Kapitel 21

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„Es ist nicht seine Schuld", warf ich sofort ein, und begann in Windeseile, die Zettel aufzulesen. Als ob das jetzt noch irgendeine Bedeutung hätte.

„Es ist aber seine Verantwortung", sagte der Schulleiter trocken.

Micha sagte nichts.

Als ich ihm die Blätter hinhielt, nahm er sie seltsam teilnahmslos entgegen und stand auf.

„Mitkommen", sagte der Direktor, aber als auch ich Anstalten machte, zu folgen, hielt er mich fest.

„Du gehst zum Klassenraum zurück. Mit dir rede ich später."

„Aber es ist wirklich nicht Michas Schuld! Wir kennen uns von Ju-Jutsu!", verteidigte ich ihn. „Ich kenne ihn schon lange, bevor er Lehrer ist!"

„Lena, lass gut sein", sagte Micha leise.

Ich schnappte nach Luft. In mir kochte eine Angst, die danach schrie, rausgelassen zu werden. Aber hier im Schulgang rumzuschreien machte die Situation nicht besser, also schwieg ich.

„Geh zurück in den Unterricht, und komm in der Pause zu mir."

Der Schulleiter wandte sich ab. Micha folgte ihm.

Einen Moment lang blickte ich den beiden hinterher, dann drehte ich mich um und lief wie in Trance zum Klassenraum zurück. Das war alles meine Schuld. Hätte ich auf Micha gehört und wäre einfach zurück zum Klassenzimmer gegangen, stünde jetzt nicht sein Job auf dem Spiel.

Bei dem Gedanken daran, dass Micha noch nicht einmal fertig ausgebildeter Lehrer war, und dieser Vorfall seine ganze Zukunft ruinieren konnte, wurde mir speiübel.

Am liebsten wäre ich wieder umgedreht und auf der Toilette verschwunden, aber ich war auch so schon verdächtig lange weggewesen.

Also setzte ich mein bestes Pokerface auf und betrat den Klassenraum. Niemand achtete auf mich, nur Mia schenkte mir ein kleines Lächeln.

„Du warst aber lange auf dem Klo", wisperte sie, als ich mich wieder neben sie gesetzt hatte.

„Hatte es auch nicht eilig." Ich versuchte mich an einem frechen Lächeln, scheiterte jedoch kläglich. Am liebsten hätte ich Mia alles erklärt, aber ich bezweifelte, dass mir das gelingen würde, ohne in Tränen auszubrechen. Außerdem durfte ich nicht riskieren, dass jemand mich hörte. Die Situation war ja so schon schlimm genug.

Bis zur Pause verbrachte ich jede Minute damit, zu überlegen, wie ich Micha am überzeugendsten beschützen konnte. Welche Lügen vielleicht sinnvoll wären, und welche zu riskant.

Dementsprechend bekam ich natürlich nichts mehr von Bio mit, was der Lehrerin jedoch zum Glück nicht auffiel. Ein weiteres Desaster konnte ich im Moment wirklich nicht gebrauchen.

Nur Mia entging natürlich nicht, dass mit mir etwas nicht stimmte. Sie kannte mich jedoch schon lange genug, um nicht nachzufragen.

Erst, als wir den Klassenraum verließen, legte sie mir einen Arm um die Schulter.

„Gehen wir eine Runde um den Block?", fragte sie.

„Ich muss zum Schulleiter", wisperte ich.

„Was?!" Entgeistert starrte Mia mich an. „Hast du die Toiletten in die Luft gejagt?"

„Nein." Aus meiner Kehle kam eine Mischung aus Lachen und Schluchzen. „Es ist wegen Micha."

„Oh nein." Mia wurde totenbleich. „Ich warte vorm Verwaltungsgebäude auf dich. Viel Glück."

KämpferherzenDonde viven las historias. Descúbrelo ahora