Etril

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„Delwin?" hauchte ich als ich den Tod geglaubten Vampir am Kopfteil des Tisches vor mir sitzen sah.
„Guten Morgen Schätzchen"
„Wie... wie ist das möglich?" fragte ich fast schon flüsternd
„Ich hatte gehofft das du mir das verraten kannst. Als ich aufgewacht bin lagst du Bewusstlos und mit Blut im Gesicht neben mir" sprach er und es fühlte sich eigenartig an seine Stimme zu hören, denn das letzte an das ich mich erinnerte war, wie er Tod in meinen Armen lag, kurz bevor ich die Kontrolle über das Mondzepter verloren hatte. Doch bevor ich etwas sagen konnte, kam der Professor wütend in die Küche gestürmt.
„Ich habe euch zwar erlaubt in meinem Wohnzimmer zu schlafen aber nicht, dass ihr dort so eine Unordnung veranstaltet. Dort sieht es aus als hätte eine Meute Kobolde gewütet!" erst nach seinem Wutausbrauch und den Peinlich berührten Blicken meiner Freunde, erkannte der Professor das ich wach vor ihm stand. Sein Blick wurde schlagartig sanfter.
„Azura. Sie sind wach. Wie geht es ihnen?"
„Etwas schlapp... aber sonst geht es mir gut" log ich und hoffte das er nicht merkte, wie schlecht es mir tatsächlich ging. Alleine hier zu stehen löste eine enorme Anstrengung in mir aus und ich konnte nicht aufhören Delwin anzustarren. Unauffällig kniff ich mir erneut in den Arm um sicher zu stellen das ich nicht in einem Traum gefangen war, doch auch dieses Mal wachte ich kein zweites Mal auf. Delwin stand auf und kam auf mich zu.
„Komm. Gehen wir ein Stück, wie haben viel zu besprechen" er reichte mir seine Hand. Erst sah ich zu Kiran der grimmig meinem Blick auswich. Dann griff ich nach Delwins Hand und willigte ein mit ihm nach draußen zu gehen.
„Macht das und ihr. Ihr räumt diesen Saustall auf! Und Rune, wenn du das nächste Mal aus dem Regen ins Haus kommst, verwandle dich nicht in einen Wolf! Das ganze Haus riecht nach nassem Hund!" schimpfte Professor Erion wieder los und Delwin zog mich eilig auf die Straßen von Etril hinaus.

Kaum waren wir an den ersten aus Stein und Holz gebauten Wohnhäusern vorbei gelaufen blieben wir stehen.
„Ich wusste nicht das Professor Erion so pingelig ist" stellte ich fest.
„Oh doch, das war er schon immer und wenn du nicht Bewusstlos gewesen wärst wären wir dort schon längst abgehauen. Er ist ein schrecklicher Gastgeber aber wenigstens ein guter Lehrer" motzte er. Ich lachte und gleichzeitig bildete sich ein Kloß in meinem Hals, da ich nicht erwartet hatte seinen Charmanten Humor noch mal hören zu können.
„Delwin?"
„Ja, Liebes?"
„Wie... wie kann es sein das du noch Lebst? ... Du... du warst doch Tod" fing ich vorsichtig an und sah dabei zu Boden.
„Ich kann es dir nicht genau sagen, aber als ich aufgewacht bin konnte ich eine Art Magie in mir spüren. Das ist für einen Vampir ein einzigartiges Erlebnis, das kann ich dir sagen" scherzte er, doch dieses Mal lachte ich nicht. Ich war zu sehr in meinen Gedanken vertieft.
„Das Mondzepter... ich habe wieder die Kontrolle darüber verloren" gab ich zu und fing an mir nervös den Arm zu reiben. Delwin sah mich besorgt an.
„Also hat mich das Mondzepter zurückgeholt? Warum?"
„Ich weiß es nicht... ich... ich wollte dich nicht verlieren"
„Also, wenn ich nicht schon Untot wäre, würde ich jetzt Rot werden. Doch so toll es auch ist, dass du wiederbelebende Kräfte hast, solltest du das lieber nicht mehr einsetzen, wenn es dir so sehr schadet... ich weiß das du dem Professor nicht die Wahrheit gesagt hast... du kannst dich ja kaum auf den Beinen halten" er hielt inne und sah mich noch immer besorgt an.
„Aber... reden wir über was anderes. Sehen wir uns die Stadt an. Du warst ja schließlich noch nie hier" schlug er vor. Ich lächelte leicht und nickte.

Wir liefen über den Steinigen Schotterweg der quer durch die Stadt führte. Links und Rechts der Straße standen schöne mit Moss und Efeu bewachsene Wohnhäuser und Geschäfte. Die Stadt hatte sich perfekt dem Wald angepasst der um ihn herum wuchs. Das Einzige was die Stadt vom Wald trennte, war eine Hüfthohe Steinmauer die ebenfalls teilweise mit Moos bewachsen war. An jedem Schaufenster blieb ich stehen und sah mir die Ware an die darin ausgestellt war. Kleidung, Magiesteine, Kräuter und Tränke man konnte hier alles Mögliche für ein paar Taler kaufen. Ein Hexengeschäft in dem man Zauberstäbe und Kessel kaufen konnte erregte meine Aufmerksamkeit.
„Ein Hexengeschäft? Ich dachte Hexen leben auf der Magielosen Ebene" fragte ich mich.
„Ja das stimmt, aber die Hexen sind auch diejenigen welche die Fabelwesen durch ein Portal hierherschicken können. Durch dieses Portal können sie auch selbst gehen um Magische Gegenstände zu kaufen die es bei den Menschen nicht mehr gibt" erklärte Delwin, ich nickte und wir gingen weiter, solange bis wir vor einem offenen Landen stehen blieben in dem kleine Fabelwesen verkauft wurden.
„Man kann Fabelwesen kaufen?" Delwin zögerte.
„Es ist ein umstrittenes Geschäft. Aber man kann nicht alle Wesen kaufen. Hauptsächlich Elementare Wesen die sich auch mit den Feen verbinden können, wie diese Elementar Fennike dort" ich sah zu einem Gehege in dem kleine Fuchsartige Wesen mit großen Ohren miteinander spielen. Man konnte die verschiedenen Elemente erkennen. Die die mit der Natur verbunden waren hatten einen Blätterkragen und die die mit Wasser verbunden waren hatten eine Flosse und Blaue Schuppen am Körper.
„Die sind ja süß" stellte ich fest. Ich sah viele solche Elementare Fabelwesen. Eulen, Raben, Hasen und Katzen. Aber kein einziges Schattengeschöpf war zu sehen und als ich den Abfälligen Blick des Händlers sah, erkannte ich das er wohl nicht gut auf Schattenfeen zu sprechen war.
„Gehen wir lieber weiter" flüsterte ich und drehte mich weg, nur stand ich dann nicht auf der Straße, sondern vor einem großen Roten Vogel der auf einem Holzständer saß und mich eindringlich anstarrte. Seine Bernsteinfarbenen Augen schienen mir direkt in die Seele zu blicken.
„Der Phönix scheint von dir fasziniert zu sein. Das passiert sehr selten" merkte Delwin an der mit verschränkten Armen neugierig neben mir stand.
„Solche Fabelwesen dürfen verkauft werden?" nuschelte ich meine Frage mehr, doch der grimmige Händler hatte mich trotzdem gehört.
„Natürlich nicht! Nicht alle Wesen kann man einfach mit Talern kaufen. Einige kommen Freiwillig zu mir um auf einen würdigen Verbündeten zu warten. Der Phönix scheint sich wohl für dich entschieden zu haben. Glückwunsch"
„Für mich? Warum?"
„Woher soll ich das wissen!? Ich Füttere und Verkaufe hier nur" maulte der Händler der offensichtlich eine Windfee war und er begab sich wieder zu den anderen Fabelwesen.
„Warum sind Windfeen nur immer so Mürrisch? Die sind manchmal nerviger als die Feuerfeen und das mag was heißen" beschwerte sich Delwin.
„Ist doch egal... was mache ich jetzt?" fragte ich unsicher.
„Ich bin doch keine Fee... aber zu deinem Glück habe ich so eine Verbindung schon mal beobachtet. Die Fee hat ihre Magie in ihre Hände geleitet und das Fabelwesen gestreichelt. So hat sie etwas Magie übertragen und die Verbindung war hergestellt. Versuche es doch mal" ich sah auf meine Handfläche und horchte in mein inneres, ich hatte Angst was ich dort fand nachdem die Magiesignaturen so durcheinandergeraten waren.

Wieder stand ich an dem Fluss und wie bereits vermutet hatte das Mondzepter meine Magie wieder abgedrängt. Wie beim letzten Mal versuchte ich meine Magie wieder stärker durch den Fluss strömen zu lassen, da ich aber so geschwächt war, war es dieses Mal schwieriger als beim letzten Mal, aber es funktionierte.

Als ich meine Augen wieder öffnete spürte ich meine Magie in meinen Fingerspitzen und ich strich sanft über die Federn des Phönix solange ich die Magie halten konnte. Dezente Azurblaue Fasern zogen sich durch das Rote Gefieder des prachtvollen Wesens und ich spürte die starke Verbindung durch unsere beiden Körper fließen. Dann breitete der Phönix seine Flügel aus und flog davon. Nachdenklich sah ich ihm hinterher bis er hinter den Wolken verschwand.
„Wo fliegt er hin?"
„Ein Phönix ist kein einfaches Haustier. Er ist unabhängig, aber ihr habt eine Verbindung und er wird kommen, wenn du ihn brauchst. Seine Tränen haben heilende Kräfte und er ist unglaublich stark, er könnte uns sogar im Kampf unterstützen" erklärte Delwin beeindruckt.
„Lass mich raten, die Wesen sind hier her geflohen, weil die Menschen ihn wegen seiner Heilkräfte gejagt haben" murmelte ich.
„Wow, du hast den Charakter der Menschen schneller begriffen als den der Feen" stellte Delwin belustigt fest während wir weiter durch die Stadt liefen.
„Na ja... bei fast jedem Fabelwesen das im Leitfaden steht, steht dabei das es von Menschen gejagt wurde... langsam glaube ich das die Menschen selbst Monster sind"
„Genau kann ich das nicht sagen. Das letzte mal das ich dort war ist fast tausend Jahre her, aber ich kann dir sagen das nicht alle Menschen Böse sind, es gibt auch gute, so wie bei den Feen, den Vampiren und den Werwölfen. So unähnlich sind wir uns eigentlich gar nicht, schließlich war ich auch mal ein Mensch" erzählte er und ich bekam ein wenig Hoffnung. Schuldbewusst sah ich dennoch zu Boden, den genau das vergas ich oft bei ihm.

Nachdem wir eine Weile schweigend durch die Stadt gelaufen waren, setzten wir uns ein Stück außerhalb der Stadt auf einen umgestürzten Baumstamm.
„Danke das du mir die Stadt gezeigt hast" bedankte ich mich. Delwin wirkte nachdenklich und zögerte bevor er mir antwortete.
„Natürlich... bitte. Ich weiß noch wie traurig du warst als du mit den anderen nicht mitgehen konntest und alleine in der Akademie geblieben bist. Das wollte ich wieder gut machen"
„Das weißt du noch?" er lachte auf.
„Ich weiß noch alles. Seit dem Tag an dem ich dich das erste Mal sah" sagte er lächelt, doch das lächeln verschwand schnell wieder und er sah mich sorgenvoll an. Traurig sah ich zu Boden. Aus irgendeinem Grund ahnte ich worauf er hinaus wollte. Nachdem er ein weiteres Mal schwieg sagte er etwas das mein Herz schneller schlagen ließ, aber nicht auf die Gute Art und weise.
„Ich will dir nicht länger verschweigen, dass ich gerne mehr für dich wäre als nur dein Wächter"
„Delwin..."
„Nein... lass mich bitte ausreden" unterbrach er mich und ich sah in sein trauriges Gesicht.
„Ich existiere schon so lange... ich hatte viele Liebschaften, viele Verluste und auch ich habe hin und wieder ein Herz gebrochen... ich kenne also den Blick wenn man verliebt ist sehr gut. Du weißt das vielleicht nicht, aber du hast auch diesen Blick... nur leider nicht, wenn du mich ansiehst" Ich hörte den Schmerz und die Traurigkeit in seiner Stimme und ihn so zu sehen tat mir selbst weh.
„Warum erzählst du mir das jetzt?" fragte und versuchte dabei nicht weinen.
„Ganz einfach. Ich bin gestorben... ohne dir das vorher sagen zu können... ich wollte nicht das, dass nochmal passiert" gab er niedergeschlagen zu. Die erste Träne bahnte sich nun doch ihren weg und lief mir über meine Wange.
„Ich wollte dich nie verletzen oder dir das Herz brechen Delwin" schluchzte ich. Er lächelte schwach und griff nach meiner Hand.
„Du könntest mir nur das Herz brechen, wenn ich in deinem Leben gar keine Rolle spiele" ich umfasste seine Hand fester.
„Natürlich spielst du eine Rolle für mich. Du bist mein bester Freund... ja, mein Bruder sogar!" erst sah er mich erstaunt an, dann zog er mich in eine feste Umarmung.
„Das reicht mir"...

Schattenelement - Krieg der FeenWhere stories live. Discover now