Johanna Mason - Vom Tributen zum Mentor | Kapitel 1

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„Ich bleibe einfach hier im Wald. Wenn sie mich nicht finden, dann können sie mich auch nicht ins Kapitol schleppen. Sollen sie doch alleine fahren, ich komm nicht mit.“, beschloss ich und setzte mich mit verschränkten Armen demonstrativ auf den umgefallenen Baum, ehe ich zu Treen hoch blickte.

„Sei nicht albern Johanna. Du musst auf die Tour der Sieger, daran führt kein Weg vorbei und das wissen wir beide. Mach es meinetwegen also so arrogant wie möglich, fällt dir ja nicht schwer, aber provozier sie nicht. Du machst den Präsidenten dadurch nur wütend und das hat noch keinem gut getan.“, meinte er und ich wusste ja, dass er Recht hatte und mir nichts anderes übrig blieb, doch trotzdem hatte ich einfach keine Lust.

Seit ich eine Siegerin war genoss ich das Leben in vollen Zügen. Ich hatte mich an mein neues Haus gewöhnt, welches ich mit meiner Schwester im Dorf der Sieger bewohnte und endlich verblasten auch die Erinnerungen an die Arena, die mich doch heimgesucht hatten. Und genau da sollte ich auf die Tour der Sieger und mich feiern lassen. Ich sollte in die jeweiligen Distrikte und den Familien der Toten gegenüber stehen. Einigen davon hatte ich selbst das Leben genommen und in diesem Moment würde mir das alles wieder vor Augen geführt werden. Dann, wenn mich die trauernde Familie mit vorwurfsvollen Blicken anstarrte.

Als wäre das jedoch nicht genug sollte ich am Ende zu einem rauschenden Fest zurück ins Kapitol. Jedoch nicht irgendwohin, sondern zum Anwesen des Präsidenten persönlich. Das wiederum bedeutete eine erneute, direkte Begegnung mit Snow und darauf konnte ich sowas von verzichten.

„Ich will ja auch nicht, dass du wieder gehst, aber du musst. Außerdem kommst du dieses Mal ganz sicher wieder und es dauert auch nicht solange wie beim letzten Mal. Jetzt kommt, lass uns zurückgehen, damit dich dein Vorbereitungsteam herrichten machen kann und ich etwas zum Lachen habe.“, drängte er weiter, nachdem ich mich immer noch nicht bewegt hatte.

„Du wirst ganz sicher nichts zum Lachen haben, da du nicht ins Haus gelassen wirst. Solltest du unbefugt eindringen werde ich meinen Haufen von Praktikanten von Vogelscheuchen mitteilen, dass sie dir eine Rundumerneuerung verpassen sollen.“, drohte ich ihm und stand dann doch auf. Hauptsächlich jedoch, dass mein Triumph besser zur Geltung kam.

„Es gibt ja noch die Fenster.“, meinte er und grinste.

„Dafür habe ich Vorhänge. Und jetzt beweg dich, bevor ich es mir wieder anders überlege.“, brummte ich und marschierte dann los, sodass Treen mir folgen musste.

„Wie glaubst du wird das Haus des Präsidenten aussehen?“, fragte Treen nach einer Weile, da er es wieder einmal nicht aushielt einfach nur schweigend neben mir herzulaufen.

„Erstens denke ich, dass es kein Haus sondern eine Villa sein wird. Zweitens, interessiert es mich nicht im Geringsten. Lieber feiere ich in einer kleinen Waldhütte als bei ihm zu Hause.“

„Du hast ja Recht. Neugierig wäre ich allerdings schon.“, murmelte Treen.

„Ich kann dir ja ein Foto machen.“, schlug ich sarkastisch vor, als wir auch schon den Waldrand erreichten.

„Sehr witzig.“, brummte Treen, dessen Stimme dabei wie die eines Bären klang. Danach war er tatsächlich still, was nicht so angenehm war wie ich eigentlich gedacht hätte. Seit ich wieder zurück war, war ich in der Hinsicht sowieso ein wenig komisch. Es störte mich nicht mehr sosehr, wenn er die ganze Zeit redete. Vielmehr wusste ich dadurch, dass ich wirklich wieder hier war. Hier in Distrikt 7 und in Sicherheit.

„Ich sollte dann mal reingehen.“, sagte ich, nachdem ich noch ein paar Sekunden hinausgezögert hatte und mein bester Freund nickte.

„Denk dran. Sei arrogant, aber nicht provokant. Versprich mir das.“, wiederholte er und ich verdrehte die Augen, nickte dann jedoch ebenfalls, damit er endlich Ruhe gab. Zufrieden lächelte Treen mich daraufhin an, bevor er mich dann in eine ganz kurze Umarmung zog, ehe er mir noch einmal zunickte und sich dann vom Haus entfernte. So blieb mir wirklich nichts anderes übrig als ins Haus zu gehen, was ich sofort wieder bereute, als die Haustür hinter mir ins Schloss gefallen war.

„Da bist du ja endlich!“, rief Camilla und umarmte mich doch tatsächlich, ehe sie sofort nach oben stöckelte und meinem Vorbereitungsteam, welches leider ebenfalls schon hier war verkündete, dass ich endlich eingetroffen war.

„Sie hätte beinahe einen Suchtrupp losgeschickt.“, erzählte Jason, der aus der Küche kam und grinste mich an.

„Wer zum Henker hat euch alle in mein Haus gelassen?“, brummte ich verärgert, was meinen ehemaligen Mentor lachen ließ.

„Mit so einer Aussage habe ich schon gerechnet. Und es war deine Schwester, die allerdings nun zu deinen Eltern geflüchtet ist, weil sie Camilla nicht länger ertragen konnte. Sie kommen aber später alle noch um dich zu verabschieden, soll ich ausrichten.“

„Verräterin.“, knurrte ich, als wieder das nervige Klackern von Camillas Absätzen zu hören war.

„Johanna, komm jetzt endlich nach oben, wir haben einen Zeitplan einzuhalten. Deinetwegen hängen wir eh schon hinterher.“, rief sie von der Treppe nach unten, danach lief sie scheinbar wieder zurück in mein Schlafzimmer.

„Vielleicht bringe ich sie doch noch um.“, murmelte ich leise, ehe ich Jason noch ein letztes Mal böse anfunkelte, da er so schadenfroh grinste. Danach ging ich nach oben und stellte mich einer unglaublichen Geduldsprobe. Überraschenderweise ging sie glimpflich und ohne Verletze aus. Doch die Tour der Sieger hatte soeben erst begonnen und ich konnte für nichts garantieren. Vor allem da ich dieses Mal meinen Reise ins Kapitol nicht als weinerliches Mädchen antreten musste. Ich konnte sein wie ich wirklich war und im Moment gab es dafür als Beschreibung vor allem diese zwei Begriffe. Genervt und gereizt. 

Johanna Mason - Geschichte einer Siegerin: Vom Tributen zum MentorWhere stories live. Discover now