gab es kein Gebäude, nicht einmal einen Brunnen aus Stein, soweit Arnika sehen konnte.

Die Suche nach den sieben SteinenWhere stories live. Discover now