Kapitel 1 ☑☑

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Kapitel 1: Eine Fee im Kinderzimmer

Es war bereits dunkel. Maria hatte wieder bei der Zeugniskonferenz mitwirken müssen, da man von ihr wusste, dass sie niemals die Noten weitererzählen würde. Wem denn auch? Ihrer imaginären Freundin? Nein, selbst solch eine Freundin hatte sie nicht. Wozu brauchte man so jemanden denn? Um Geheimnisse auszutauschen? Nein, die erzählte Maria lieber ihrem Tagebuch, so blieben sie wenigstens das, was sie waren - geheim. Und auf die Frage, ob sie nie reden wollte mit jemanden, der ihr vertraut war, so antwortete sie stets: »Ich habe meine Bücher. Sie erzählen schönere Geschichten, als meine Freundinnen es könnten. Mädchen haben heutzutage bereits in diesem Alter kaum als das perfekte Makeup, Jungs und ihre Bikinifigur im Sinn - abstruserweise.«

Maria blickte voll Sorge in den sich stetig weiter zuziehenden Himmel. Bald würde es einen Wolkenbruch geben, ihr Schirm lag zu Hause. Natürlich. Die Schülerin setzte ihren Rucksack ab und hielt ihn sich provisorisch über den blonden Haarschopf, da begann es, zu regnen. Maria beschleunigte ihre ohnehin schon raschen Schritte, sodass sie schier rannte, und bog nach fünf Minuten in die Foster Street ein. Dann war sie auch schon da, schloss auf und rief: »Aylin! Ich bin wieder da!«

Aylin war ihre Mutter, und warum sie sie bei ihrem Vornamen nannte, wusste sie selbst nicht so genau. Maria hatte es so gelernt. Eines Tages fragte sie ihre Mutter, warum alle Kinder im Kindergarten ihre Mütter »Mom« nannten. Aylin erklärte, dass das so normal sei, doch geändert hatte sich dennoch nichts.

Als keine Antwort kam, dachte Maria: Sie ist wohl noch bei der Arbeit, und ging nach oben in ihr Zimmer. Dort las sie ihr Buch zu Ende, bevor sie an das große Fenster trat und sich auf die mit Kissen gepolsterte Fensterbank setzte. Die Regenwolken hatten sich inzwischen verzogen, nun waren ein voller Mond und tausende Sterne zu sehen.

Immer, wenn das Mädchen in den Himmel blickte, fühlte es sich verloren. So verloren ...

Plötzlich hörte sie eine leise Stimme: »Hör endlich auf, ununterbrochen in den Himmel zu starren, sonst verliere ich noch meinen Mut, dir zu sagen, dass Königin Liarëen dich sprechen will!«

»Wie bitte?« Maria fuhr herum und erblickte eine kleine Fee. Sie war vielleicht einmal so groß wie ihr kleiner Finger und, von ihrem Kopf, abgesehen, der verhältnismäßig zu groß für diesen Körper war, auch genauso schlank, wenn nicht sogar noch dünner. Sie trug langes, goldenes Haar, das glatt bis zu ihren Knien reichte. Das Kleid, das sie trug, endete ebenfalls an den Knien. Die Flügel waren wie die eines farbenfrohen Schmetterlings.

Es musste wohl ein Traum sein, da war sich Maria sicher, sonst würde nämlich nie eine Fee mit ihr sprechen.

»Du denkst gerade, dass das ein Traum ist, nicht wahr?«

»Nein, ich tu nur so, als ob.«

»Oh, man ist ironisch. Nun gut, dann will ich dich erst einmal aufklären. Es ist kein Traum, und nein, du bist auch nicht schizophren oder ähnliches.«

Maria starrte die Fee an. Wow, kann die Gedanken lesen?

»Ja, das kann ich tatsächlich. Alle Feen sind fähig, Gedanken zu lesen. Um aber darauf zurückzukommen, warum ich hier bin: Königin Liarëen möchte dich sprechen.«

»Das sagtest du bereits. Und wer ist diese Königin ... Liarëen?«

»Die Königin von Reylia.«

»Und was wäre Reylia?«

»Ein Ort, den du dann sehen wirst.«

»Und wer bist du? Lass dir doch nicht jedes Wort aus der Nase ziehen!«

Die Fee blickte sie erstaunt aus ihren stahlblauen Augen an. »Mein Name ist Penelope. Ihr Menschen, ihr habt seltsame Redewendungen.«


Quest Of An Äreviel 1: Die Legende Der KierlineWhere stories live. Discover now