Johanna Mason - Vom Tributen zum Mentor | Kapitel 23

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„Es war der Tag meines sechzehnten Geburtstags. Ich kann mich noch genau erinnern wie ich vom Schwimmen nach Hause gekommen bin wo eigentlich meine Mutter mit dem Kuchen auf mich warten sollte. Das tat sie auch, doch bei ihr war Snow der...", begann Finnick doch bereits jetzt musste ich ihn unterbrechen.

„Snow war bei dir? An deinem Geburtstag?", fragte ich und zog beide Augenbrauen nach oben. Mich hatte er damals nicht besucht. Nicht, dass mir das etwas ausmachen würde, doch ich fragte mich wieso er bei Finnick diese Mühe auf sich genommen hatte.

„Du solltest mich doch nicht unterbrechen.", erinnerte mich Finnick und entschuldigend hob ich meine Hände nach oben.

„Fahren Sie fort Herr Odair.", sage ich und schmunzelnd nickt er.

„Also. Snow war und wollte mir gratulieren. Er bestand allerdings darauf, dass wir dazu an den Strand gehen. Ein kleiner Spaziergang an der Meeresluft, etwas das er bisher erst einmal in seinem Leben getan hat. Ich hab mir natürlich nichts dabei gedacht und willigte deshalb ein. So dumm wie ich war kam ich mir sogar ein wenig besonders vor, verstehst du? Der Präsident von Panem war hier, nur um mir zum Geburtstag zu gratulieren. Heute könnte ich mich schlagen für diesen Gedanken, den Stolz den ich empfunden hatte. Doch ich konnte ja nicht ahnen was er wirklich von mir wollte."

Wieder wollte ich Finnick unterbrechen, doch ich biss mir auf die Lippen um mich daran zu hindern. Er würde mir alles erzählen, ich musste nur ein wenig geduldig sein und ihm Zeit lassen seine Geschichte zu schildern. Auch wenn das nicht meine Stärke war und mir eine kurze Zusammenfassung lieber gewesen wäre.

„Wir gingen also an den Strand und er wünschte mir dort wirklich alles Gute zum Geburtstag. Dabei redete er davon wie erwachsen ich jetzt doch schon war und dass man mir mein Alter gar nicht anmerken würde. Dabei wurde ich noch ein wenig stolzer, immerhin waren das Worte die ein frisch gebackener Sechzehnjähriger durchaus gerne hört. Auch als er sagte, dass es viele Frauen gibt die mich anhimmeln und gerne kennen lernen würden musste ich noch dämlich grinsen! Ich dachte das wäre einfach ein kleiner Plausch! Immerhin war ich, und jetzt nenn mich nicht arrogant, der Lieblings des Kapitols zu diesem Zeitpunkt. Ihre Nummer 1, auch zwei Jahre nach meinem Sieg noch."

„Du arroganter Schnösel, das war vor einem Jahr und zurzeit meiner Spiele!", musste ich einfach einwerfen, was ihn lachen ließ.

„Ich wusste, dass das jetzt kommt. Und es war zwei Monate vor deinem Sieg Jo. Erst da musste ich die Beliebtheit ein wenig teilen, auch wenn ich nicht verstehen kann was sie an dir finden wenn sie doch einen Odair haben können."

„Du bist schrecklich Finnick. Wie können sich Frauen nur mit dir treffen wollen? Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.", brummte ich.

„Du triffst dich auch gerade mit mir und wenn ich mich nicht verguckt habe bist du auch eine Frau.", konterte er grinsend. Wenn er sich nicht? Na warte!

„Ja aber ich nutze dich nur aus, das ist also ein gewaltiger Unterschied.", behauptete ich doch er lachte nur wieder. Dieses Mal jedoch nur kurz, dann wurde er sofort wieder ernst.

„Soll ich weitersprechen?"

„Ja.", sagte ich sofort und lehnte mich brav wieder zurück damit er zumindest glaubte, ich würde jetzt wieder schweigend zuhören.

„Was ich anfangs als belanglose Komplimente aufgenommen hatte wurden bald zu zweitdeutigen Botschaften. Er meinte als Sieger hätte ich die Verpflichtung mich mit den Frauen zu treffen, die mich gesponsert haben. Das klang sogar noch einleuchtend, doch als er hinzufügte, dass ich ihnen jeden Wunsch erfüllen müsste, ganz gleich was es war, blieb ich abrupt stehen und verlangte, dass die Besuche unter meinen Bedingungen stattfinden müssten. Andernfalls würde ich sie nicht durchziehen.

Snow lachte und meinte, dass ich das nicht zu entscheiden habe und ich erwiderte, dass er mich nicht zwingen konnte. Er lächelte nur und eine Weile schwieg er, als plötzlich Schreie vom Strand, nicht weit von uns, zu hören waren. Menschen rannten hin und her, ein Arzt wurde geholt, doch jede Hilfe kam zu spät. Es dauerte eine halbe Ewigkeit bis ich realisierte, dass es meine Schwester war, die gerade ertrunken ist."

Ich wollte etwas sagen, mir klappte sogar schon der Mund auf, doch ich brachte kein Wort heraus. Ich brauchte nicht zu fragen und er brauchte nicht zu antworten damit ich wusste, dass es kein Zufall und auch kein Unfall war. Wir wussten es beide, weshalb er diesen Teil ausließ.

„Ich trat also diese Reise an Johanna. Ich traf mich mit dieser Frau und ich tat was sie von mir verlangte. Weil Snow meinte Schwester hat töten lassen und er drohte auch meine restliche Familie umzubringen. Dreimal machte ich das mit, danach hielt ich es nicht mehr aus und wollte rebellieren. Ich habe ihn sogar angefleht, dass ich zu diesen Treffen gehen werde, aber ich Bedingungen aufstellen wollte! Kurz darauf verunglückte meiner Mutter. Das war vor zwei Monaten. Seitdem schlage ich nichts mehr aus da ich fast niemanden mehr habe. Und die wenigen will ich schützen."

Nach diesen Worten war er still und schwieg. Er sah mich nicht einmal mehr an während er mir die Zeit gab diese Worte zu verdauen.

Finnick traf sich mit diesen Frauen. Er schlug ihnen keinen Wunsch ab sondern tat alles, was sie von ihm wollten. Das konnte eigentlich nur eines bedeuten und sofort überkam mich ein unglaublicher Ekel. Vor Snow, vor den Frauen und auch vor Finnick. Ich musste mich sogar beherrschen nicht von ihm abzurutschen, als mir bewusst wurde, dass auch ich in dieser Situation sein könnte. Hätte Snow nicht gleich meine ganze Familie getötet, sondern beispielsweise auch nur meine Schwester, hätte ich vermutlich auch alles getan um sie zu schützen. Ich dufte Finnick also nicht verurteilen nur weil er sich für die Menschen aufopferte, die er liebte.

„Wieso glaubst du ist er bei mir nicht auch so vorgegangen? Wieso hat er gleich alle getötet?", wollte ich irgendwann wissen.

„Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Vielleicht wusste er, dass du nicht so schwach sein würdest wie ich. Vielleicht wollte er dich aber auch noch zusätzlich strafen. Immerhin waren deine Worte auf der Tour der Sieger nicht unbedingt dass, was er sich unter einer Rede vorstellte.", meinte Finnick.

Ich musste darüber nachdenken und konnte nicht verhindern, dass mir sofort schlecht wurde. Könnte der Großteil meiner Familie noch leben wenn ich nicht so dumm gewesen wäre und meiner großen Klappe freien Lauf gelassen hätte?

Johanna Mason - Geschichte einer Siegerin: Vom Tributen zum MentorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt