Johanna Mason - Vom Tributen zum Mentor | Kapitel 7

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Je näher ich dem Feuer kam, desto schlimmer wurde die Befürchtung, dass es wirklich das Haus meiner Eltern war. Egal in welche Straße ich einbog, der Weg führte mich genau in diese Richtung.

„Johanna, warte doch!“, rief Treen hinter mir, doch ich blieb nicht stehen. Ich musste dort hin, musste mich versichern dass sie in Sicherheit waren.

„Johanna!“, schrie nun auch Jason, doch er erreichte mit seinen Worten genauso wenig wie mein bester Freund.

Ich rannte weiter, nun direkt in die Straße in der das Haus stand. Übelkeit stieg in mir hoch, als die Flammen wirklich aus der Hausnummer 19 empor stiegen.

„Nein.“, keuchte ich und blieb einen Moment stehen.

Löschfahrzeuge hatten sich bereits dort versammelt und versuchten die Flammen in den Griff zu bekommen, doch das ganze Haus brannte. Wenn jemand dort drinnen war, dann konnte er nicht mehr am Leben sein.

Als mich diese Erkenntnis traf, rannte ich erneut los. Ich musste sehen, ob sie in Sicherheit waren und wenn nicht musste ich versuchen, sie zu retten. Doch so weit kam ich nicht, da mich nun Treen erreicht hatte und festhielt.

„Lass mich los!“, kreischte ich und schlug um mich. Ich traf ihn mehrmals, doch trotzdem ließ er nicht los und alleine befreien konnte ich mich nicht. In der Hinsicht war er wirklich ein Bär. Trotzdem gab ich nicht auf, ich schrie und schlug um mich, bis ich ihn endlich so traf, dass er den Griff kurz lockerte. Ein Schlag gegen seine Brust, einer gegen sein Scheinbein und ich war frei. Solange bis Jason mich packte.

„Was willst du tun, hm? Reinrennen? Verbrennen? Sie sind bestimmt nicht mehr dort drinnen. Also hör endlich auf dich wie eine Furie aufzuführen. Ein klarer Kopf Johanna. Man braucht einen klaren Kopf um nicht getötet zu werden. Regel in der Arena und auch im wahren Leben. Ohne klaren Kopf kann man nicht erfolgreich handeln.“

Ich hasste ihn in diesem Moment. Dass er mich festhielt und dass er Recht hatte. Aus diesem Grund beruhigte ich mich langsam und atmete ein paar Mal tief ein und aus.

„Hab jetzt einen klaren Kopf.“, knurrte ich.

„Sicher, und ich bin in Wirklichkeit aus dem Kapitol. Warte hier, ich frage ein paar Passanten. Wehe du kommst nach. Ich schwör dir, du liegt schneller auf dem Boden als dir lieb ist.“, drohte er mir und deutete dann auf sich. „Sieger. Alle eiskalt und unberechenbar.“

Jason ging los und ich sah ihm zu wie er die einzelnen Personen befragte. Er verzog dabei wieder einmal keine Miene, wodurch ich erneut keine Chance hatte, irgendetwas aus seinem Gesicht zu lesen.

„Du hast ziemlich viel Kraft für eine so kleine Person.“, meinte Treen, eindeutig um mich abzulenken.

„Erstens, ja habe ich. Zweitens, ich bin nicht klein. Drittens, du solltest mehr trainieren.“, brummte ich als Antwort zurück, ehe ich mich in Bewegung setzte. Das dauerte mir zu lange.

„Jo, er hat doch gesagt, du sollst hier warten.“, erinnerte mich Treen, kam aber mit mir.

„Mir egal was Jason sagt. Die Tour der Sieger ist vorbei und damit auch seine Zeit als mein Mentor. Ich kann für mich selbst entscheiden.“, antwortete ich, als genau mein ehemaliger Mentor wieder zu uns kam.

Ich wollte geschickt an ihm vorbei gehen, unter seinen Arm, der sich nach mir ausstreckte, hindurch tauchen, doch er schaffte es trotzdem, mich zu packen.

„Lass mich los.“, schimpfte ich sofort und es klang auch ein wenig verzweifelt. Doch wer würde hier nicht verzweifeln? Das Haus meiner Eltern brannte. Das Haus, in dem sie und auch meine restliche Familie nach der Feier gegangen waren.

„Wir gehen ein Stück.“, ließ er nicht locker und mir blieb nichts anderes übrig als neben ihn her zu traben.

Wir entfernten uns vom Haus, gingen in dunkle Straßen, und mit jedem Meter versuchte ich mich mehr frei zu kämpfen. Ich schwor, wenn er mich losließ würde ich ihm die Nase brechen. Egal was er für mich getan hatte und egal was ich gedacht hatte wie sehr ich ihn brauchte. Ich hatte mich geirrt.

„Es war eine Explosion zu hören. Keine laute, eher eine ziemlich leise. Die Nachbarin konnte es hören, weil sie mit dem Hund draußen war. Danach stand jedoch sofort das ganze Haus in Flammen.“, begann er irgendwann zu erzählen.

„Wieso eine Explosion? Sie haben gar keine Gasleitung.“, erwiderte ich sofort.

„Und wieso steht sofort das ganze Haus in Flammen?“, fragte Treen nach.

„Das ist es, was sich dort niemand erklären kann. Fakt ist aber, dass die Feuerwehr nie im Leben rechtzeitig hat dort sein können.“, flüsterte Jason.

„Ein Anschlag?“, überlegte Treen laut, was mich sofort auflachen ließ.

„Ich bitte dich. Warum sollte jemand ein Anschlag auf meine Eltern verüben?“, fragte ich ihn, doch kaum hatte ich den Satz zu Ende gesprochen, erstarrte ich und mein Blut schein zu gefrieren.

„Snow.“

„Das wissen wir nicht. Vielleicht klärt sich die Sache noch anders auf.“, sagte Jason sofort.

„Was ist mit meiner Familie? Jason, was ist mit ihnen?“, zischte ich nun und packte ihn am Kragen. Vielleicht sah es merkwürdig aus, da ich den riesen Kerl mit einer schnellen Bewegung auf meine Höhe zog, doch das war mir egal. Ich würde ihn gleich verprügeln wenn er mir nicht sofort alles sagte, was er wusste. Vielleicht konnte ich seine Miene nicht deuten, doch ein erschreckendes Gefühl sagte mir, dass er es genau wusste. Und eigentlich tat ich es dadurch bereits auch.

„Sie sind alle dort hinein gegangen, und keiner kam wieder heraus.“

Ich ließ meine Hand sinken und machte ein paar Schritte nach hinten.

Wut, da war so viel Wut in meinen Körper und eigentlich wollte ich nur noch explodieren. Doch da war noch etwas anderes in mir, was viel größer und stärker war, zumindest in diesem Moment. Es war die Trauer und der Schmerz.

Meine Familie war tot. Alle. Meine Eltern, meine Geschwister, meine Nichte und jeder sonst, den ich liebte. Mir blieb niemand mehr, außer Treen. Und genau der war es, der mich, nachdem ich unbemerkt auf die Knie gesunken war, in die Arme zog.

„Es tut mir so Leid Johanna. Ich bin bei dir. Kein Trost, aber ich bin hier.“, flüsterte er leise und ich krallte mich einfach an ihn.

Ich war niemand, der Schwäche zeigte, doch für diesen kurzen Augenblick ließ ich es zu. Nicht lange, dann stand ich wieder aufrecht da und ballte meine Hände zu Fäusten.

„Wenn er das zu verantworten hat, dann wird er dafür büßen.“, knurrte ich.

„Er ist der Präsident von Panem. Allein kannst du nichts ausrichten.“, sagte Jason traurig.

„Das ist mir egal. Irgendwann wird der Moment kommen und er wird dafür büßen. Und dann will ich, dass er ebenfalls brennt.“

Johanna Mason - Geschichte einer Siegerin: Vom Tributen zum MentorWaar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu