Kapitel 12

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Automatisch griff ich die Hand, aber bevor ich einen Tritt vors Schienbein andeuten konnte, wurde ich auf einmal von hinten gepackt, einen Schritt weggezogen und dabei auch noch halb gewürgt.

„Pfoten weg von meinem Mädchen!", röhrte der Kerl vom Mittwochstraining über die ohrenbetäubende Musik hinweg, während ich verzweifelt versuchte, mich aus seinem Griff zu befreien.

„Dein Mädchen?! Wo denkst du hin?" Dadurch, dass ich im Flackernden Licht nur die Hälfte der Bewegungen erkennen konnte, wirkte alles wie in einer merkwürdigen Zeitlupe gefangen, nur dass alles trotzdem zu schnell für mich ging.

Schon hatte mich Kerl Nummer eins aus dem Griff des anderen gezogen und einen Arm um meinen Bauch geschlungen.

Ok, Befreiung aus Umklammerung von hinten. Kein Thema.

„Gib sie her, oder es gibt Stress, Bürschchen", grölte der Mittwochstyp und zog an einem meiner Beine, was die Befreiung durchaus komplizierter machte.

Eins stand fest: Die beiden Kerle amüsierten sich gerade prächtig, ganz zu schweigen von meinem Trainer, der an der Wand lehnte und sich scheckig lachte.

Aber mein Gehirn schwamm bereits den ganzen Abend in einer undefinierbaren Suppe vor sich hin, und mein Zustand wurde durch meine Hilflosigkeit auch nicht gerade besser.

Fluchend gab ich das sinnlose Strampeln auf, spannte meinen gesamten Körper an und deutete mit meinem freien Bein einen Kick Richtung Mittwochstyp-Gesicht an. Augenblicklich wurde mein zweites Bein losgelassen, sodass ich die Befreiung aus der Umklammerung blitzschnell und prüfungsreif absolvieren konnte, bevor mich der Mittwochstyp wieder zu fassen bekam.

Dann verschwand ich, und zwar schneller als der Blitz, in einem Meer aus blinkenden Lichtern und Körpern, die um mich herumschwappten wie aufgewühltes Wasser.

Bei jeder Berührung zuckte ich zusammen, aber für eine kurze Zeit blieb ich von Unruhestiftern verschont, nur einer griff mein Handgelenk, ließ sich aber schnell abwehren.

Die ganze Zeit über hielt ich nach Micha Ausschau, konnte ihn aber zwischen all den anderen nicht entdecken.

Micha fand mich zuerst.

Im ersten Moment bemerkte ich seine Berührung gar nicht – zu sanft war sie zwischen all dem Reizüberfluss, der meine Sinne völlig verwirrte.

Nur ein Streichen über meinen Hals, so leicht, so sanft, und dann zog er die Würge zu.

Ich erkannte sofort, dass es Micha war, sobald ich seinen starken Körper hinter mir spürte. Jeder Nerv meines Körpers hatte sich gemerkt, wie Micha sich anfühlte, und die Diagnose kam schnell und ohne den geringsten Zweifel.

Erst an zweiter Stelle wurde das beengende Gefühl an meinem Hals gemeldet, das auf baldigen Sauerstoffmangel hindeutete.

Zu spät, um meine Hand dazwischen zu schieben oder wenigstens das Kinn runterzuziehen, aber immerhin noch früh genug, um einen Tritt auf den Fuß und einen Ellenbogen in den Magen anzudeuten.

Augenblicklich ließ Micha ein bisschen locker und krümmte sich leicht nach vorne (zwar hatten meine Schläge nicht einmal ansatzweise wehgetan, aber es war nur fair, die Reaktionen angemessen vorzutäuschen). Das reichte, um seinen Arm von meinem Hals zu lösen und herumzuwirbeln, nur um zu sehen, wie er einen Schritt auf mich zumachte und mich mit einem Take-Down zu Boden brachte.

Erschrocken schrie ich auf und klammerte mich an ihn, als sich alles für einen Moment um mich drehte, dann lag ich mich dem Rücken auf dem Boden und Micha kniete über mir.

Ein prickelndes Feuer schoss von meinen Fußzehen bis hinauf in meine Wangen, aber zum Glück konnte man in dem fürchterlich flackernden Licht die Gesichtsfarben der Menschen nur erahnen.

KämpferherzenWhere stories live. Discover now