Teil11

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Die drei Jugendlichen tasten sich weiter durch den Wald vor. Die Stämme der Bäume waren zu dünn, um sich dahinter verstecken zu können. Es war unmöglich, einfach und vollkommen aus dem Sichtfeld der anderen zu verschwinden und trotzdem war genau das zwei Mal in den letzten Stunden passiert.

Arnika ließ sich resigniert an einem der Bäume zu Boden sinken. Der Stamm fühlte sich eigentümlich warm durch ihre Kleidung an. Warm und glatt, wie das Fell eines großen Tieres. Sie schüttelte den Kopf. Jetzt fing sie auch schon damit an, die Bäume als fühlende Wesen anzusehen. »Er kann sich doch nicht in Luft aufgelöst haben.«

»Selbst wenn nicht, sollten wir aufhören, nach ihm zu suchen. Jedenfalls im Wald.« Franz wandte sich in Richtung der Straße, von der Chou gesprochen hatte. »Vielleicht ist er schon längst in eine der Städte gegangen. Er war doch sehr darauf aus. Außerdem ist er derjenige, der keinen Wert auf die Gruppe legt.«

»Schöne Gruppe, wenn wir einfach einen zurücklassen.« Arnika stemmte sich wieder in die Höhe. Sie sah gen Himmel. Das helle Blau hatte einen grauen Schleier bekommen und vom westlichen Waldrand drangen orangerote Streifen durch die Bäume. »Aber vielleicht hast du recht. Wir sollten uns einen Unterschlupf für heute Nacht suchen. Morgen können wir nach Kevin sehen.«

Katrin schüttelte den Kopf. »Ich bin Franzens Meinung. Kevin wird es sich irgendwo gemütlich gemacht haben und verzweifelt nach einem Weibchen suchen, dass sich von seinem Gestank beeindrucken lässt.«

Arnika nickte, wenn sie auch nicht völlig von den Worten ihrer Freunde überzeugt war. »Wir dürfen nur nicht vergessen, dass wir alle zusammen zurück zu Sofia müssen, wenn wir nach Hause wollen.«

»Wenn wir alle nach Hause wollen«, korrigierte sie Franz: »Sollte sich jemand, warum auch immer, entscheiden, hierzubleiben, dann muss dieser jemand nicht mit zurück.«

»Als ob das irgendjemand wollen würde.« Katrin kicherte. »Jedenfalls, wenn dieser jemand Kevin heißt. Ich hätte nicht erwartet, dass so wenig hinter seiner riesigen Klappe steckt.«

Arnika grinste. Sie trat an den anderen vorbei, in Richtung des Sonnenuntergangs. »Immer nach Westen, hatte Chou gesagt?«

Die beiden anderen nickten und folgten ihr.

Obwohl sie den Waldrand von ihrer alten Position aus bereits klar sehen konnten, schien der Weg bis zum Ende der Bäume endlos. Es war, als würde der gesamte Wald mit jedem ihre Schritte ebenfalls einen Schritt nach Westen machen. Je dunkler es wurde, desto schneller schienen sich die Bäume zu bewegen und desto lauter wurde das Geraune ihrer Kronen.

Katrin blieb stehen. »Irgendetwas stimmt hier doch nicht. Wir müssten längst aus dem Wald draußen sein. So weit kann die Straße gar nicht weg sein.«

»Vielleicht war das alles eine optische Täuschung? Die Bäume sind dünner als normal und jetzt sind noch überall diese langen, dicken Schatten dazwischen.«

Arnika folgte Franzens Geste. Sie betrachtete die langen Schatten der Bäume auf dem lichten Waldboden. Zwischen den geraden Schatten, die sich wie Gefängnisfenster durch den Wald erstreckten, wogten lange Tentakel hin und her. Arnika runzelte die Stirn. Sie betrachtete die Bäume, doch an diesen war kein Hinweis auf die seltsamen Auswüchse zu finden. »Vielleicht habt ihr beide Recht. Wir sollten zusehen, dass wir aus dem Wald rauskommen.«

Sie griff nach den Händen ihrer Freunde und zog sie stur hinter sich her in Richtung Westen. Solange die Sonne noch irgendwie zu sehen war, würden sie sich kaum verlaufen können. Sie mussten aus dem seltsamen Forst heraus, ehe es dunkel wurde. Tatsächlich schien der Waldrand wieder näher zu kommen, doch etwas anderes veränderte sich. Die Abstände zwischen den Bäumen wurden kleiner. Erst unmerklich, so dass Arnika noch glaubte, sie würde sich vom Licht täuschen lassen. Doch bevor sie die Straße erreichten, baute sich eine Wand aus Baumstämmen vor ihnen auf, die zuvor sicher noch nicht da gewesen war.

Die Suche nach den sieben SteinenWhere stories live. Discover now