Kapitel 17

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Um Punkt 7:00 Uhr klingelte mein Wecker. Obwohl ich sehr müde war und lieber weiter schlafen würde, stand ich auf, denn heute war ein besonderer Tag, der Tag an dem Skye zum ersten Mal in den Kindergarten ging. Ich zog mir meine Anziehsachen an und versuchte dabei so leise wie möglich zu sein, denn Ju befand sich noch im Reich der Träume. Still begab ich mich in den Flur um zu Skye zu gelangen, die ihren eigenen Raum bekommen hatte.

,,Skye, wake up!", sagte ich etwas lauter und rüttelte sie leicht, um sie zu wecken. Als sie wach war, legte ich ihr einige Sachen raus, die sie anziehen sollte. Ich verließ ihr Zimmer und ging in die Küche, wo ich ein Brot für Skye schmierte. Dieses brachte ich meiner Schwester, die mittlerweile angezogen war. Sie aß und ich begab mich zurück ins Jus Zimmer um dessen Bewohner zu wecken.

,,Ju, ich bringe Skye zum Kindergarten. Willst du mitkommen?",  fragte ich ihn, nachdem er seine Augen geöffnet hatte.

,,Ja, klar.", antwortete er. Mein Freund stand auf und zog sich ebenfalls an. Nachdem ich kurz im Bad war, um meine Haare fertig zu machen, wartete Julien schon mit Skye an der Hand vor der Tür. Beide hatten bereits Schuhe und Jacke an, was ich sofort nach machte.

Zu dritt gingen wir in Richtung Kindergarten. Skye ging mit einem kleinen Rucksack zwischen Julien und mir. Jeweils eine Hand hatte sie uns gegeben, was darauf hinaus lief, dass die kleine den ganzen Weg lang von uns "geschaukelt" wurde. Es machte mich über glücklich zu sehen wie sie mit Julien klar kam und anders rum. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie es wäre, wenn die beiden nicht miteinander klar kämen.

Nach einer halben Stunde laufen kamen wir an unserem Ziel an. Mit dem Longboard waren wir schneller dort. Wir betraten das Gebäude, wo wir von der Erzieherin empfangen wurden, bei der wir Skye angemeldet hatten.

,,Du bist also Skye. Komm ich zeige euch hier alles.", meinte sie. Sie führte uns durch den gesamten Kindergarten und zeigte uns Skyes neue Gruppe. Die Kinder dort spielten alle. Sofort gesellte sich meine Schwester zu ihnen und fühlte sich augenscheinlich recht wohl.

,,Wie sie sehen, scheint die Sprache überhaupt kein Problem zu sein. Ich denke Skye wird hier gut klar kommen. Außerdem hat sich eine Betreuerin bereit erklärt ihr eine halbe Stunde am Tag deutsch beizubringen, das sollte erstmal reichen.", erklärte sie.

,,Das freut mich. Danke. Auf wiedersehen.", verabschiedete ich mich und wir gingen.

,,Wie wärs, wenn wir zum Rheinufer fahren, da haben wir etwas Zeit für uns.", schlug Ju vor. Ich sagte dazu nicht nein, denn wenn ich so darüber nachdachte, hatten wir in der letzten, sehr harten Zeit kaum etwas unternommen. Ein Glück, dass unsere Beziehung nicht darunter litt. Zusammen gingen wir zu dem nicht sehr weit entfernten Rhein. An dem besagten Platz angekommen setzten wir uns auf die Kieselsteine, die den Boden zierten.

,,Ist alles okay bei dir? Ich meine die letzte Zeit war sehr hart für dich und die kleine.", hakte Julien nach. Irgendwie ja süß, dass er sich Sorgen machte.

,,Es ist hart, aber ich komme klar, vor allem, wenn ich sehe, wie glücklich und lebensfroh meine Schwester ist. Ein Glück, dass sie all dies noch nicht sehr gut versteht.", gab ich als Antwort.

,,Okay. Wenn du reden willst oder Hilfe brauchst..."

,,...dann komme ich zu dir. Ich weiß, dass ich immer mit dir reden kann.", meinte ich.

Dann Stille. Das einzige, was ich hörte war das ruhige plätschern des Wassers.

,,Weißt du, welche Frage immer wieder in meinem Kopf rumschwirrt? Immer wieder frage ich mich, warum du mir so geholfen hast, damals an der Brücke. Ich verstehe nicht, dass du einfach ein Fremdes Mädchen mit zu dir genommen hast und von Anfang an immer für mich da warst.", begann ich wieder ein Gespräch.

,,Als ich dich an der Brücke gesehen habe, da musste ich an mich denken. Ich habe selber meine Erfahrungen mit diesem 'dunklen ich'. Doch jemand reichte mir seine Hand und half mir zurück ins Leben. Ich weiß, wie es ist, wenn nichts mehr einen Sinn hat und ich weiß auch, wie gut mein Leben jetzt ist. Hätte mir keiner geholfen wäre ich jetzt wahrscheinlich nicht da, wo ich heute bin. Ich habe die Chance bekommen viele Menschen zu inspirieren und bin dankbar dafür. Du bist noch jung und wer weiß, was für Chancen du noch haben wirst. Außerdem habe ich mich später in dich verliebt, was mich mehr motivierte dir zu helfen.", erklärte er. Seine Stimme war ruhig, nachdenklich. Während er das sagte starrte er förmlich auf das Wasser.

,,Wow. Du glaubst nicht, wie dankbar ich dir dafür bin. Ich bin so froh, dass du in mein Leben getreten bist. Danke, einfach nur danke.", in meinen Augen bildeten sich Tränen. Nein, keine Trauer Tränen, es waren Freuden Tränen. Ich warf mich um Juliens Hals. Nach kurzer Zeit drückte er mich vorsichtig weg, schaute mir in die Augen und küsste mich. In diesem Moment kamen in mir alle Gefühle der letzten Monate hoch. Die Wut, die Trauer, der Hass. Aber ein Gefühl über wog: die Liebe zu meinem Freund. Ich dachte nichts könnte uns mehr voneinander trennen.

Nichts, außer die Zeit, die leider viel zu schnell verging. Wir mussten Skye wieder abholen.

,,Ju, ich zerstöre nur ungern diesen Moment, aber es sind schon ein paar Stunden vergangen, wir müssen Skye vom Kindergarten abholen.", meinte ich. Es kam mir so vor wie zwei Minuten, dabei waren es an die sechs Stunden, in denen wir uns hier befanden.

,,Oh shit.", flüsterte er, bevor er aufstand und wir uns auf den Weg zum Kindergarten machten.

Dort angekommen gingen wir zu Skyes Gruppe. Sie hatte erstaunlich schnell Anschluss gefunden, was uns, so schön es auch war, zum Verhängnis wurde, denn sie wollte nicht mehr nach Hause. Erst als nach ein paar Minuten die Eltern der anderen kamen und wir den Kindern versprachen, sie würden sich morgen wiedersehen,  bekamen wir Skye dazu mit uns zu gehen. In der Wohnung angekommen ging Skye in ihr Zimmer und ich in die Küche, denn ich hatte Hunger. Dort traf ich auf Joon, der gerade Reis kochte.

,,Willst du auch etwas, er ist gerade fertig.", bot er an und ich nahm es dankend an. Mit dem Reis suchte ich mir einen Platz zum Essen und aß. Ich dachte nach, über alles mögliche, darunter auch das Leben. Ich fragte mich, ob man, wenn man sehr viel schlechtes erlebte, etwas gutes zurück bekam, ich meine nach dem Drama in meiner Heimat hatte ich das Glück die drei hier, vor allem Julien kennenzulernen und später erfuhr ich, dass meine Schwester noch lebte. Julien hatte Recht, es bieten sich einem im Leben sehr viele Chancen, die man auch nutzen sollte, anstatt aufzugeben. Dank dem Gespräch am Ufer verstand ich auch endlich, warum mein Freund mir geholfen hatte.















Lost (Julien Bam FF)Where stories live. Discover now