Kapitel 9

7.8K 666 243
                                    

Etwas irritiert sah Micha den Lehrer an. Er schien es nicht gewohnt zu sein, dass der Sportlehrer mitspielte, aber Herr Knut ließ sich nie eine Gelegenheit entgehen, bei einem Spiel mitzumachen.

„Für was bin ich denn sonst Sportlehrer geworden?", fragte er oft. „Definitiv nicht, um anderen dabei zuzusehen, wie sie Spaß haben."

Als unser Sportlehrer Micha ermutigend zunickte, ließ er den Blick über die versammelten Schüler streifen. Für einen Moment blieb sein Blick an mir hängen und ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen. Ich spürte, wie ich rot wurde.

Aber da war Michas Blick zum Glück schon ein Stück weiter geglitten und verharrte auf einem großen, athletischen Jungen, der ein paar Personen neben mir stand.

„Wie heißt du?", fragte er.

„Daniel", antwortete der Junge und lief neben Micha.

„Ich hoffe, du bist ein guter Werfer?", fragte Micha leise, während Herr Knut die Schüler eingehend musterte.

„Denke schon", sagte Daniel grinsend und Micha grinste zurück.

„Lena", rief Herr Knut schließlich, und mit großen Augen trat ich vor.

Micha und Daniel grinsten sich verschwörerisch an, und ich kam nicht um den Gedanken herum, dass sie Herrn Knut für seine Auswahl belächelten.

Ha! Den würde ich es zeigen!

Vielleicht war ich keine begnadete Werferin, aber dafür verflucht geschickt im Ausweichen. Trotzdem erstaunte es mich, schmeichelte mir aber auch, dass Herr Knut mich als Erste ausgewählt hatte.

Tuschelnd berieten Micha und Daniel sich, dann riefen sie einen weiteren Jungen zu sich.

Herr Knut hingegen wählte Mia aus, die mir an Geschicklichkeit ebenbürtig war und definitiv eine bessere Werferin, was bei mir jedoch auch nicht schwer war.

„Was wird das? Die Gnadenauffangstation?", fragte Micha unseren Sportlehrer mit einem frechen Grinsen.

Die Jungs krümmten sich vor Lachen und ich wurde den Eindruck nicht los, dass sie sich blendend mit Micha verstanden.

„Du bist doch bloß eifersüchtig", kommentierte Herr Knut gelassen. Die beiden waren also schon beim „Du". Aber um ehrlich zu sein, wunderte mich das nicht: Herr Knut war der coolste Lehrer der ganzen Schule, und Micha kam ja sowieso mit jedem blendend klar.

Zwar wählte Herr Knut auch noch ein paar Jungs aus, aber wir waren definitiv die mädchenlastigere Gruppe. Selbst ich musste zugeben, dass mir angesichts der Gegnergruppe die Knie schlotterten. Und das lag diesmal nicht nur an Micha.

Als wir eine Bank in die Mitte des Spielfeldes stellten und Herr Knut einen Ball holte, schlenderte Micha eleganten Schrittes zu mir herüber.

„Wenn deine Werfkünste immer noch so hervorragend sind, wie ich sie in Erinnerung habe, solltest du besser die Finger vom Ball lassen", neckte er mich.

„Hey! Du bist mein Sportlehrer und solltest mich eigentlich ermutigen!" Anklagend stieß ich ihm den Finger gegen die Brust und sah, wie er sich beherrschen musste, nicht einen Handgelenkhebel anzusetzen.

Einen Augenblick lang sah Micha mich an, und schien sich neu ordnen zu müssen. Dann legte er mir eine Hand auf die Schulter und beugte sich mit einem süffisanten Lächeln zu mir herab.

„Du schaffst das schon Lena", sagte er in einem Tonfall, der mehr einer Drohung gleichkam. „Ich habe vollstes Vertrauen in dich."

Als Micha auf seine Position hinter der Feldlinie schlenderte, brauchte ich einen Moment, um wieder einen klaren Gedanken fassen zu können. Dann blickte ich mich um und bemerkte, wie auch der Rest der gegnerischen Mannschaft ihr bestes gab, um uns zu entmutigen.

KämpferherzenWhere stories live. Discover now