Ein neues Ziel

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Auf Wunsch des Professors blieben wir noch zwei Tage bei ihm um uns von den ganzen Ereignissen zu erholen. Meine Ungeduld ließ mich diese Tage aber nicht schlafen, so viel ging mir durch den Kopf. Der Krieg, die Lügen und... Kiran. Seitdem er mich geküsst hatte und ich ihn wegen Delwin so angeschrien hatte, bin ich ihm zu jeder Zeit aus dem Weg gegangen. Ich wusste nicht wie ich mit ihm reden sollte und gleichzeitig sah ich in seinem Blick, dass er meine Distanz zu ihm nicht verstand.
„Azura? Arura, wach auf" die sanfte Stimme von Selene riss mich aus meinem in Gedanken verlorenen Halbschlaf.
„Kannst du immer noch nicht schlafen?" fragte Selene besorgt. Ich setzte mich auf und rieb mir die Stirn.
„Nein nicht wirklich, mir geht ziemlich viel durch den Kopf" gab ich ehrlich zu. Um ehrlich zu sein, war ich einfach zu müde um mir eine ausrede einfallen zu lassen.
„Das verstehe ich. Willst du darüber reden?"
„Vielleicht später... gerade ist mir nicht danach"
„Verstehe... dann komm, das Frühstück wartet schon" sagte sie mit einem schwachen lächeln. Ich nickte und ging mit ihr zusammen nach unten.

Die anderen saßen schon am Tisch und aßen. Kaum betrat ich den Raum, hielten sie inne und sahen mich an. Sie alle sahen besorgt aus. Offenbar war es mehr als offensichtlich, dass ich Tagelang nicht richtig geschlafen hatte.
„Geht es dir gut Azura?" fragte Terra dann. Ich nickte.
„Ja, ich bin nur müde. Mache dir keine Sorgen" mit den Worten setzte ich mich hin und begann mir ein paar Brötchen auf den Teller zu legen. Dabei traf mein Blick kurz die Augen von Kiran. Sofort wich ich ihm aus und begann zu essen ohne von meinem Teller aufzusehen.

Nachdem wir den Tisch abgeräumt hatten, uns die Rüstungen angezogen hatten, gab uns Professor Erion eine Tasche mit Reiseproviant.
„Das sollte reichen bis ihr auf der Insel ankommt. Passt auf, wenn ihr zum Hafen geht. Überall könnten Kriegerfeen sein"
„Danke Professor... für alles" bedankte ich mich ehrlich bei ihm.
„Wir sind noch nicht fertig. Sobald ich herausgefunden habe, wie wir das Mondzepter entfernen melde ich mich wieder bei euch" konterte er, was mich zum lachen brachte.
„Lassen sie sich dabei nicht erwischen" scherzte Delwin.
„Ich weiß schon was ich tue und jetzt ab mit euch" Der Professor drängte uns fast schon aus seinem Haus.
„Viel Glück und passt auf, wenn ihr an der Insel andocken wollt. Ich weiß nichts Genaueres, aber es gibt einen Grund warum kaum einer zur Halbinsel fährt" mit den Worten schloss er die Tür.
„Ich hasse es, wenn er sowas macht" maulte Ahila die sich mit der Rüstung an ihrem Körper noch nicht ganz anfreunden konnte.
„Jetzt versuchen wir erstmal sicher zum Hafen zu kommen" Argumentierte Rune und wir machten uns auf den Weg zum Hafen der Akademie.

In der nähe des Hafens versteckten wir uns hinter einem Felsen und beobachten von dort aus die Lage.
„Da sind Kriegerfeen. Warten wir erstmal ab bis sie wieder verschwinden" schlug Kiran vor. Nach kurzer Zeit gingen die Kriegerfeen tatsächlich wieder.
„Woher wusstest du, dass sie wieder gehen?" fragte Ahila dann.
„Kriegerfeen sind sehr ungeduldig. Sie suchen sich schnell eine neue Beschäftigung" erklärte er mürrisch.
„Wenn wir beim Hafen sind muss es schnell gehen. Es wird ihnen sicher auffallen, wenn ich mein Schiff aus der Bucht hole" ich schluckte schwer als Selene uns das mitteilte, da ich vergaß wie groß ihr Schiff war. Vorsichtig schlichen wir zum Hafen wo außer uns keiner mehr war. Der kalte Wind pfiff an uns vorbei und die Wellen türmten sich vor uns.
„Meinst du das es sicher ist da rauszufahren?" fragte Ahila laut, da wir uns durch den Wind kaum in normaler Lautstärke unterhalten konnten.
„Keine Sorge. So ist es am sichersten, die Kriegerfeen werden uns bei so einem Wellengang sicher nicht folgen" bestätigte Selene, dann ging sie an den Strand uns streckte ihre Hand in Richtung Meer aus. Sie schloss ihre Augen und konzentrierte sich. Kurz darauf hörten wir das Wiehern der Hippokampe welche durch die Wellen in unsere Richtung sprangen.
„Zuverlässig wie immer" schwärmte Selene bevor sie sich zu mir drehte um ihre Halskette abzunehmen.
„Ich hole das Schiff und sobald ihr es seht fliegt ihr an Bord. So können wir gleich auf das offene Meer rausfahren ohne anzudocken" alle nickten.
„Das wird mir nicht gefallen oder?" kam es unsicher von Delwin der sich darauf vorbereitete von Kiran und Ahila über das tosende Meer getragen zu werden.
„Glaub mir, für mich ist das auch kein Vergnügen" sagte Rune kurz bevor er sich in einen Wolf verwandelte, damit er vor mich und Terra nicht zu schwer war. Selene reichte mir ihre Kette.
„Es ist immer ungewohnt nach so langer Zeit wieder ins Meer zurück zu gehen... pass gut auf die Kette auf ja?"
„Du kannst dich auf mich verlassen" bestätigte ich und ehe ich die Kette in meiner Tasche verstaut hatte. Zog sich Selene schon mit ihrer gigantischen Schwanzflosse ins Meer. Wir ließen unsere Flügel erscheinen um direkt losfliegen zu können, wenn Selene mit ihrem Schiff auftaucht. Als Selene nach längerer Zeit nicht auftauchte, wurden wir ungeduldig.
„Wo bleibt sie denn?" fragte Kiran und auch bei den anderen zeichnete sich Anspannung ab. Und weil das alles noch nicht reichte, fing es nun auch zu Regnen an.
„Die Bucht ist doch gar nicht so weit weg, sie müsste längst hier sein" stellte Terra mit zittriger Stimme fest. Rune stupste sie mit seiner Schnauze an um sie ein wenig zu beruhigen. Das half nur kurz, denn hinter uns ertönte ein lautes:
„Hey! Dort drüben!"
„Schnappt sie euch!" Panik brach auf als die Gruppe Kriegerfeen von vorhin wieder zurück zum Hafen kamen.
„Verdammt, wir müssen losfliegen sofort!" schrie Kiran los. Wir packten Delwin und Rune und flogen ins offene Meer hinaus. Der Wind drückte uns hin und her, wir hatten Schwierigkeiten Rund und Delwin festzuhalten. Wir waren vom Regen völlig durchnässt.
„Wo ist Selene nur!" rief Terra mir zu. Ich sah die Angst in ihren Augen, sie hatte Angst das nasse Fell von Rune nicht länger halten zu können.
„Dort drüben!" schrie ich so laut ich konnte, als ich das Schiff von Selene durch die Wellen manövrieren sah.
„Schnell, wir können Delwin nicht mehr länger halten!" hörte ich Ahila.
„Lasst mich nicht fallen hört ihr!" Ich konnte die blanke Angst in Delwins Stimme hören und es war verständlich. Kiran und Ahila hielten ihn an seinen Armen fest während er hilflos über dem tosenden Meer baumelte. Schnell flogen wir zum Schiff rüber und legten eine Bruchlandung auf dem Deck hin. Wir alle kugelten über den Massiven Holzboden und blieben noch kurz erschöpft liegen ehe wir uns wieder aufrichteten. Selene tauchte neben uns an der Reling auf. Auch sie sah sehr Erschöpft aus.
„Was ist passiert?" fragte sie gleich.
„Wo warst du!? Die Kriegerfeen waren uns auf den Fersen. Delwin und Rune sind fast zu Fischfutter geworden!" schimpfte Ahila empört los. Selene sah geschockt aus.
„Es tut mir leid... Professor Erion hat nicht erwähnt wie eng die Bucht ist... ich hatte Schwierigkeiten mein Schiff da heraus zu holen" gab sie dann geknickt zu. Ich stellte mich zwischen die beiden.
„Es ist doch noch mal alles gut gegangen. Wir sollten uns trocknen und weiter zur Insel fahren statt weiter zu streiten"
„Azura hat recht, wir werden hier draußen nur krank" bestätigte mich Terra. Beleidigt drehte sich Ahila ab und ging unter Deck. Erleichtert darüber schlimmeres verhindert zu haben, blickte ich noch einmal zu Selene bevor ich den anderen Folgte.

Jeder von uns zog sich still in seine eigene Ecke zurück. Unsere Taschen waren zum Glück nur von außen nass und wir konnten uns trockene Kleidung anziehen. Ich legte mich in eine Hängematte und versuchte ein wenig zu schlafen, doch obwohl ich völlig Erschöpft war und todmüde, konnte ich auch dieses Mal nicht richtig schlafen. Sobald ich merkte, dass das Schiff weniger schaukelte, stand ich auf um nachzusehen.

Der Sturm hatte sich wieder gelegt und der Mond war am Himmel zu sehen. Verträumt blickte ich nach oben und dachte über die Schattenkönigin nach und fragte mich was wohl mit ihr passiert war.
„Kannst du wieder nicht schlafen?" fragte mich Selene die plötzlich neben mir an der Reling hing.
„Was? Nein... ich denke nur nach" antwortete ich nachdenklich.
„Willst du vielleicht jetzt darüber reden? Die anderen schlafen und ich komme auch nicht zur Ruhe" gab sie zu.
„Ist es wegen Delwin? Mach dir keine Sorgen. Ich habe ihm klar gesagt, dass wir nur Freunde sind, nicht mehr" Selene lachte.
„Darüber musst du dir wirklich keine Gedanken machen. Das ist eine Sache zwischen ihm und mir" fing sie an, dann verstummte sie kurz und schien trauriger zu werden.
„Ich glaube er interessiert sich ohnehin nicht für mich... ich glaube er sieht mich nicht mal"
„Er ist nun mal sehr auf seine Aufgabe fixiert. Du musst ihn dazu bringen dich zu sehen" ermutigte ich sie.
„Du hast leicht reden. Du wirst gesehen und du ignorierst es einfach... warum eigentlich" ich wurde rot und wich ihrem Blick aus.
„Ich... weiß nicht was du meinst"
„Ach komm schon. Seit Tagen gehst du Kiran aus dem Weg und offenbar weiß er gar nicht warum" hakte Selene nach.
„Es ist kompliziert" versuchte ich sie abzuwimmeln, jedoch brachte ich sie lediglich dazu ihre Augen zu verdrehen.
„Bei dir ist doch alles kompliziert. Na los, spuck es schon aus" kurz überlegte ich ob ich es ihr wirklich sagen sollte, aber da sie ohnehin nicht lockerließ, blieb mir wohl keine andere Wahl.
„Er... hat mich... geküsst"
„Was!?"
„Pst! Nicht so laut" fuhr ich sie an.
„Entschuldige. Und was ist daran so verkehrt? Ihr mögt euch doch oder nicht?"
„Ich weiß nicht... ich habe so viel anderes im Kopf worüber ich mir Gedanken mache... außerdem gibt es da noch ein Problem" stammelte ich unsicher vor mich hin.
„Und das wäre?" Angespannt kniff ich die Augen zu.
„Er weiß nicht das ich von dem Kuss weiß" Selene zögerte, als würde sie erst nicht verstehen was ich meine.
„Wie... wie ist das denn nun wieder möglich?"
„Es war als ich Bewusstlos war, beim Kampf gegen die Kriegerfeen" gab ich kleinlaut zu.
„Du warst gar nicht Bewusstlos?"
„Doch... aber nicht vollständig. Ich konnte noch alles hören und Wahrnehmen"
„Azura, du musst es ihm sagen" drängte sie nun.
„Ich weiß aber nicht wie. Es ist zu viel und ich weiß nicht... ob ich bereit für so etwas bin" Selene lachte auf.
„Man ist nie bereit. Es kommt zusammen, was zusammengehört"
„Außer es ist verboten" konterte ich, was Selene die Sprache verschlug. In der ferne sah ich wie die Sonne langsam aufging.
„Wir haben fast die ganze Nacht geredet... ich sollte mich wieder hinlegen, bevor die anderen merken das ich weg bin"
„Ja, ruhe sich noch etwas aus... morgen werden wir die Insel erreichen.

Müde legte ich mich zurück in meine Hängematte und schaffte es tatsächlich ein wenig zu schlafen. Etwas fitter als zuvor wachte ich auf als ich die Gespräche der anderen hörte. Sie waren schon oben auf dem Deck. Augenreibend lief ich nach oben und sah wie alle an der Reling standen. Erst dachte das sie sich freuten, doch als ich näher an die Reling trat, erkannte ich was Professor Erion gemeint hat. Vor der Insel waren unzählige Spitze Felsen die nur darauf warteten die Wand des Schiffes zu durchbohren...

Schattenelement - Krieg der FeenWhere stories live. Discover now