Die Stadt Dragona

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Rune sah panisch aus und winkte uns zu sich.
„Hier drüben! Kommt schnell!" schrie er uns zu. Wir vergaßen augenblicklich unsere Sorgen über das gesunkene Schiff und rannten zu ihm. Er blieb nicht stehen, sondern drehte sich um, um zurück zu rennen sobald wir bei ihm angekommen waren. Nur wenige Meter weiter, merkten wir sofort was los war. Terra lag regungslos auf dem Boden während Delwin sie versuchte wiederzubeleben. Geschockt blieben wir stehen.
„Sie atmet nicht!" keuchte Delwin angestrengt. Während ich mich kein bisschen bewegen konnte, knieten Selene und Leonis neben ihr um sie zu untersuchen.
„Sie hat Wasser in der Lunge" stellte Selene fest. Sofort kniete sie sich an ihr Kopfende und hielt ihre Hand über Terras Gesicht. Ihre Finger bewegten sich als würde sie das Wasser mit ihrer Magie aus ihr herausziehen. Ich schluckte und griff mir an den Hals, da sie das bei mir auch schon mal gemacht hatte, als ich aus dem Armenviertel geflohen war. Das Ganze dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis endlich das Wasser aus ihrem Mund floss. Terra hustete und zeigte endlich wieder Lebenszeichen. Jeder von uns Atmete erleichtert auf. Rune fiel sogar Erleichtert auf die Knie. Leonis allerdings wirkte noch besorgt und legte seine Hand auf ihre Stirn.
„Sie ist noch nicht ganz über dem Berg. Wir müssen sie ins Dorf bringen" erklärte er und hob sie ohne weiteres auf. Rune sprang wieder auf und knurrte ihn an.
„Was erlaubst du dir Fremder. Du hast hier gar nichts zu melden"
„Beruhige dich Rune. Er hilft uns" versuchte Kiran ihn zu bremsen. Mit einem letzten leisen knurren hörte er auf seine Zähne zu fletschen, man sah ihm jedoch an das ihm die ganze Sache nach wie vor nicht passte. Leonis nickte Kiran dankend zu und lief dann los zum Dorf. Wir folgten ihm schweigend.

Wir liefen erstmal am Strand entlang, bis die hohe Felswand neben uns immer niedriger wurde. Dann, als der Sand ins Gras überging, liefen wir ins innere der Insel. Hier gab es keine Bäume weit und breit, nur hohes Gras und vereinzelt ein paar Sträucher. Ich wollte stehen bleiben und mir die Landschaft genauer ansehen, doch Terra brauchte dringend Hilfe.
„Kannst du ihr nicht einfach schnell helfen Leonis?" fragte ich ihn besorgt.
„Theoretisch schon. Aber ich habe für euch sehr viel Energie gebraucht... meine Magie reicht gerade nicht aus um hier zu helfen" ich schluckte schwer und nickte, dann liefen wir weiter. Der Weg war anstrengend und je weiter wir in das Landesinnere kamen, umso Hügeliger wurde die Grasbewachsene Landschaft.
„Seht ihr den Hügel dort vorne?"
„Ja... leider" jammerte Delwin. Er stützte sich erschöpft auf seinen Oberschenkeln ab.
„Ich dachte du warst schon mal hier" scherzte ich.
„Das ist schon sehr viele Jahre her... und ich klettere nicht gerne" erst lachten wir darüber, doch als wir auf den Hügel oben ankamen, waren wir alle genauso außer Atem wie er.

Als wir damit fertig waren uns über den Aufstieg zu beschweren sahen wir endlich die Atemberaubende Landschaft vor uns.
„Wow, das ist ja unglaublich" schwärmte Selene als sie den riesigen von Bergen umgebenen See vor sich sah. In diesem See lag ein gigantisches Drachenskelett welches direkt mit dem Land verbunden war. Ich wusste zwar aus den vielen Büchern, das Drachen sehr Große Fabelwesen waren, doch das sie so groß waren, dass eine gesamte Stadt unter ihren Rippen Platz hatte, war einfach unfassbar. Die Stadt fing an Land an und hörte am Drachenschädel wieder auf.
„Willkommen in Dragona" hieß uns Leonis willkommen. Mit staunendem Blick folgten wir ihm weiter.

Als wir die Stadt betraten erstreckte sich vor uns ein unglaubliches buntes Bild. Lichtfeen unterschiedlichster Elemente strömten durch die Straßen und unterhielten sich miteinander. Wir sahen keine Trennungen von Elementen und als ich sah wie eine Naturfee eine Sonnenfee Küsste, war ich mir sicher, dass dieses Dorf sich nicht an die Gesetze von König Amos II hielt. Die gesamte Stadt war ein unübersichtliches Wirrwarr und ich wusste, dass wir ohne Leonis gnadenlos verloren gewesen wären.

Vor einem kleineren Lehm-Haus blieb er stehen.
„Wartet hier" dann ging er mit Terra zusammen hinein. Rune wollte ihm folgen, doch Kiran hielt ihn davon ab.
„Was ist denn los mit dir Rune. Er ist auf unserer Seite"
„Woher weißt du das!?" konterte er.
„Was hätte er denn von uns das Leben zu retten und uns in seine Stadt zu bringen?" fragte ich ihn dann, er wurde stutzig und nachdenklich. Dabei fiel mir erst auf, dass seine Jacke zerrissen war. Erst jetzt sah ich, dass er eine Art Halsband trug, zuvor war mir das nie aufgefallen, da er seine Jacken immer bis über den Hals geschlossen trug. Auf dem vergoldeten Schloss war eine Flamme zu erkennen.
„Was ist das um deinen Hals?" geschockt sah er an sich herunter und versuchte das Halsband mit den Überresten seiner Jacke zu verdecken.
„Gar nichts" knurrte er erneut, dann drehte er sich weg und verschwand in der Menge.
„Rune warte! Du kannst nicht einfach weggehen!" schrie ihm Selene nach.
„Mach dir keine Sorgen. Er ist ein Werwolf, er wird uns wieder finden" beruhigte sie Kiran.
„Habe ich was falsches gesagt?" fragte ich Schuldbewusst.
„Nein, er redet nur nicht gerne darüber. Das Halsband müssen alle Werwölfe tragen die für die Kriegsfeen arbeiten" erklärte Kiran.
„Warum arbeitet er für die?" kam nun eine Frage von Ahila, die schon sehr lange nichts mehr gesagt hatte.
„Er war eine Waise und viel Arbeit gibt es nicht für Werwölfe. Bevor er mir zugeteilt wurde, war er ein sehr starker Kämpfer und den Kriegerfeen treu ergeben. Erst als ich ihm erzählt habe was mit den Schattenfeen und den Schattenwölfen passiert ist, hat er begonnen Dinge zu hinterfragen"
„Aber warum trägt er es noch, wenn er den Kriegerfeen nicht mehr dient?" hakte ich weiter nach, obwohl ich Kiran ansah, dass er nicht gerne über Runes Schicksal sprach.
„Das kann er nicht. Nur die oberste Kriegerfee die ihm das Halsband angelegt hat, kann es auch wieder entfernen. Wenn er es selbst ablegen würde, wäre das ein Eidbruch und es würde ihn töten" keiner sagte mehr etwas. Erschöpft von all dem setzte ich mich auf die Bank neben dem Gebäude. Ich blickte nach oben und sah wie sich die Rippen des Drachens wie eine Decke über das Dorf wölbten.
„Bin ich eigentlich die Einzige die es komisch findet, dass wir uns im inneren eines Fabelwesens befinden?" kurz sah ich zu den anderen die mich verwirrt ansahen.
„Habe ich das gerade laut gesagt?" alle nickten.
„Du solltest vielleicht ein wenig schlafen" stellte Selene fest. Bevor ich noch etwas dummes sagen konnte, kam Leonis zusammen mit einem sehr alten Herrn aus dem Gebäude. Sofort sprangen wir auf und hofften auf gute Neuigkeiten.
„Sie ist schwach und sie hat Fieber, aber sie wird wieder gesund, sie braucht nur Zeit um sich auszuruhen" erklärte Leonis. Erleichtert atmeten wir aus.
„Delwin? Bist du das?" fragte der alte Mann. Delwin stand die Verwirrung ins Gesicht geschrieben. Er lehnte sich zu ihm hinunter um ihn sich genauer anzusehen.
„Lobo?"
„Du bist um keinen Tag gealtert, alter Freund" sagte er lächelnd. Verwirrt sahen wir zwischen den beiden hin und her, auch Leonis schien das ganze nicht so recht zu verstehen.
„Ich wusste zwar das es schon sehr lange her ist, dass ich hier war.... Aber das es schon so lange ist, war mir nicht bewusst" stellte Delwin verdutzt fest.
„Ist das der jemand der dir noch was schuldet?" fragte ich unwissend. Delwin lachte und rieb sich nervös den Hinterkopf.
„Was? Habe ich das so gesagt?... Das wusste ich gar nicht mehr" auch Lobo lachte.
„Wie ich sehe ist dein Humor auch der alte geblieben. Kommt gehen wir ein Stück" der alte Herr griff nach seinem Gehstock und lief voran. Kaum waren wir aus seiner Sichtweise, boxte Delwin meinen Arm.
„Aua!" protestierte ich und rieb mir den Arm. Jedes Mal, wenn ich glaubte endlich Gesellschaftsfähig zu sein, erinnerten mich meine Freunde an die Wirklichkeit.

„Es hat sich viel verändert seit du das letzte Mal hier warst" fing Lobo an zu erzählen.
„In der Tat. Das letzte Mal standen hier nur ein paar Häuschen und jetzt ist es eine riesige Stadt geworden" stellte Delwin fest und wieder wurde ich daran erinnert wie alt Delwin eigentlich schon war und wie viel er schon erlebt haben musste.
„Haltet ihr euch nicht an die Gesetze des Königs?" fragte ich neugierig. Lobo lachte.
„Offiziell natürlich schon. Aber unsere kleine Welt hier ist so schwer zu erreichen, wer sollte kommen und kontrollieren das hier alles nach den Gesetzen geht?"
„Aber, wenn ihr euch nicht an die Gesetze des Königs haltet, wer sorgt dann dafür, dass hier alles funktioniert?" kam eine berechtigte Frage von Ahila.
„Na der Dorfälteste und Delwin. Du kannst dich Glücklich schätzen, dass dir genau dieser noch etwas schuldig ist" schockiert blieb Delwin neben ihm stehen.
„Du bist der Dorfälteste hier!? Ich dachte du wolltest nicht die Verantwortung für all das hier übernehmen"
„Damals war ich noch Jung und Abenteuerlustig. Aber die Zeiten ändern sich mein Freund. Irgendwann muss jeder einmal Verantwortung übernehmen"
„Nach über tausend Jahren solltest du auch mal damit anfangen oder Delwin?" stachelte Kiran in fies grinsend an. Dafür bekam er einen sehr finsteren Blick von Delwin und ich musste mir ein kichern verkneifen.
„Was führt euch überhaupt hier her?" unterbrach Lobo die beiden wieder.
„Die Chimäre" antwortete ich direkt. Er blieb abrupt stehen und sah mich genau an. Er schwieg so lange, dass es unangenehm wurde.
„Ihr macht die Prüfungen um durch das Schattenportal zu gelangen?" ich nickte nur nervös.
„Nun Kerberos ist zwar der versklavte Wächter von König Amos II, aber die Chimäre ist von allen vieren der stärkste und wenn ihr seine Schwestern besiegt habt, wird er das bereits wissen" erklärte Lobo.
„Das wissen wir, aber einen anderen Weg gibt es nicht" sagte ich demütig.
„Ich kann euch nicht genau sagen wo er ist. Erstens ändert er immer wieder seinen Standort und zweitens haben wir einen Deal mit ihm, damit er unser Dorf nicht angreift. Aber haltet euch an die Berge, denn dort hat er seine Höhlen"
„Danke Lobo, dann sollten wir bald wieder aufbrechen" schlug ich vor, doch in den Erschöpften Augen meiner Freunde sah ich keine Zustimmung.
„Ihr seid von der Anreise sicher Erschöpft. Mein Enkel Leonis wird euch eine Gemütliche Unterkunft vermitteln" Leonis nickte und ich wehrte mich nicht dagegen, da alle anderen sehr Dankbar dafür aussahen, außerdem konnten wir auch nicht weiter so lange Terra Krank war.
„Außerdem feiern wir heute Abend unser 100-jähriges Bestehen. Ich würde mich sehr freuen euch als meine Gäste dort begrüßen zu dürfen" lud uns der Dorfälteste ein.
„Das ist sehr freundlich von ihnen, aber ich glaube nicht, dass wir die passende Kleidung für ein solches Fest dabeihaben" kam ein Einwand von Selene. Wieder lachte Lobo auf.
„Das lass mal meine Sorge sein" Auf einem kleinen Stadtplatz auf dem eine Steinerne Statue in der Mitte stand blieben wir stehen.
„Es wurde eine Statue von dir errichtet?"
„Ja Delwin, gleich nachdem ich den Handel mit der Chimäre abgeschlossen habe. Danach wurde ich auch zum Anführer gewählt" erklärte Lobo stolz.
„Du hast einiges erreicht" schwärmte Delwin.
„Ja und ich freue mich schon zu hören was du in den letzten hundert Jahren alles erlebt hast" Delwin wurde Rot uns schwieg.
„Wie dem auch sei. Ruht euch aus und wir sehen uns heute Abend auf dem Fest" Lobo machte kehrt und Leonis führte uns zu einem großen Gebäude mit vielen kleinen Balkonen.
„Hier sind eure Unterkünfte. Jeder hat ein eigenes Zimmer welches sich sofort eurer Magie anpasst. Eure Kleider werden euch auf euer Zimmer gebracht" Ich ahnte aus irgendeinem Grund nichts Gutes, als ich nach dem Schlüssel griff. Bisher war niemandem aufgefallen, dass ich eine Schattenfee war und ich wusste nicht was sie von Feen wie mir hielten oder was passierte, wenn sie es herausfanden...

Schattenelement - Krieg der FeenWhere stories live. Discover now