Teil12

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Obwohl es mitten in der Nacht war, herrschte auf den Straßen der Stadt wildes Leben. Nicht wie in einem Film über Las Vegas, sondern ganz alltägliche Ansichten. Menschen kamen mit vollen Einkaufstüten aus einem Supermarkt und luden ihre Einkäufe in den Kofferraum kleiner, viereckiger Autos. Eine Frau wiegte mitten auf dem Parkplatz ein schreiendes Baby in den Armen, an einer anderen Ecke spielten einige Kinder mit einem Ball.

Arnika wusste nicht, was sie an dem Anblick am meisten verwirren sollte. Sie deutete auf die Kinder. »Sollten die nicht im Bett liegen?«

»Mich wundern die Autos viel mehr«, gab Franz zu. »Ich meine, hättest du die erwartet?«

Arnika schüttelte den Kopf. Sie gähnte. Eigentlich, wenn sie genauer darüber nachdachte, war sie viel zu müde, um sich Gedanken über das Stadtbild zu machen. Die Sache mit den Bäumen war anstrengender gewesen, als sie es zugegeben hätte. »Wir sollten die Leute nach einem Hotel oder einer Herberge fragen.«

Katrin nickte. Sie sah sich um, bemerkte ein älteres Ehepaar und trat auf die beiden zu. »Entschuldigen Sie, können Sie uns helfen?«

Die Frau, eine dickliche Person mit grauen Locken und einer dünnen, goldenen Brille, trat einen Schritt zurück. Sie musterte erst Katrin und dann die etwas entfernt stehenden Anderen über den Rand der Brille hinweg.

Der Mann spannte sich, so sehr, dass selbst die Haare an seinem Schnurrbart zitterten. Er fixierte Katrin mit seinem Blick. »Wer seid ihr? Wo kommt ihr her? Was wollt ihr?«

Katrin sah irritiert über die Schulter zu ihren Freunden. Franz und Arnika sahen einander an. Sie benötigten eine Weile, bis sie die Situation verstanden hatten, dann trat Arnika vor. Sie lächelte offen.

»Wir sind auf der Suche nach einem Freund. Wir waren auf dem Weg in unsere Heimatstadt, als wir ihn verloren haben. Und weil es dunkel geworden ist, dachten wir, er hätte sich vielleicht hierher zurückgezogen.«

Der Mann kniff die Augen zusammen, bis vom Weiß nichts mehr zu sehen war. Die Frau schnaubte. Sie trat den halben Schritt wieder nach vorne, musterte Arnika von oben bis unten, dann schüttelte sie den Kopf. »Ich glaube nicht, dass sich Fremde in diese Stadt verirren, Kindchen. Niemand mag Fremde. In dieser Stadt.«

»Oder in jeder anderen«, knurrte der Mann. »Ihr solltet wieder dorthin zurückgehen, wo ihr hergekommen seid, und zwar schleunigst.«

»Bitte?« Franz hatte sich während des kurzen Gesprächs ebenfalls dem Ehepaar genähert. »Wir sind gerade erst hier angekommen, es ist Nacht, es ist kalt und es ist dunkel. Wir wollen bloß irgendwo einen Platz zum Schlafen finden.«

»Hast du gehört, sie suchen einen Platz zum Schlafen?« Die Frau hatte einen Gesichtsausdruck irgendwo zwischen Häme und Sorge. »Als ob irgendjemand um diese Zeit schlafen würde.«

»Äh, wir?« Katrins Kopf zuckte.

Der alte Mann seufzte. Seine Haltung entspannte sich, auch wenn er immer noch achtsam aussah. »Aus welcher Stadt kommt ihr, dass ihr in der Nacht schlaft? Seid ihr von diesen Meharo?«

»Meharo?« Franz schielte auf Arnika.

Sie zuckte mit den Schultern, sah den alten Mann an und nickte.

Der wandte sich ruckartig ab. »Dann solltet ihr besser aus der Stadt verschwinden. Niemand wird hier irgendwelche Spione beherbergen!«

»Wir sind keine Spione!« Katrin stemmte die Hände in die Hüften. »Wir wollen einfach nur irgendwo die Nacht verbringen, und dann nach Hause!«

Die beiden alten Leute sahen einander an. Die Frau zuckte mit den Schultern, schielte jedoch auf die Jugendlichen, als sie sprach. »Ich glaube nicht, dass sie aus Meharo sind. Vielleicht sind es Lepidoptera ohne Flügel? Ich meine, sieh dir ihre Kleidung an, so etwas tragen sicher nicht Meharos Leute.«

Die Suche nach den sieben SteinenWhere stories live. Discover now