Kapitel 2

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Noch an jenem Abend blieb mein Handy vor lauter Nachrichten nicht still.
Stundenlang chatteten Ally und ich hin und her und plauderten über Gott und die Welt.

Mittlerweile wusste ich, dass sie einen älteren Bruder hatte, welcher auf der Ranch ihrer Eltern in Texas wohnte, wo sie selber aufgewachsen war.
Manchmal vermisste sie das Leben auf der Ranch, die Weiten der Natur, die Ruhe und ihre Pferde, das sagte sie mir, aber als junge Erwachsene musste sie einfach mal raus und den Rest der Welt sehen.
Ihr Job als Fotografin verschlug sie also nach Boston, wo sie sich nicht mehr vorstellen konnte, fort zu gehen.

Für mich gab es weitaus schönere Orte auf dieser Welt als Boston und trotzdem wäre ich für sie bereit gewesen hier zu verweilen.
In meinen ewigen Reisen war stets mein Ziel, dass ich sie fand, weshalb auch die schönsten Sonnenuntergänge, die freundlichsten Kulturen oder die ruhigsten Orte dieser Welt mich nicht halten konnten, sofern mon coeur nicht bei mir war.

Mein Handy vibrierte noch einmal an diesem Abend, ehe ich mich mit einem großen Lächeln auf den Lippen, glücklich über Allys Zusage in ihrer letzten Nachricht, zur Seite drehte und schlafen ging.

Ich machte mich am nächsten Mittag wie vereinbart auf den Weg zu Allys Lieblingscafé.
Ich bestellte schon mal zwei Stücke Torte und setzte mich auf den selben Platz, wie am Vortrag und wartete.

Ally ließ auf sich warten, was mich nach einer halben Stunde etwas ungeduldig werden ließ.
Ich schaute auf die tickende Uhr an der Wand mit dem floralen Tapetenmuster, wobei mir auffiel, dass sie fünf Minuten vorging.

Nach fast einer Stunde machte ich mir so langsam sorgen um Ally. Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass sie mich einfach versetzt hatte. Da musste etwas passiert sein, da war ich mir sicher!

In genau dem Moment, wo ich mein Handy in die Hand nahm, um ihr eine Nachricht zu schreiben, ploppte eine von ihr auf meinem Display auf.

Es tut mir so unendlich leid, Charlie!
Mein Assistent ist krank geworden und ich musste spontan das Verlobungsshooting vom Morgen übernehmen. Lange Rede, kurzer Sinn  - ich habe dich nicht vergessen, aber die Braut ist noch immer nicht zufrieden mit den Bildern! Die Frau macht mich noch wahnsinnig:(
Lass uns unser Treffen auf morgen verschieben, ja?

Erleichtert darüber, dass Ally nichts schlimmes passiert war, sondern nur ihr Job ihr dazwischen kam, atmete ich auf.
Fest entschlossen, sie heute noch zu sehen, textete ich ihr nur eine einzige Frage, nach dessen Antwort ich mich von dem Tisch erhob, mir die Tortenstücke einpacken ließ und das Café verließ.

Die schöne Mittagssonne, welche sich an jenem Tag durch die dichte Wolkenschicht kämpfen konnte, wärmte mich auf angenehme Art und Weise in der herbstlichen Frische.
Nach dem anhaltenden Regen der letzten Wochen war dieses Wetter mal eine willkommene Abwechslung, was anscheinend nicht nur ich so sah.

Ungewöhnlich viele Menschen tummelten sich an der frischen Luft. Manch Anzugträger drehte zu seiner Mittagspause eine Runde um den Block, um den Kopf freizukriegen, während eine Familie nach der nächsten mit einem vorgeschobenen Kinderwagen den Hund ausführte.

Ich gelang also schließlich zu dem Park, den Ally mir schrieb, wo ich dann auch nicht lange suchen musste, um die Fotografin und ihre Klienten zu finden.
Das Paar stand gerade vor einer in prächtigen Herbstfarben gefärbter Baumgruppe, während Ally bäuchlings auf dem Rasen lag und die Kamera auf die beiden richtete.

»Hi«, kündigte ich mich schon vom weiten an und winkte allen Beteiligten freundlich zu.
»Oh, Charlie.« Ally schrak aus ihrer Position hoch und klopfte sich den Dreck von der Kleidung. »Fünf Minuten Pause«, rief sie dem Paar zu, welches sich dann erschöpft aus ihrer steifen Pose löste.

A never ending love story Where stories live. Discover now