Kapitel 13

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Meine Befürchtung, wir könnten in peinlichstem Schweigen nebeneinander im Auto sitzen, stellte sich als völlig unnötig heraus.

Als wir uns gemeinsam nach draußen begaben, schien alles wie früher, als wäre nichts vorgefallen. Nur die Art und Weise, wie Micha mich ansah, und wie ich ihn nicht ansah, verriet, dass etwas anders war.

„Gehst du eigentlich immer so oft in Kampfsport?", fragte Micha mich, wobei sein Blick für eine Sekunde zu mir herüberhuschte, bevor er das Auto aufschloss und sich elegant auf den Sitz schwang.

„Wenn es sich zeitlich einrichten lässt", log ich, betend, dass niemand in Kampfsport petzen würde, dass ich früher immer nur mittwochs erschienen war.

Kaum, dass ich mich neben ihn gesetzt und die Tür zugezogen hatte, ließ Micha den Motor an, und die Scheinwerfer bohrten sich durch die Dunkelheit, die uns umfing.

„Und du scheinst ja jeden Tag zu gehen", fügte ich nach einem kurzen Moment hinzu.

„Ich wollte einfach mal jedes Training ausprobieren um zu gucken, an welchen Wochentagen es sich für mich am meisten lohnt", erklärte Micha und gab Gas. „Aber jeden Tag die Woche werde ich auf Dauer nicht schaffen."

„Und, welches Training fandst du bisher am besten?", fragte ich, hoffend, betend, dass er „Mittwoch" sagen würde.

„Mittwochs gehe ich auf jeden Fall ins Training", ließ Micha zu meiner hellen Freude verlauten. „Das Training hat mir bisher mit Abstand am besten gefallen."

„Also machst du gerne Bodenkampf."

„Ja, schon. Und du?", fragte Micha und hielt an einer roten Ampel. Sofort schwenkte sein Blick zu mir und ein Prickeln jagte durch meinen Körper.

Es war echt leichter gewesen, sich mit ihm zu unterhalten, als er auf den Straßenverkehr achten musste.

„Ich auch", sagte ich leicht verlegen. „Es ist mehr ein Spiel, nicht immer so ernst. Das mag ich."

Jetzt war ich noch verlegener, aber Micha nickte nur zustimmend.

„Manche nehmen es verdammt ernst, aber dann macht es nur halb so viel Spaß." Einen Moment schwieg er, dann lächelte er beinahe wehmütig. „Ich habe mit meinem Bruder früher immer gerauft."

„Cool. Macht er auch Kampfsport?", fragte ich. Ein Geschwisterchen zum Raufen hätte ich auch gerne gehabt. Dann wäre ich jetzt vielleicht nicht so grottenschlecht im Kämpfen.

„Ja, macht er. Aber er wohnt leider sehr weit weg", erzählte Micha.

„Oh." Eigentlich wollte ich etwas sagen, wurde aber zu sehr dadurch irritiert, dass Micha auf einmal an den Straßenrand fuhr.

Einen Moment lang standen wir einfach da, und ich war bereits kurz davor, Micha nach dem Grund für sein mysteriöses Anhalten zu fragen, als es mir bereits selbst dämmerte. Wir waren bei mir zuhause angekommen.

Die Fahrt war so schnell gegangen, dass ich es erst gar nicht glauben konnte, und ein stechendes Gefühl machte sich in meiner Brust breit.

Noch nie in meinem Leben hatte ich es bedauert, dass es bereits Freitag war. Wieder einmal eine Woche Schule hinter sich gebracht zu haben und zwei freien Tagen entgegenzublicken, war immer Grund zur hellen Freude gewesen ... aber jetzt?

Jetzt zog es mir das Herz zusammen.

Was würde Mia nur sagen, wenn ich morgen den ganzen Tag bei ihr rumhängen, und sie volljammern würde, dass ich Micha ganze zwei Tage nicht sehen würde?

Sie würde mir wahrscheinlich vorwerfen, ich hätte ihn doch einfach um ein Date bitten sollen.

Aber als ob ich das könnte!

KämpferherzenWhere stories live. Discover now