Kapitel 25

8K 684 304
                                    

Mia hielt ihr Versprechen. Ständig drückte sie mir ihre Wasserflasche in die Hand, und als alle anderen am Abend in die nächste Kneipe liefen, saßen wir zu zweit in unserem Zimmer, spielten Kartenspiele, tranken, aßen Kekse und tranken noch ein bisschen mehr.

Noch nie in meinem Leben musste ich so oft aufs Klo, und als ich am nächsten Morgen gezwungen wurde, drei Gläser Orangensaft zu trinken, wurde mir das alles ein bisschen bunt.

„Wir machen heute eine lange Wanderung. Ich kann doch nicht alle zwei Meter in die Büsche springen", verteidigte ich mich, aber Mia packte nur unbeirrbar vier Liter Wasser ein und schulterte ihren Rucksack.

Wohin die Wanderung eigentlich gehen sollte, hatte ich vergessen, und allzu motiviert war ich auch nicht. Laufen war für mich kein Hobby, sondern eine Notwendigkeit, um an ein Ziel zu kommen, und dass ständig irgendwelche Mädchen an Micha klebten, machte es nicht gerade besser.

Wie konnte man nur so viel Selbstbewusstsein haben, einfach neben ihn zu kommen und ein Gespräch anzufangen?

Muffelig bildete ich mit Mia das Schlusslicht der drei Klassen. Schon bald trotteten wir einen Waldweg entlang, der eigentlich sehr schön gewesen wäre, wenn nicht all diese Menschen vor uns gewesen wären. Mia hatte es schon längst aufgegeben, mich aufzumuntern, und wahrscheinlich hätte ich den Rest des Tages finster vor mich hin sinniert, wenn Micha nicht seine Anhängsel abgeschüttelt hätte und zu uns nach hinten gekommen wäre.

„Hopp, hopp, ihr zwei. Nicht den Anschluss verlieren", motivierte er uns lächelnd.

„Wozu? Wäre doch ein Segen ...", muffelte ich.

„Nein, wäre es nicht. Ich fände es schade, wenn ihr nicht da wärt", entgegnete Micha.

„Ach?" Finster hob ich den Blick, bereute das jedoch sofort, als ich Michas Gesichtsausdruck sah.

„Was der Schulleiter gesagt hat ist richtig, aber das heißt nicht, dass ich dich nicht mehr mag", sagte Micha leise, wobei er Mia einen unsicheren Blick zuwarf. Die war jedoch bereits souverän nach hinten gefallen, und die anderen Schüler waren weit genug vorne, um uns nicht zu hören.

„Ist schon gut, Micha. Man sollte uns nicht mehr zusammen sehen", sagte ich. Mein Versuch, ihn wieder loszuwerden, scheiterte jedoch kläglich.

„Ich darf mit dir wie mit jeder anderen Schülerin auch reden", sagte Micha. Sein Blick sagte jedoch weitaus mehr. Dinge, die er nicht aussprechen durfte. Es tat richtig weh, ihn so zu sehen, aber gleichzeitig ließ es mein Herz höher schlagen.

„Danke, dass du mich gestern aus dem Wasser gefischt hast", sagte ich nach einem kurzen Schweigen.

„Immer wieder gerne." Micha lächelte schräg, und mein Herzschlag beschleunigte sich noch mehr. Schon drohten meine Gedanken in rosigen Wölkchen zu verschwinden, aber mir gelang es erstaunlich gut, die Wolken zu vertreiben. Jetzt bloß nicht den Boden der Tatsachen verlieren.

„Mia hat gesagt, dass Herr Knut auch losgeschwommen ist, du aber viel schneller bei ihr warst." Ich wagte ein schüchternes Lächeln. Von wegen Boden der Tatsachen. Ein Teil von mir wollte einfach nicht aufgeben. Wieder mit Micha zu reden fühlte sich so gut an.

„Naja, ich bin ja auch noch ein paar Jahre jünger", gab Micha sich bescheiden. „Außerdem hatte ich wohl etwas mehr Ehrgeiz, das Ziel zu erreichen."

„Von sowas hast du wohl dein Leben lang geträumt, was?", zog ich ihn auf. Obwohl meine Stimme selbstbewusst klang, konnte ich nichts gegen die Röte tun, die sich in mein Gesicht schlich. Mein Körper war einfach gegen mich.

„In der Tat. Du nicht?" Provozierend sah Micha mich an. Er schien genau zu wissen, wie er mich in Verlegenheit bringen konnte.

„Naja." Flüchtig warf ich einen Blick über die Schulter zu Mia, die bereits drei Meter hinter uns lief. „Nicht so wirklich. Entweder ich hätte richtig bei Bewusstsein sein müssen, oder richtig ohnmächtig, damit eine Wiederbelebung notwendig gewesen wäre." Diesmal gelang es mir, Micha bei diesen Worten anzusehen, und für einen Moment schien er tatsächlich ins Stolpern zu geraten. Er fing sich jedoch ziemlich schnell.

KämpferherzenWhere stories live. Discover now