Kapitel 10 ☑☑

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Kapitel 10: Die geheimnisvolle No Name

Am Nachmittag stand Maria vor der Papeterie und blickte sich um.

»Hier bin ich«, hörte sie eine Stimme, die sich anhörte wie die von No Name, und Marias Kopf wandte sich dorthin um. Das Mädchen, das dort lässig lehnte, blickte der Schülerin lächelnd entgegen. Es hatte lange, schwarze Haare mit einer goldenen Strähne und ein hübsches Gesicht. Warme, schokoladenbraune Augen glühten in goldenem und silbrigem Licht unter geraden Augenbrauen, ihre ungeschminkten Lippen nahmen ihre natürliche Haltung ein und wirkten nunmehr betrübt und misstrauisch, während es die Stirn in Falten legte.

»Alles in Ordnung?«, fragte No Name. Maria nickte und betrachtete nun das Kleid ihres Gegenübers. Es war dunkelrot, knielang und hatte zwei Träger.

»Sag mal, wird dir in dem dunklen Kleid nicht warm?«

No Name blinzelte: »Was hast du denn für Gedankengänge?«

»Das weiß ich nicht. Und jetzt sag mir deinen Namen.«

»Mein Name ist Mejra.«

»Also, Mejra« Maria fixierte sie. »Wieso hast du mir die Haarsträhne verpasst?«

»Ach, nur, damit ich dich schneller finde. Ich kann sie gerne wieder entfernen, deine Augen glühen so sehr, dass man sie von weitem erkennt.«

»Bitte?«

Mejra ließ einen Spiegel vor Marias Gesicht erscheinen.

»Oh mein Gott!«, rief diese aus, »Ich meine ... ach, egal. Aber wieso leuchten meine Augen?«

»Sieh nur, meine sind genauso. Ich weiß es auch nicht, obwohl ich länger mit Magie vertraut bin, aber ich werde es herausfinden!«

»Mejra?«

»Ja?«

»Kannst du mir mehr über die magische Welt erzählen, beziehungsweise über die Welten? Mir erzählt ja nie jemand etwas.«

»Na gut. Es gibt meines Wissens nach vier Welten: Cielan, Cerran, Chekaral und Meana. Am genauesten weiß ich über Meana, besonders aber das Reich Reylia Bescheid, da ich dort aufgewachsen bin. Es gibt mehrere Fürstentümer, insgesamt sechs, und das, das in der Mitte des Kontinents liegt, wird von Königin Liarëen regiert. Die Fürstentümer sind Mera, das das Reich der Nixen, oder wie es korrekt heißt, Wassergestaltwandler ist. Dann gibt es Erian, das Reich der schwarzen und weißen Engel, Celar, das Reich der Luftgestaltwandler, auch Drachen genannt, Melna, wo die Phönixmenschen leben und Crelan, dort leben die Elfen. Ich stamme aus Erian, und wir schwarzen Engel werden ungerecht behandelt! Und das, seit Liarëens Vater an der Macht war. Sie selbst regiert erst seit einigen Monaten, sodass ihr bisher nicht gelungen ist, die Sitten zu ändern. In der Rangliste ganz oben stehen die weißen Engel, die Lichtengel, aber wir Schattenengel sind der Abschaum der Gesellschaft! Wie sollte es auch anders sein? Es ist immer so, die Minderheit wird diskriminiert, und ... ach, du willst das sicher nicht hören. Also, Reylia ist wunderschön, mit weichem Gras, sanften Hügelketten und schroffen Gebirgszügen. Das Meer glitzert smaragdgrün in der Sonne und steht jeden Morgen und Abend in Flammen. Es regnet nicht oft, gerade soviel, dass die Ernte und allgemein die Pflanzen genug Wasser bekommen, aber nicht so, dass die Menschen trübsinnig werden vor lauter Regen. Nein, wenn es regnet, macht es einen Riesenspaß, barfuß über die Wiesen zu toben, und es ist niemals zu heiß. Und im Winter, wenn es kalt ist, fahren die Kinder mit selbstgezimmerten Schlitten die Hügel hinunter oder man läuft in Stiefeln übers Eis. Und am Abend sitzt man am Kamin und erzählt sich Geschichten über die längst vergangenen Zeiten, und am Tag der Wintersonnenwende feiert man ein rauschendes Fest, um den Beginn der länger werdenden Tage zu feiern. Oh, es ist traumhaft, wenn die Landschaft in Schnee und Eis gehüllt glitzert ... es sieht aus wie im Märchen!

Aber versteh mich nicht falsch, es gibt auch ein Sonnenwendfest im Sommer. Das ist beinahe noch schöner als das im Winter. Wir sitzen gemeinsam an langen Holzbänken auf dem Platz, mit dem ganzen Dorf, und bitten unseren Gott Chaeston, dass er uns eine gute Ernte beschert. Wir wissen zwar, dass uns das nichts nützt, aber wir machen es dennoch aus Tradition. Es ist einfach perfekt!«, schloss Mejra schwärmerisch.

»Wow«, flüsterte Maria. Sie hatte ihr unkreatives Hirn dazu bewegen können, die Szenarien vor ihrem inneren Auge widerzuspiegeln. Und immer saß mittendrin Mejra, mit schwarzem Haar und glänzenden Augen. »Wie gerne würde ich nach Reylia!«

»Ich werde dich einmal mitnehmen, bestimmt.«

Quest Of An Äreviel 1: Die Legende Der KierlineTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang