Kapitel 16

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„Lena! Kämpfe!", brüllte mein Trainer, der wohl immer noch unserem Kampf beiwohnte. „Wo hast du das Monster gelassen?!"

Die Stimme meines Trainers riss mich aus meiner Starre, und in der letzten Sekunde gelang es mir, mich zur Seite zu werfen und ein Bein zwischen Micha und mich zu bringen.

Für einen Moment schien Micha irritiert über die plötzliche Gegenwehr, und den Moment nutzte ich, um seinen Arm zur Seite zu reißen und mich auf seinen Rücken zu stürzten.

Aber ehe ich mich versah, war da kein Rücken mehr, sondern ein Micha, der neben mir lag, mich auf sich draufzog, sich mit mir rollte, und ...

Nein! Micha kniete noch nicht mal richtig über mir, als ich mich bereits wie ein Wirbelwind aus der ungünstigen Position befreite und mich erneut auf ihn stürzte.

Mit einem überraschten Aufschrei kippte Micha nach hinten, ich umschiffte mit einem waghalsigen Sprung seine Beine, und ehe er wusste, wie ihm geschah, saß ich auf seinem Oberkörper.

Meine Knie berührten kaum den Boden, so breit war Michas Brust, und ich stützte mich keuchend mit den Armen neben seinem Kopf ab.

„Na, da ist das Monster doch wieder", sagte mein Trainer stolz und lehnte sich gegen die Wand.

„Das Monster?", fragte Micha schmunzelnd und strich mir die wild abstehenden Haare aus der Stirn.

„Manchmal kommt bei Lena das Monster zum Vorschein. Dann leuchten ihre Augen immer so", erklärte der Trainer grinsend, der die ganze Vorstellung ziemlich zu genießen schien.

„Komm mal her, Monster", sagte Micha sanft und zog mich zu sich herab, sodass ich seine Lippen an meinem Ohr spürte. „Ich bin beeindruckt, aber, weißt du ... mein Monster mag es nicht, zu verlieren."

Überrascht sah ich in seine dunklen, funkelnden Augen, während mein Gehirn seine Worte entschlüsselte. Der Prozess dauerte ungewöhnlich lange, aber mein Gefühl sagte mir, dass mir nichts gutes schwante.

Eine schier ewig lange Sekunde hielt Micha meinen Blick noch gefangen, dann packte er plötzlich meine Arme, und ehe ich mich versah, flog ich im hohen Bogen von ihm runter.

Ich hatte noch nicht einmal Zeit zu realisieren, was mit mir geschah, da kniete Micha bereits über mir.

Seine Augen loderten wild, und das Feuer sprang auf meinen Körper über.

Wenn sich zwei Monster begegnen, ist das kein Schauspiel für sanfte Herzen.

Noch nie zuvor hatte ich einen so wilden Kampf gefochten. Mein Körper spürte jede noch so kleine Bewegung von Michas Körper, aber auch umgekehrt hatte ich das Gefühl, dass er wusste, was ich vorhatte, noch ehe ich mir selbst sicher war.

Ich war wie ein Wirbelwind, aber manche Monster wissen, wie man den Wind fängt.

Und so kam es, dass ich schließlich nach Luft ringend und unfähig, mich auch nur einen Millimeter zu bewegen, in Michas Griff hing.

Doch während ich äußerlich still dalag, tobte in mir ein Sturm und mein Herz flatterte, als wolle es mit dem Wind davonfliegen.

Etwas streifte meinen Hals, aber ob es eine zufällige Berührung oder ein flüchtiger Kuss gewesen war, konnte ich nicht sagen.

Der Rest der Kampfsporteinheit verlief unspektakulär, wenn man mal davon absah, dass meine Konzentration im Keller herumlümmelte.

Ich kämpfte noch mit vier anderen Partnern, aber nicht halb so erfolgreich wie mit Micha.

KämpferherzenWhere stories live. Discover now